Wohnungsvermietung an Touristen: Zweitwohnungen werden in Berlin teurer
Die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen erwägt eine Verschärfung der bisherigen Regelungen für den Ferienimmobilienmarkt.
Der touristische Aufenthalt in einer Ferienwohnung oder in einem Ferienhaus wird immer beliebter. Das zeigt die Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR), die auf der Reisemesse ITB in Berlin vorgestellt wurde. 26 Prozent der Urlaubsreisen wurden der Umfrage zufolge in einer Ferienwohnung oder in einem Ferienhaus verbracht – im Vorjahr waren es 23 Prozent. Die Forschungsgemeinschaft hatte im Januar 2017 mehr als 7500 Personen in Deutschland befragt.
Obwohl dieses Segment des touristischen Angebotes wächst, arbeitet die deutsche Hauptstadt – sie verzeichnet wachsende Touristenzahlen – mit rechtlichen Mitteln gegen den Trend. Nach Informationen dieser Zeitung erwägt die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen eine Verschärfung der bisherigen Regelungen für den Ferienimmobilienmarkt („Zweckentfremdungsverbotsverordnung“). Eine Sprecherin von Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) bestätigte dem Tagesspiegel, dass die Steuern für Besitzer von Zweitwohnungen in Berlin von derzeit fünf auf 15 Prozent steigen sollen. „Einen entsprechenden Gesetzesentwurf habe ich in die Mitzeichnung gegeben“, ließ Kollatz-Ahnen auf Anfrage mitteilen.
So sollten Anreize geschaffen werden, sich mit dem Erstwohnsitz in Berlin anzumelden. Darüber hinaus – und das ist neu – prüft der Senat, ob die Zweitwohnungen, die bisher nicht vom Zweckentfremdungsverbotsgesetz erfasst werden, ebenfalls in die Regulierung des Ferienimmobilienmarktes einbezogen werden können. Dabei spielt auch die aktuell vom Bundestag verabschiedete Baurechtsnovelle eine Rolle.
Wird künftig eine neue Zweitwohnungssteuer für Berliner erhoben?
Auf die Frage, ob es der Finanzsenator ausschließen könne, dass künftig eine neue Zweitwohnungssteuer für Berliner erhoben werde, die sich zum Zwecke der Vermietung an Feriengäste eine Zweit-, Dritt- und Viertwohnung in der Stadt anschaffen, die dann nicht für Dauermietverhältnisse zur Verfügung gestellt werden, sagte Kollatz-Ahnen: „Das Spannungsfeld zwischen Zweckentfremdungsverbot und Zweitwohnungsnutzung auch zur Vermietung an Feriengäste ist Gegenstand rechtlicher Klärungen. Insofern bitte ich um Verständnis für eine gewisse Zurückhaltung bei der Beantwortung der Frage. Der jetzt in die Ressortabstimmung versandte Entwurf sieht die Verbesserung der Datenlage vor. Damit soll erreicht werden, dass etwaige Sonderstellungen für selbst genutzte Zweitwohnungen eben gerade nicht auf Dritt- und Viertwohnungen ausgedehnt werden können, die logischerweise eben nicht selbst genutzt sein können.“
Der Bund der Steuerzahler Berlin e.V. hält auf Anfrage wenig davon, den Ferienwohnungsmarkt zusätzlich über neue Zweitwohnungssteuern zu regulieren. „Hier wäre nach unserer Auffassung eine Zweitwohnungssteuer völlig fehl am Platz“, sagte der Vorstandsvorsitzende Alexander Kraus. „Eine gewerblich vermietete Ferienwohnung wäre nach unserer Auffassung keine Zweitwohnung des Vermieters. Die Steuerlast würde in Form der Bettensteuer dann den Mieter treffen, sofern er nicht als zum Beispiel Geschäftsreisender befreit ist.“
Eine Bettensteuer lehne der Bund der Steuerzahler ohnehin ab. Mit seinem Hinweis auf rechtliche Klärungen spielt Kollatz-Ahnen auf die Überprüfung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung durch das Oberverwaltungsgericht Berlin in einer Berufungsverhandlung am 6. April an. Die vom Deutschen Bundestag am Donnerstagabend verabschiedete Baurechtsnovelle soll Rechtsunsicherheiten in vielen Bundesländern bei der Frage beenden, ob insbesondere in Wohngebieten Ferienwohnungen gebaut werden dürfen. Das Gesetz stellt nun klar, dass dies grundsätzlich erlaubt ist.
Verlässliche Zahlen zu Ferien- und Zweitwohnungen gibt es nicht
Zugleich erhalten Gemeinden aber mehr Steuerungsmöglichkeiten. Sie können vor Ort entscheiden, ob im Bebauungsplan Gründe gegen eine Ansiedlung von Ferienwohnungen sprechen. Die Ferienimmobilienbranche läuft seit Jahren Sturm gegen die Restriktionen ihrer Betriebe, die den Mietwohnungsmarkt entlasten sollen. „Wie in vielen anderen Städten sorgt die wachsende Beliebtheit von Airbnb und anderen Plattformen auch in Berlin für politische Spannungen“, sagte Dirk Bakker, Head of EMEA Hotels beim Immobilienberatungsunternehmen Colliers International, zu den Ergebnissen einer Umfrage seines Unternehmens anlässlich der ITB (der Tagesspiegel berichtete).
„Aufgrund des Wohnungsmangels ist es in der Stadt inzwischen verboten, ganze Häuser oder Wohnungen über die Plattform anzubieten. Doch trotz der im Mai 2016 in Kraft getretenen neuen Regelung hat die Nachfrage kaum nachgelassen.“ Die von Airbnb angebotenen Wohnungen und Zimmer werden meist in einem semi-professionellen Bereich bewirtschaftet. Laut der Colliers-Untersuchung haben Anbieter ihre Preise für ganze Wohnungen angehoben, um mögliche Geldstrafen auszugleichen. Zudem lasse sich eine Nachfrageverlagerung und steigende Zimmerraten feststellen.
Ein Grund für die Nachfrageentwicklung: Viele Urlauber entschieden sich 2016 eher für Urlaub in Deutschland oder in einem Nachbarland, während klassische Flugreiseziele wie die Türkei oder Ägypten wegen Angst vor Terroranschlägen viele Touristen verloren. Verlässliche Daten zum Ferienwohnungs- und Ferienzimmermarkt in Berlin gibt es bisher nicht. Dem Statistik-Amt Berlin-Brandenburg liegen keine Daten zu Zweitwohnungen vor. Auch „Daten zur Gesamtzahl der gewerblich-hotelmäßig genutzten Ferienwohnungen liegen uns nicht vor“, teilte die zuständige Referatsleiterin auf eine entsprechende Anfrage dieser Zeitung mit.
CDU-Stadtrat Gräff kritisiert die Zweckentfremdungsverbotsverordnung
Wie viele – oder wenige – Ferienwohnungen im Zuge der neuen Verbotsverordnung für Dauermieter frei wurden, versucht die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen zu erfassen. „Zum 31. Dezember 2016 konnten insgesamt 4470 vormals zweckfremd genutzten Wohnungen dem Wohnungsmarkt zugeführt werden“, teilte Pressesprecherin Katrin Dietl auf Anfrage mit: „Davon waren 2576 Ferienwohnungen. Diese Zahl setzt sich aus 1940 vormals bei Bezirken zur Erlangung eines befristeten Bestandsschutz angezeigten Ferienwohnungen und 636 Ferienwohnungen ohne Bestandsschutz zusammen.“
Die Berliner CDU vollzieht unterdessen deutliche Absetzbewegungen von der Zweckentfremdungsverbotsverordnung, die von ihr mitbeschlossen wurde. „Ich glaube nicht, dass wir eine Wohnungsnot in Berlin haben“, sagte Christian Gräff, bis 2016 Stadtentwicklungsstadtrat in Marzahn-Hellersdorf und Abgeordnetenhausmitglied mit Direktmandat, auf einer ITB-Podiumsdiskussion zum Thema Zweckentfremdung. „Ich würde das Gesetz nicht verteidigen“, sagte Gräff am Donnerstag. Das Gesetz müsse noch einmal „in die Hand genommen“ werden. Es werde darin nur Schwarz-Weiß gedacht.
Die Möglichkeit, ein Ferienzimmer für Familienangehörige im Haus einer Baugenossenschaft bereitzuhalten werde rechtlich „ganzen Blöcken“ gleichgestellt, „die generalstabsmäßig vermietet werden“. „Wir werden von der Verwaltung gejagt“, sagte auf der ITB-Veranstaltung Stephan la Barré, Vereinsvorsitzender der Apartment Allianz Berlin e.V. und Ferienwohnungsbetreiber in Moabit. Wenn die Wohnungsnot in Berlin so groß sei, solle doch die Stadt ihre Wohnungen dem Markt zurückgeben. Berlin betreibt mit der landeseigenen Berlinovo ein Dienstleistungsunternehmen der Immobilienbranche, das möblierte Wohnungen und Apartments längerfristig vermietet und verwaltet. Ein zusätzliches Angebot des Landes für kurzfristige Vermietungen hält Berlin jedenfalls für mehr als entbehrlich. „Da in Berlin eine große Anzahl an Betten in Hotels und Hostels existiert, besteht kein Bedarf für einen diesbezüglichen Eigenbetrieb des Landes“, sagte Pressesprecherin Katrin Dietl für die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen.
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