Bieterkampf um Air Berlin: Logistiker Zeitfracht will Air Berlin ganz übernehmen
Noch ein Bieter für die insolvente Air Berlin: Nach dem Berliner Hostelbetreiber Alexander Skora ist jetzt auch die Logistikfirma Zeitfracht interessiert.
Der Liste der Kaufinteressenten für Air Berlin wird immer länger. Nachdem am Montag der Berliner Hostelbetreiber Alexander Skora seinen Hut in den Ring geworfen hat, hat sich am Dienstag ein weiterer Bewerber zu Wort gemeldet. Das Berliner Logistikunternehmen Zeitfracht kündigte an, für die insolvente Fluggesellschaft bieten zu wollen. Air Berlin solle möglichst als Ganzes erhalten bleiben, erklärte Geschäftsführer Wolfram Simon. "Insbesondere im Cargo-Bereich sehen wir große Wachstumschancen und Erlöspotenziale." Zeitfracht hat nach eigenen Angaben 800 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Euro.
Air Berlin beschäftigt mehr als 8000 Mitarbeiter und schrieb im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von 3,8 Milliarden Euro einen Rekordverlust von 782 Millionen Euro. Zuletzt hatte der Betreiber des "Happy-Go-Lucky-Hostels Alexander Skora erklärt, mit dem Rückhalt eines internationalen Firmenkonsortiums einen Kauf in Betracht zu ziehen. Auch der ehemalige Energie-Topmanager Utz Claassen hat ein Auge auf Air Berlin geworfen. Dagegen ist der Luftfahrtunternehmer Hans Rudolf Wöhrl nach Informationen der Nachrichtenagentur ausgestiegen, weil die Lufthansa mit ihm keine Partnerschaft zum Kauf eingehen wollte.
Am 15. September endet die Bieterfrist
Am 15. September endet die Bieterfrist für Air Berlin, am 21. September will der Gläubigerausschuss entscheiden, wer den Zuschlag bekommt. Zu den Interessenten für Air Berlin gehören allen voran die Lufthansa, aber auch Easyjet und Condor. Ex-Formel-Eins-Star Niki Lauda prüft nach eigenen Angaben noch, ob er ein Gebot für die einst von ihm gegründete Fluggesellschaft Niki, die jetzt Teil des Air-Berlin-Konzerns ist, abgeben will.
Im Ringen darum, welcher Bewerber welche Teile der Airline bekommt und an wen vor allem die begehrten Start- und Landerechte in Berlin und Düsseldorf gehen, sollten die 8000 Arbeitnehmer, die für den Konzern arbeiten, nicht vergessen werden, mahnte Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle am Montag. Bei der Insolvenz von Air Berlin gehe es nicht nur „um den Verkauf von Blech“, sondern um die Menschen, betonte die Gewerkschafterin.
Das sehen auch die Regierungschefs von Nordrhein-Westfalen und Berlin, Armin Laschet (CDU) und Michael Müller (SPD), so. Bei einem Treffen mit Air-Berlin-Betriebsräten am Montag forderten die Länderchefs der beiden wichtigsten Air-Berlin-Standorte Berlin und Düsseldorf die Interessenten auf, möglichst viele Jobs zu erhalten. Man habe zwar nur begrenzten Einfluss, räumte Müller ein. Allerdings sehe man sich „immer mehrmals“ betonte der Regierende Bürgermeister mit Blick auf das Verhältnis von Politik und Unternehmen. In Berlin arbeiten mehr als 2500 Beschäftigte für Air Berlin. Müller unterstützt im Bieterkampf die Lufthansa, genauso wie weite Teile der Bundesregierung.
Germania zieht Klage zurück
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) zeigte sich am Montag erleichtert über das grüne Licht aus Brüssel für den Staatskredit, mit dem die Regierung den Flugbetrieb von Air Berlin aufrecht erhalten will. Nach Tagesspiegel-Informationen sind die 150 Millionen Euro aber noch immer nicht ausgezahlt.
Air-Berlin-Konkurrentin Germania reagierte am Dienstag auf die Entscheidung aus Brüssel und zog seine Klage gegen die Staatshilfe zurück. Den Wettbewerbsbehörden obliege es nun, die Einhaltung von Auflagen sicherzustellen und einen freien Wettbewerb zu gewährleisten, heißt es in einer Erklärung der Fluggesellschaft. Entsprechendes gelte für einen transparenten und diskriminierungsfreien Ablauf des Bieterverfahrens, "damit die Schaffung von Monopolen vermieden wird und maximale Chancengleichheit im Markt erhalten bleibt", mahnt Germania.
Zahlreiche Flugausfälle am Wochenende
Nicht nur die Beschäftigten, auch die Kunden der Airline brauchen starke Nerven. In den vergangenen Tagen sind erneut zahlreiche Flüge von Air Berlin storniert worden – teilweise sehr kurzfristig. Betroffen waren unter anderem Verbindungen von Tegel nach Köln/Bonn und Stuttgart, aber auch nach San Francisco. Vor den Informationsschaltern bildeten sich lange Warteschlangen. Der Höhepunkt war der Sonntag mit 40 Stornierungen, am Montag lief der Betrieb besser.
Kunden, die ihren Flug nach dem 15. August – dem Tag der Insolvenzanmeldung – gebucht haben und von einem Ausfall betroffen sind, können damit rechnen, ihr Geld zurückzubekommen. Im Internet stellt Air Berlin ein entsprechendes Formular zur Verfügung, mit dem man seine Forderungen anmelden kann. Das Geld soll umgehend ausgezahlt werden. Schlechter dran sind dagegen Kunden, die ihre Tickets vor diesem Stichtag gekauft haben. Ihre Entschädigungsansprüche fallen in die Insolvenzmasse.
Air Berlin streicht alle Langstrecken ab Berlin-Tegel
Am Montag gab es weitere schlechte Nachrichten. Die Airline streicht in Tegel sämtliche Langstreckenverbindungen. Über das bereits bekannt gegebene Ende von fünf Strecken hinaus werden zum 25. September auch die verbliebenen Flüge zwischen Berlin und New York beziehungsweise Miami wegfallen. Zum 17. September und zum 1. Oktober fallen die beiden täglichen Verbindungen von Berlin nach Abu Dhabi weg. Zum 30. September wird die Verbindung Berlin-Chicago aus dem Flugplan genommen, die Flüge nach Los Angeles und San Francisco zum 1. Oktober. Am Air-Berlin-Drehkreuz in Düsseldorf fallen die Verbindungen nach Orlando am 25. September weg, Boston entfällt am 1. Oktober.
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