zum Hauptinhalt
Teile der N26-Belegschaft zeigen sich unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen bei der Smartphone-Bank.
© Doris Spiekermann-Klaas/Tsp

Berliner Smartphone-Bank: Mit einem Kniff trafen sich N26-Mitarbeiter, um Betriebsratswahlen vorzubereiten

Die Beschäftigten umgingen eine einstweilige Verfügung. Die N26-Chefs wollten intervenieren – aus Sorge vor dem Coronavirus, wie es heißt.

Von Laurin Meyer

Es ist ein Erfolg über Umwege, den Mitarbeiter der Berliner Smartphone-Bank N26 erzielt haben. Rund 50 Beschäftigte trafen sich am Donnerstag in einem Berliner Brauhaus in der Karl-Liebknecht-Straße, um einen Wahlvorstand für Betriebsratswahlen zu bestimmen. Damit ist der Weg nun frei für die Gründung eines Betriebsrates.

Es war das große Ziel von Teilen der Belegschaft. Denn schon länger soll es zwischen ihnen und dem Management knirschen, Mitarbeiter zeigen sich unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen beim Berliner Jungunternehmen. Das Fintech-Portal "FinanceForward" hatte zuerst darüber berichtet.

Nachdem sich am Donnerstag zunächst die Mitarbeiter der „N26 Operations GmbH“ trafen, soll es am Freitag eine weitere Versammlung für die Beschäftigten der „N26 GmbH“ geben. Dabei sah es kurzzeitig so aus, als müssten beide Sitzungen ausfallen. Denn das Berliner Arbeitsgericht hatte die Veranstaltungen gestoppt, N26 erwirkte am Mittwoch eine einstweilige Verfügung, wie das Unternehmen auf Nachfrage bestätigte. Der Grund: Zweifel am Hygienekonzept.

Nun gelang es den Initiatoren jedoch, die Gerichtsentscheidung zu umgehen. Weil sich die einstweilige Verfügung nur gegen die Initiatoren als Veranstalter richtete, hat sich kurzerhand die Gewerkschaft Verdi bereiterklärt, die Sitzungen zu leiten – und zwar zur selben Zeit am selben Ort. Die Verantwortlichen sicherten zu, dass dieser Kniff rechtens sei. Die Teilnahme und der Weg zum Veranstaltungsort und zurück zum Büro zähle als Arbeitszeit, N26 dürfe keinen Mitarbeiter an der Teilnahme hindern, hieß es.

Genau das hätte die Smartphone-Bank aber am liebsten getan. Weil nämlich die Treffen in der Arbeitszeit stattfinden, trage N26 als Arbeitgeber auch das Risiko bei möglichen Infektionen mit dem Coronavirus, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage. Die Bank habe deshalb das ausrichtende Brauhaus per E-Mail um eine Bestätigung gebeten, dass die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes eingehalten werden können.

Eine Bestätigung blieb aus

Das sei jedoch nicht bestätigt worden, erklärte ein N26-Sprecher, weshalb das Unternehmen die einstweilige Verfügung vor dem Arbeitsgericht erwirkt hatte. N26 betont aber ausdrücklich: Es gehe nicht um das ob, sondern um das wo und wie. Das Unternehmen respektiere den Wunsch der Mitarbeiter nach einer anderen Organisation der Beteiligung, daran habe sich nichts geändert.

[Behalten Sie den Überblick: Jeden Morgen ab 6 Uhr berichten Chefredakteur Lorenz Maroldt und sein Team im Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint über die aktuellsten Entwicklungen rund um das Coronavirus. Jetzt kostenlos anmelden: checkpoint.tagesspiegel.de.]

Verdi will das jedoch nicht glauben. N26 sei es nur darum gegangen, die Gründung eines Betriebsrates zu verzögern, behauptete ein Sprecher auf Nachfrage. Die Gewerkschaft versprach, die Hygieneregeln einzuhalten. Es sei genügend Abstand zwischen den Teilnehmern gewährleistet, außerdem gebe es ein Wegeleitsystem und Waschmöglichkeiten. Schon das ursprüngliche Hygienekonzept sei mit Experten ausgearbeitet worden, bis zu 500 Mitarbeiter hätten Platz bei ausreichend Abstand gehabt, schreiben die Initiatoren auf ihrer Internetseite.

Mitarbeiter unzufrieden mit Arbeitsbedingungen

In der vergangenen Woche hatten sich sechs Mitarbeiter der Smartphone-Bank offiziell zusammengeschlossen, um die Gründung eines Betriebsrates voranzubringen, wie „FinanceForward“ berichtete. Die Anschuldigungen der Mitarbeiter wiegen schwer. „Das Vertrauen und die Zuversicht in das Management von N26 ist auf einem historischen Tiefstand“, schrieben sie in einem offenen Brief.

Seit Jahren habe man versucht, mit der Unternehmensführung über Probleme zu sprechen – mit wenig Erfolg. Auf Vorschläge seien nur leere Gesten gefolgt, oder sie seien völlig missachtet worden. Auch seien Gehälter sehr ungleich verteilt und nicht transparent. „Die Bildung eines Betriebsrats gibt den Beschäftigten eine echte rechtsverbindliche Macht, sich Gehör zu verschaffen“, heißt es.

N26 machte Vorschlag für alternatives Modell

Gleichzeitig hat die N26-Führung am Donnerstag ein digitales Treffen angesetzt, bei dem sie den Mitarbeitern ein alternatives Modell zur Mitbestimmung vorgeschlagen haben soll. Demzufolge wollen die Gründer der Smartphone-Bank eine „globale Mitarbeitervertretung“ über das gesamte Unternehmen hinweg schaffen, erklärte ein Sprecher.

Das Einsetzen eines Betriebsrates würde schließlich nur die „N26 Operations GmbH“ und die „N26 GmbH“ betreffen, nicht jedoch die „N26 Bank“ und den US-amerikanischen Ableger, wie es heißt. Und diese Trennung wolle man vermeiden. Wie die Mitarbeitervertretung konkret aufgestellt sein kann, werde in den kommenden Wochen diskutiert.

Verdi sieht ein solches Konzept jedoch kritisch. Die Mitarbeitervertretung ähnele einer Klassenvertretung in der Schule, kommentiert ein Gewerkschaftssprecher auf Nachfrage. Mitarbeiter würden zwar angehört, Verpflichtungen fürs Unternehmen ergäben sich daraus aber keine. Der neue Wahlvorstand kündigte an, nun direkt mit der Organisation der Betriebsratswahl zu beginnen. Läuft es nach Plan, könnte die schon in einigen Wochen abgehalten werden.

Zur Startseite