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In den alten Industrieanlagen in Oberschöneweide arbeiten inzwischen junge innovative Unternehmen.
© Imago

Klaus Wowereit auf Abschiedstour: Industriestandort Oberschöneweide: "Ein wunderbares Beispiel"

200.000 Industriearbeitsplätze waren in Berlin nach der Wende weggebrochen. Wirtschaft und Gewerkschaften wollen Wowereit kein schlechtes Zeugnis ausstellen - erwarten von seinem Nachfolger aber mehr.

Industriepolitik in Berlin ist Bekenntnispolitik. Deshalb gehört ein Besuch in dem einen oder anderen Unternehmen auch zur Abschiedstour des Regierenden Bürgermeisters. Am Donnerstag war Klaus Wowereit (SPD) in Oberschöneweide, einem der großen, traditionsreichen Industriestandorte an der Spree, dessen Entwicklung exemplarisch ist für die Stadt: AEG, KWO und TRO sind Namen und Symbole für den Auf- und Abstieg der Industriestadt Berlin.

In den ersten beiden Jahrzehnten nach der Wende gingen in der Berliner Industrie rund 200.000 Arbeitsplätze verloren. Seit ein paar Jahren ist der Trend nicht nur gestoppt, es geht aufwärts, und in den Industriefirmen arbeiten inzwischen rund 105.000 Personen. „Ein wunderbares Beispiel für die Entwicklung der Stadt“ sei Oberschöneweide, meinte Wowereit am Donnerstag in den Räumen der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), deren Einzug auf dem Campus Wilhelminenhof dem Standort gut tut und die oft beschworene Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft voranbringen wird.

Das Industriethema dümpelt vor sich hin

Wowereit war nicht allein gekommen, um ein paar erfolgreiche, junge Energiefirmen zu besuchen, sondern der Steuerungskreises Industriepolitik traf erstmals seit langem wieder zusammen. Vor vier Jahren gegründet und flankiert von einem „Masterplan“ dümpelt das Thema seit geraumer Zeit vor sich in, da Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) keine Neigung dazu hat. Sowohl in der Wirtschaft als auch bei den Gewerkschaften ist der Verdruss groß. Doch am Donnerstag hielten sich IHK-Präsident Eric Schweitzer, UVB-Chef Christian Amsinck und DGB-Vize Christian Hoßbach zurück, „damit Klaus Wowereit mit guter industriepolitischer Bilanz abschließen und Michael Müller mit neuen Ideen toll starten kann“, wie ein Teilnehmer formulierte.

Tatsächlich hat Müller angekündigt, den Steuerungskreis beibehalten zu wollen. Dass er als Regierender Bürgermeister der Wirtschaftssenatorin Dampf macht, wird in Verbänden und Gewerkschaften erwartet. Zehn Mal hat der Steuerungskreis in den vergangenen Jahren getagt, „um das Thema Industriepolitik voranzubringen“, wie Wowereit meinte. Am Donnerstag befasste man sich intensiver mit der Ausbildung, und alle waren sich einig, dass die Betriebe zu wenig tun. Tatsächlich liegt die Ausbildungsquote in der Berliner Industrie mit etwas über vier Prozent gut ein Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. „Wir arbeiten hartnäckig an dem Thema“, sagte Amsinck. Und Wowereit erkundigte sich bei den Managern von First Sensor nach deren Ausbildungsaktivitäten – die auch eher schwach sind.

1990 gegründet von Mitarbeitern des Werks für Fernsehelektronik (WF) beschäftigt First Sensor inzwischen 790 Mitarbeiter an 16 Standorten, davon 350 in Berlin. Wowereit schaute sich durch die Scheibe die Reinraumproduktion an; rund um die Uhr, sieben die Tage die Woche werden Sensoren gebaut, unter anderem für die Personenerkennung. In den kommenden fünf Jahren soll sich der Umsatz verdoppeln. Eine Erfolgsgeschichte aus Oberschöneweide.

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