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Minister Maas kritisierte die Ermittlungen, sein Haus half dennoch.
© Paul Zinken/dpa

Netzpolitik-Affäre: Justizministerium unterstützte Landesverrats-Ermittlungen gegen Blogger

Heiko Maas ließ das Verfahren gegen "netzpolitik.org" stoppen - zuvor aber half sein Haus dem Generalbundesanwalt bei der Gutachter-Suche

Das Bundesjustizministerium von Minister Heiko Maas (SPD) war an den umstrittenen Ermittlungen wegen Landesverrat gegen den Blog „netzpolitik.org“ stärker beteiligt als bisher bekannt. So hatte sich das Ministerium mit dem später entlassenen Generalbundesanwalt Harald Range offenbar eng abgesprochen, einen externen Gutachter mit Klärung der Frage zu beauftragen, ob „netzpolitik.org“ mit seinen Berichten über den Verfassungsschutz ein Staatsgeheimnis veröffentlicht hat. In einem Fall stellte das Ministerium sogar selbst eine Anfrage, wie eine Sprecherin dem Tagesspiegel bestätigte. Das später bei einem Rechtswissenschaftler bestellte Gutachten ließ Maas dann aber stoppen und kurzfristig durch ein eigenes ersetzen.

Die aktive Rolle des Justizministeriums im Ermittlungsverfahren gegen die Blogger steht im Widerspruch zu seinen öffentlichen Aussagen, dem Generalbundesanwalt frühzeitig Zweifel an den Untersuchungen dargelegt zu haben. Maas hatte Range in den Ruhestand versetzt, nachdem dieser dem Minister einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz vorgeworfen hatte. Die Ermittlungen gegen die Blogger wurden eingestellt.

Bis zu dieser Eskalation herrschte über das Vorgehen in dem Verfahren wohl Einigkeit. Nach amtlicher Darstellung hatte Range gleich bei Einleitung der Ermittlungen angeregt, „im Hinblick auf die hohe Bedeutung der Pressefreiheit“ einen Experten von außerhalb einzuschalten. Im Ministerium gab es keine Einwände. Bis Mitte Juni wandten sich Range und die Beamten im Haus von Maas an gemeinsam ins Auge gefasste Experten. Nach mehreren Absagen bekam Jan-Hendrik Dietrich, Professor am Fachbereich Nachrichtendienste der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Haar, Anfang Juli den Auftrag. Ihn hatte Range bereits Ende Mai vorgeschlagen. Auch mit Dietrich war das Ministerium einverstanden.

Eilig hatte es das Justizministerium zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Dem Haus war schon seit dem 21. April bekannt, dass Range einen möglichen Landesverrat prüft. Erst Ende Juli, nach Bekanntwerden des Falls und öffentlichen Protesten, drehte sich der Wind. Dietrichs Gutachten, frühestens in der zweiten Augusthälfte erwartet, dauere zu lange, hieß es offiziell. Das in wenigen Tagen erarbeitete Ministeriumsgutachten kam zu dem Schluss, den Bloggern sei nichts vorzuwerfen.

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