Bruttoinlandsprodukt: OECD senkt Wachstumsprognose für Deutschland
Deutschland muss sich in diesem Jahr auf eine schwächere Konjunktur einstellen. Gründe dafür sehen die Forscher von der OECD vor allem in der Weltwirtschaft.
Flaute in Deutschland, Rezession in Italien, Abschwung in Großbritannien: 2019 wird nach Prognose der Industriestaaten-Organisation OECD insbesondere für die europäischen Länder wirtschaftlich kein erfreuliches Jahr. "Es sieht nicht besonders gut aus", sagte die Chefvolkswirtin der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Laurence Boone, am Mittwoch.
"Handelsspannungen und politische Unsicherheiten fordern ihren Tribut." Zu spüren bekommt das nicht zuletzt Deutschland: In der größten Volkswirtschaft des Kontinents könne das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr wohl nur um 0,7 Prozent zulegen – halb so stark wie 2018. Bislang war die OECD von 1,6 Prozent ausgegangen. Für 2020 wurde die Prognose von 1,4 auf 1,1 Prozent gestutzt.
Auch Brexit sorgt für Unsicherheit
Als Grund für die Schwäche gilt die abkühlende Weltkonjunktur, unter der der Export-Europameister Deutschland besonders leidet. "Die Weltwirtschaft sieht sich immer schärferem Gegenwind ausgesetzt", sagte Boone. "Eine stärkere Abschwächung in China würde die globale Konjunktur belasten und könnte das Wachstum in Europa weiter schwächen." Die Regierungen sollten zur Abwendung einer weiteren Talfahrt zusammenarbeiten.
Für Italien sagt die Organisation sogar ein Rezessionsjahr voraus. Das Bruttoinlandsprodukt dort werde 2019 um 0,2 Prozent schrumpfen, dem 2020 eine leichtes Wachstum von 0,5 Prozent folge. Für Frankreich werden in beiden Jahren 1,3 Prozent Zuwachs prophezeit. Der Brexit könnte die Bremsspuren noch vergrößern, warnt die Organisation: "Ein ungeordneter Ausstieg würde die Kosten für die europäischen Volkswirtschaften erheblich erhöhen." Deutlich zurückgenommen wurde auch die Prognose für Großbritannien, das in diesem Monat aus der EU austreten will. Für das laufende Jahr wurde die Prognose von 1,4 auf 0,8 Prozent gesenkt, für 2020 von 1,1 auf 0,9 Prozent.
Die Experten nennen aber auch einige Faktoren, die die weltweite wirtschaftliche Schwächephase dämpfen. Sie verweisen etwa auf die stabilen Arbeitsmärkte und das zunehmende Lohnwachstum. Darüber hinaus gebe es Anzeichen, dass die großen Notenbanken beim Anheben der Leitzinsen Pausen einlegten. Dies habe dazu beigetragen, dass sich die Finanzmarktbedingungen sowohl in den Industrieländern als auch in den aufstrebenden Volkswirtschaften erholt haben.
Wesentlich besser als in Europa dürfte es in der weltgrößten Volkswirtschaft USA laufen. Hier rechnet die OECD nahezu unverändert mit einem Wachstum von 2,6 Prozent, dem 2020 ein Plus von 2,2 Prozent folgen soll. "Solide Arbeitsmarktergebnisse und günstige finanzielle Bedingungen stützen weiterhin die Einkommen und Ausgaben der Haushalte", erklärte die OECD. "Aber höhere Zölle haben begonnen, die Unternehmenskosten und -preise zu erhöhen." Das Wachstum von Investitionen und Exporten habe sich bereits abgeschwächt. "Am Ende des Tages werden alle verlieren", warnte Chefvolkswirtin Boone vor einer Fortsetzung des von Präsident Donald Trump angezettelten Handelsstreits.
Für China sagen die Experten eine schrittweise Abkühlung voraus. 2020 soll das Wachstum noch sechs Prozent betragen – es wäre das kleinste Plus seit drei Jahrzehnten. "Die Handelsspannungen lasten zunehmend auf Exporten und Industrieproduktion", hieß es mit Blick auf den Handelskonflikt mit den USA. Die beiden weltgrößten Volkswirtschaften haben sich gegenseitig mit Strafzöllen überzogen. Die Regierung in Peking versucht, mit einem großangelegten Konjunkturprogramm die Wirtschaft in Schwung zu halten. (Reuters, dpa)