Gütesiegel: Zeichen von Nachhaltigkeit
Klarheit beim Einkauf: Wie man im Supermarkt zwischen Bio-, Öko- und Fairtrade-Siegeln den Überblick behält.
Beim Rundgang durch den Supermarkt fällt einem auf: Lebensmittelhersteller, wie -verkäufer haben ihn verstanden: den Trend zur Nachhaltigkeit. Ausdrücke wie „aus der Region“, „umweltgerecht“, „unbehandelt“ und „bio“ sind längst feste Bestandteile auf den Verpackungen von Milch, Joghurt und Fleisch. Doch Achtung: Nicht alles, was „regional“ sein soll, kommt auch wirklich aus der unmittelbaren Umgebung. Umso wichtiger werden deswegen Gütesiegel, die über die Qualität eines Produktes Auskunft geben. Mehr als 1000 davon gibt es in Deutschland. Doch auf welche kann man sich tatsächlich verlassen? Damit man bei der Vielfalt der Gütezeichen nicht durcheinander kommt, hier ein Überblick über die wichtigsten Siegel:
Für Bio-Fans
Die Bezeichnungen „bio“ und „öko“ sind EU-rechtlich geschützt. Alle Produkte, die der EG-Öko-Verordnung entsprechen, dürfen diese oder ähnliche Bezeichnungen tragen. Auch Wortkombinationen, wie „organisch-biologisch“ oder „kontrolliert biologischer Anbau“ sind erlaubt. Doch Vorsicht: Begriffe wie „umweltgerecht“, „naturgedüngt“, „unbehandelt“ oder „kontrollierter Anbau“ sind kein Hinweis auf eine ökologische Erzeugung. Wirklich zu erkennen sind verpackte Öko-Lebensmittel immer am EU-Bio-Logo und dem sechseckigen deutschen Biosiegel. Im Sichtfeld des EU-Logos muss dabei immer die Nummer der Stelle, die das Produkt kontrolliert hat, angegeben sein, zum Beispiel DE-Öko-001. Das EU-Bio-Logo ist auf allen vorverpackten Lebensmitteln aus der EU, auf denen „bio“ steht, verpflichtend. Für aus einem Drittland eingeführte Erzeugnisse ist seine Verwendung freiwillig. Auch Zeichen der Anbauverbände Bioland, Naturland, Biokreis, Eco vin, Demeter, Gäa oder Verbund Ökohöfe stehen für ökologisch erzeugte Produkte im Sinne der EU-Verordnung.
Wem das Tierwohl nicht egal ist
Der Aufkleber „Für mehr Tierschutz“ wird vom Deutschen Tierschutzbund vergeben. An seiner Entwicklung war auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beteiligt. Das türkisfarbene Label unterscheidet zwei Stufen. Bereits die Einstiegsstufe steht für Tierschutzstandards, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Die Premiumstufe beinhaltet noch mehr Verbesserungen in Sachen Tierschutz. Das Label findet sich auf Fleischprodukten von Hühnern, Rindern und Schweinen.
In der Umsetzung heißt es: Die Tiere hatten zuvor mehr Platz und somit ein weitaus angenehmeres Leben. Für Schweine waren etwa die Funktionsbereiche für Liegen und Fressen sichtbar getrennt. Pro Kuh musste eine eigene Liegebox und ein Fressplatz vorhanden sein. „Leider findet man sehr wenige Produkte mit diesem Aufkleber in den Regalen“, sagt Britta Schautz von der Verbraucherzentrale Berlin. „Wer die artgerechte Tierhaltung unterstützen möchte, kann das auch mit dem Kauf von Bio-Fleisch tun.“
Wer Produkte aus der Nähe will
Der Begriff „Region“ ist gesetzlich nicht geschützt. Deshalb ist hier zur Vorsicht geraten: nicht von unbestimmten Werbebegriffen wie „aus der Region“, „Heimat“ oder „von hier“ täuschen lassen. Die Empfehlung: Auf konkrete regionale Angaben wie Rheinland oder Markgräflerland achten und sich an den Angaben im Regionalfenster orientieren. Das Regionalfenster ist ein blau-weißes Siegel, das die regionale Herkunft des Produkts kenntlich macht. Es wurde im Januar 2014 vom BMEL offiziell vorgestellt. Das Regionalfenster gibt Informationen zur Herkunft der eingesetzten landwirtschaftlichen Zutaten sowie dem Ort der Verarbeitung. Die erste Hauptzutat und die sogenannten wertgebenden Zutaten müssen zu hundert Prozent aus der im Regionalfenster angegeben Region stammen. Außerdem muss bei Fleisch der Aufzucht- sowie Schlachtort und bei Eiern, Obst und Gemüse das Ursprungsland angegeben werden. Zusätzlich gibt es das EU-Kennzeichen „geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g. U.). Es gibt eindeutig Auskunft über die Herkunft. Die Produkte müssen im festgelegten Gebiet nach bestimmten Kriterien erzeugt, verarbeitet und hergestellt werden. Beispiele dafür wären der „Allgäuer Emmentaler“ oder der „Parmaschinken“ aus Italien.
Für Gegner der Gentechnik
Das vom BMEL entwickelte Ohne-Gentechnik-Siegel gibt es seit 2009. Die grüne Raute dürfen nach den Vorgaben des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes nur Produkte tragen, die nachweislich keine gentechnisch veränderten Bestandteile enthalten. Bei tierischen Produkten dürfen in näher bestimmten Zeiträumen keine Futtermittel verwendet werden, die gentechnisch verändert wurden. Dies wird von der Lebensmittelkontrolle der Bundesländer überwacht. Doch auch hier sollte der Verbraucher achtsam sein: Bei Fleischprodukten gilt die 0,9-Prozent-Regelung. Selbst bei Produkten mit dem Label darf es zu einer gentechnischen Verunreinigung von 0,9 Prozent kommen. Vergeben wird das Siegel durch den Verband Lebensmittel ohne Gentechnik. Bisher ist „Ohne-Gentechnik“ eine freiwillige Kennzeichnung. Es gibt also Produkte, die zwar frei von Gentechnik sind, die aber nicht als solche erkennbar sind.
Wer Vegan oder Vegetarier ist
„Die Bezeichnungen ,vegetarisch‘ und ,vegan‘ sind bis jetzt nicht verbindlich gesetzlich geregelt“, sagt Verbraucherschützerin Schautz. Die Auffassungen, was und was nicht vegan ist, können daher auseinandergehen. Deshalb sollten Verbraucher, die sich bewusst vegan oder vegetarisch ernähren wollen, besonders kritisch bleiben. „Nur weil ein Hersteller sein Produkt mit ,vegan‘ kennzeichnet, muss der Herstellungsprozess nicht frei von tierischen Stoffen sein“, mahnt Schautz. Das sogenannte V-Label wird in Deutschland von ProVeg vergeben und soll eine Orientierung zwischen allen Vegan-Bezeichnungen sein. Der gelbe Kreis mit der grünen Pflanze kennzeichnet tierfreie Produkte. Alleinige Anforderung für die Siegelvergabe ist, dass das Produkt frei von Erzeugnissen tierischen Ursprung ist. Dabei ist der Einsatz von Gentechnik nicht erlaubt. Weiterführende Aussagen zu Umwelt- oder Sozialaspekten werden nicht getroffen.
Für Fairtrade Unterstützer
Das grün-schwarz-blaue Fairtrade-Siegel kennzeichnet Waren, die aus fairem Handel stammen sollen. „Die Kriterien von Fairtrade umfassen soziale, ökologische und ökonomische Standards wie geregelte Arbeitsbedingungen, umweltschonenden Anbau und Mindestpreise für die Bauern“, sagt Schautz. So könnte man beim Fairtrade-Siegel darauf vertrauen, dass hohe Standards bei den Anbaumethoden sowie den Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer erfüllt sind. „Andere Labels wie Rainforest Alliance beispielsweise legen dagegen nur Kriterien fest, die die Nachhaltigkeit betreffen“, sagt Schautz. Wie fair die Zustände der Arbeitnehmer sind, wird durch dieses Label nicht zum Ausdruck gebracht. Das firmeneigene Gütesiegel von Rewe, Pro Planet, hätte laut Schautz ebenfalls nur geringe Standards. Sie sieht in diesem Siegel eher einen Marketing-Gag des Unternehmens.
Johanna Palla