Handel mit Fair-Trade-Waren: Jeder Deutsche gibt im Jahr nur 20,50 Euro für faire Produkte aus
Noch immer ist der Fair-Trade-Anteil am Handel sehr gering. Der Preiskampf im Lebensmitteleinzelhandel sorgt dafür, dass nachhaltige Produkte es schwer haben.
Der Umsatz mit fair gehandelten Produkten steigt an – bleibt jedoch auf verschwindend geringem Niveau. Im Geschäftsjahr 2018 lag der Umsatz mit Fair-Trade-Artikeln bei 1,7 Milliarden Euro, das ist ein Plus von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie das Forum Fairer Handel (FFH) am Mittwoch mitteilte.
Nur gut 200 Millionen davon werden im auf Nachhaltigkeit spezialisiertem Fachhandel umgesetzt, der Großteil geht auf das Fairtrade-Siegel zurück, das auch auf Artikeln etwa bei Discountern oder Tankstellen prangt. „Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass weiterhin geschätzte 99 Prozent des Handels nicht fair sind“, kommentierte Manuel Blendin, Geschäftsführer des FFH.
Deutlich wird der geringe Anteil am Gesamthandel beim Blick auf die Pro-Kopf-Ausgaben. So hat 2018 jeder deutsche Verbraucher im Schnitt gerade einmal 20,50 Euro für faire Produkte ausgegeben. Mit 81 Prozent machen Lebensmittel den größten Anteil dieser Artikel aus. Allein zwei Drittel des Fair-Trade-Umsatzes wurde mit Kaffee erwirtschaftet. Knapp neun Prozent gehen auf Textilien zurück.
Ben & Jerry's treibt den Umsatz
In einzelnen Warengruppen ist indes ein einziger Hersteller für den Großteil des Absatzes verantwortlich, wenn dieser sich zu Fair-Trade-Bedingungen verpflichtet hat. So etwa im Fall von Eiscreme (Ben & Jerry’s) oder Mischgetränken (Lemonaid). Kritik übte Blendin am Preiskampf im Lebensmitteleinzelhandel. So habe Lidl im September 2018 angekündigt, nur noch Fairtrade-Bananen zu verkaufen. Daraufhin hätten andere Discounter die Preise für Bananen allerdings so massiv gedrückt, dass Lidl im Mai sein Fair-Trade-Versprechen wieder zurückziehen musste.
Man habe die Kunden nicht von diesem Engagement überzeugen können, sagte Lidl-Manager Jan Bock damals. Man hat er gar nicht erst versucht, sagte Blendin jetzt. Er ist überzeugt, dass Kunden durchaus bereit sind, für sozial nachhaltige Waren mehr Geld auszugeben.
Um den Anteil fairer Produkte zu erhöhen, sieht das FFH aber vor allem die Politik in der Pflicht. Blendin fordert noch in diesem Jahr ein Gesetz, das deutschen Unternehmen eine Sorgfaltspflicht für die Einhaltung der Menschenrechte auf ihren Lieferketten vorschreibt.
Lieferkettengesetz statt Freiwilligkeit
Neu ist dieses Ansinnen nicht. In der vergangenen Woche hat die Bundesregierung sich auf einen Fragenkatalog geeinigt, der an Firmen verschickt werden und in Erfahrung bringen soll, ob ein solches Gesetz nötig ist. Wenn die Umfrage ergibt, dass die Mehrheit der deutschen Unternehmen alle Menschenrechte bereits einhält, wird es kein Gesetz geben.
Das hält Blendin für ungenügend. „Ich fürchte, dass diese Befragung kein realistisches Bild abgibt“, sagt er. „Und selbst wenn 51 Prozent die Menschenrechte nicht verletzen; was ist mit den anderen 49 Prozent?“ Die Angst von Unternehmern, ihre weit verzweigten Lieferketten nicht kontrollieren zu können, hält er für unbegründet.
„Ein Unternehmen muss nicht unbedingt für Verstöße auf dem fünften Glied seiner Lieferkette haften“, sagt Blendin. „Es geht aber darum, Sorge dafür zu tragen, dass so genau wie möglich, hingeschaut wird, wie dort gearbeitet wird." Bisher seien Unternehmer im Nachteil, die das freiwillig tun. „Wir brauchen hier gleiche Bedingungen für alle“, fordert er. „Die Einhaltung von Menschenrechten kann doch keine freiwillige unternehmerische Entscheidung sein.“
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