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Viele Touristen wohnen inzwischen gerne in Ferienwohnungen. Das wird ab Mai nicht mehr so ohne Weiteres möglich sein.
© Ole Spata picture alliance / dpa

Wohnungsmangel in Berlin: Ab Sonntag sind Ferienwohnungen verboten

Ferienwohnungen sind ab Sonntag verboten – eine gute Nachricht für Mieter. Der Vermittler Airbnb soll bereits sein Angebot reduzieren, Wimdu wartet noch ab.

Für Berlins Mieter brechen bessere Zeiten an. Ab Sonntag müssten – theoretisch – schlagartig tausende neue Wohnungen auf den Markt kommen, denn am Sonnabend endet die Übergangsfrist für den Betrieb von Ferienwohnungen. Ab Sonntag ist es verboten, Wohnungen kurzzeitig an Gäste zu vermieten.

Der größte kommerzielle Vermittler privater Urlaubsquartiere Airbnb war am Mittwoch für eine Stellungnahme zum Umgang mit dem Verbot nicht zu erreichen. Konkurrent Wimdu hat vor dem Verwaltungsgericht gegen das Zweckentfremdungsverbot Klage eingereicht; schon am 8. Juni sei mündliche Verhandlung, sagte Sprecher Bernhard Holzer. Bis dahin rechne er nicht damit, dass die Bezirke aktiv würden; deshalb würde man das Angebot auch noch nicht bereinigen. Die „Zeit“ berichtete, Airbnb tue genau das und habe bereits zahlreichen Vermietern gekündigt.

Der Berliner Mieterverein hatte davon noch nichts gehört. „Wir würden das aber sehr begrüßen, denn damit wird der Sinn des Zweckentfremdungsverbots umgesetzt“, sagte die stellvertretende Geschäftsführerin Wibke Werner. Der Sinn sei, bezahlbaren Wohnraum dem Mietmarkt zurückzugeben. Seit das letzte Zweckentfremdungsverbot 2002 aufgehoben wurde, seien Ferienwohnungen erlaubt gewesen, und es gebe schätzungsweise 23 000 bis 29 000 davon in der Stadt. Umso seltsamer, dass nur 6300 von ihnen 2014 gemeldet worden seien, als es darum ging, in den Genuss der zweijährigen Übergangsfrist zu kommen. Zumindest diese 6300 Wohnungen müssten jetzt schnell dem Mietwohnungsmarkt zurückgegeben werden.

Es wird massiv neu gebaut

Laut „Zeit“-Vorabbericht sank die Zahl komplett vermieteter Wohnungen von 11 000 im Februar 2016 auf circa 6700 im März. Die Anzahl komplett vermieteter Wohnungen von vermutlich kommerziellen Betreibern, die mehr als nur eine Ferienwohnung anbieten, habe sich sogar mehr als halbiert – von weit über 2000 auf weniger als 1000. Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz ist vor Kurzem nochmal verschärft worden. Anbieter wie Airbnb sind den Bezirken jetzt zur Auskunft über die Vermieter verpflichtet.

Entlastung für die Mieter könnte es auch bringen, dass derzeit massiv neu gebaut wird. Die Krise am Markt könne nur der Neubau von Wohnungen dämpfen. Das hatte Bausenator Andreas Geisel (SPD) wiederholt erklärt. Einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der „Stückzahlen“ sollen dabei die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften leisten.

Allein die größte von ihnen, die Degewo, wolle in den kommenden zehn Jahren 22 000 neue Wohnungen bauen, erklärte deren Chef Christoph Beck bei der Vorstellung des Jahresergebnisses der Firma am Mittwoch. Allein in diesem Jahr will die Degewo 114 Millionen Euro in den Bau neuer Wohnungen investieren und weitere 36 Millionen Euro zum Kauf von Objekten aufwenden. Gut gerüstet dafür ist die Firma: Im vergangenen Jahr strich sie Gewinne in Höhe von fast 57 Millionen Euro ein – fast keine leer stehenden Wohnungen, steigende Mieten und niedrige Zinsen sind wohltuend für die Bilanz.

Das Wachstum der Stadt

Die Mieter sollen trotzdem nicht unter dem Markt leiden: Zwar erhöhte die Degewo die Mieten durchschnittlich um 1,8 Prozent auf 5,68 Euro je Quadratmeter und Monat, sie liegt damit aber noch unterhalb des Mittelwerts im Mietspiegel (5,84 Euro). Für den Berliner Mieterverein ist es einerlei, ob die günstigen Mieten „über Fördermittel oder sonstige Wege erreicht werden“ – Hauptsache der Mietpreis beträgt „nicht mehr als 6,50 Euro je Quadratmeter und Monat“.

Ein weiterer entlastender Faktor ist, dass der Zuzug nach Berlin derzeit nicht ganz so rasant stattfindet wie zuletzt vermutet. Nach neuesten Zahlen des Statistischen Landesamtes zogen in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres 26 400 Menschen mehr nach Berlin als fort. Das letzte Quartal ist statistisch noch nicht ausgewertet. Ob die Zahl von 40 000 Neu-Berlinern für ganz 2015 erreicht wird, bleibt abzuwarten.

Die Zahl der Flüchtlinge sinkt ebenfalls, seit die Balkanroute geschlossen ist. Das dürfte sich ebenfalls auf die Bevölkerungsentwicklung Berlins auswirken. Eine Aussage darüber, wie viele Flüchtlinge dem Zuwachs der Berliner Bevölkerung zugerechnet wurden, macht das Statistische Landesamt allerdings nicht. Das Wachstum der Stadt wird ohnedies vom Zuzug aus dem Ausland getragen: Die Zahl der „Auslandsberliner“ stieg um 27 400 in den drei ersten Quartalen des vergangenen Jahres. Und alle brauchen ein Dach über dem Kopf.

Der Senat hat alle landeseigenen Wohnungsunternehmen auf Neubau eingeschworen. Dafür steht etwa das Pilotprojekt in Altglienicke zur gemeinsamen Unterbringung von Flüchtlingen und Berlinern, wo Wohnungen für 6,50 Euro je Quadratmeter und Monat angeboten werden sollen. Möglich ist das aber nur, weil die Degewo das Grundstück vom Land Berlin als „Einlage“ gleichsam geschenkt bekam, was einer Subvention gleichkommt.

Unter haeuserkampf.tagesspiegel.de gibt es ein Dossier des Tagesspiegels über das Thema Ferienwohnungen: Wir erzählen, wie Firmen die Stadt als Spekulationsmasse nutzen. Und wie ganz normale Berliner versuchen, sich dagegen zu wehren.

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