Wasserstadt: Spindlersfeld verfällt
Ein feines, kleines Wohngebiet in Köpenick wartet immer noch auf einen Bebauungsplan. Und so verfällt ein Kleinod der Industriearchitektur. Jetzt verlangt der Bezirk ein neues Lärmgutachten.
Trotz des Baubooms in Berlin gibt es immer noch Brachen wie diese: Schön gelegen an der Spree, zehn Minuten bis zur Altstadt Köpenick, fünf Minuten bis zur S-Bahn. Herz, was willst du mehr? Gut 800 Wohnungen sind auf dem Spindlersfeld geplant; rund 400 im dominanten Ringbau in der Mitte und in den alten Nebengebäuden, die anderen rundherum in Neubauten.
Die Abbildungen der Wohntürme an der Spree und der kleinteiligeren Bebauung dahinter sehen so realistisch aus, als stünden sie bereits. Doch immer noch gehört das Gelände zu den „Rotten Places“, die im gleichnamigen „Magazin um verfallene Bauwerke, Denkmalschutz und Industriekultur“ vorgestellt werden.
Mehrfach musste der Baustart für die Wasserstadt Spindlersfeld verschoben werden. 2011 präsentierte die WPK Grundstücksentwicklungsgesellschaft das Konzept. Den Baubeginn stellte sie damals für 2012 in Aussicht, die Fertigstellung für 2015.
Später fasste man die Aufstellung des Bebauungsplan für Frühjahr 2015 ins Auge. Die Hoffnung, jetzt, ein Jahr später, einen Beschluss der Bezirksverordneten zu bekommen, zerschlug sich gerade in dieser Woche wieder einmal. Der Bezirk habe nun noch ein weiteres Schallschutzgutachten gefordert, klagt Manfred Hartwig von der Firma Metropole Marketing, die die Wohnungen später einmal verkaufen will.
„Vor der Wahl traut sich keiner im Bezirk mehr, etwas zu entscheiden. Es ist eine Katastrophe, denn die Denkmäler verfallen und verfallen. Echt schade darum“, sagt Hartwig. Nur das ehemalige Kutscherhaus und die frühere Poliklinik an der Ernst- Grube-Straße konnten bereits 2012 und 2013 saniert und bezogen werden.
"Ein grundsätzliches Missverständnis über die Natur von Bebauungsplanverfahren"
„Hier scheint ein grundsätzliches Missverständnis über die Natur von Bebauungsplanverfahren vorzuliegen“, kontert Rainer Hölmer, Bezirksstadtrat für Bauen, Stadtentwicklung und Umwelt in Treptow-Köpenick.
„Da das Verfahren darauf ausgerichtet ist, alle für eine Abwägungsentscheidung erheblichen Informationen, Fakten und Stellungnahmen zusammenzuführen, ist stets mit Unvorhergesehenem zu rechnen“, sagt der SPD-Mann. Daher könne die Verfahrensdauer eines Bebauungsplanverfahrens nicht zuverlässig prognostiziert werden.
Gegenwärtig werte das Bezirksamt die Stellungnahmen der Anwohnerinnen und Anwohner aus, die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung im Bezirksamt eingingen. „Manch eine Stellungnahme warf Fragen auf, auf die sich keine Antwort in den vorliegenden Gutachten finden ließ. Das führt zum Beispiel dazu, dass das Schallgutachten nun noch mal ergänzt wird“, sagt Hölmer.
Außerdem hätten einige Nachbarn die Höhe der geplanten Baukörper beklagt. „Auch darauf wird das Bezirksamt eingehen und eine Anpassung der Planungen vornehmen. Das Bezirksamt lässt die Öffentlichkeit nicht nur pro forma mitwirken. Wir nehmen jede Stellungnahme ernst. Das mag Zeit kosten, ist aber keinesfalls ein Hinweis auf ein gescheitertes Projekt oder Verfahren. Ich gehe davon aus, dass, sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, alle Beteiligten auf eine zügige Umsetzung des Baurechts hinwirken“, sagt der Baustadtrat.
"Starke psychologische Eigenresistenz der Verwaltung"
Dennoch sieht auch der Architekt Klaus Theo Brenner im Fall Spindlersfeld „eine starke psychologische Eigenresistenz der Verwaltung“. Brenner, der den Masterplan für das Gebiet entwarf, befürchtet, dass sich in dem lange dauernden bürokratischen Prozess die gemeinsame Vision auflöst, die Bauherr und Architekt verbinde. Betroffen davon könnte das Konzept für den Innenhof des Hauptgebäudes sein. Der Masterplan sieht dort private Gärten vor, aber auch einen öffentlichen Raum, so wie im Inneren von italienischen Palazzi.
Eine „geheime Seele“ nennt ihn Brenner und den Mittelpunkt der entstehenden Stadt in der Stadt. Dass er zu einem privaten Gebiet erklärt und entsprechend vermarktet werde, hält Brenner nicht für ausgeschlossen.
In einer Verzögerung liege immer das Risiko, dass das städtebauliche Konzept verwässert würde. Noch sei ja nicht klar, wer am Spindlersfeld wirklich baut, erklärt der Architekt, der auch den Masterplan für die Parkstadt Karlshorst entworfen hat.
Im schlimmsten Fall könnten die Investoren dann zu reinen Durchlauferhitzern werden: „Kaufen, machen, verscherbeln, Karibik“, bringt es Brenner auf eine Formel. Natürlich seien alle Beteiligten an den Bebauungsplan gebunden, der aber kein ausreichendes Instrument sei, um die Vision des Architekten abzubilden.
Ein grünes Viertel mit Reihenhäusern
Trotzdem ist Klaus Theo Brenner noch guten Mutes, dass der Bebauungsplan „im Sommer durch ist“. Was dann auf dem Spindlersfeld entstehen soll, ist ein durchmischtes Ensemble von verschiedenen Gebäudetypen: Acht Wohntürme reihen sich entlang der Spree, vom Wasser aus gesehen rechts und links der Spindler’schen Fabrik. Auf der gegenüberliegenden Seite des Areals entlang der Ernst-Grube-Straße sollen Torhäuser das Wohngebiet einfassen. Wohntürme und Torhäuser werden Backsteinfassaden haben.
Zwischen diesen Gebäudereihen breitet sich das sogenannte grüne Viertel aus – mit Straßen, Vorgärten, Reihen- und Eckhäusern, den „Terraces“. Damit sind nach englischem Vorbild Reihenhäuser gemeint, die einander ähnlich sind und durch dominante Eckhäuser als Baugruppe gefasst sind, sagt Brenner. So sollen sie einen prägnanten Straßenabschnitt mit Bezug auf den dominanten Ringbau bilden. Die Reihenhäuser sollen jeweils gelbe Putzfassaden haben und im Sockelbereich verklinkert sein.
Das schöne Wohnen am Wasser wird nicht billig sein. Die Spitzenpreise sollen die Penthäuser in den Wohntürmen am Wasser erzielen. Manfred Hartwig rechnet mit 6000 Euro pro Quadratmeter. Am wenigsten werden die Wohnungen an der Ostseite des Ringbaus kosten. Sie bieten keinen Wasserblick. 3500 Euro pro Quadratmeter werden hier aufgerufen. Dazwischen liegen die Preise in den Neubauten im grünen Viertel mit 4300 Euro pro Quadratmeter.
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