Spindlersfeld: Berlins größtes Wohndenkmal vor der Sanierung
In Spindlersfeld sind über 800 Wohnungen an der Spree geplant. Dabei will der Planer die denkmalgeschützte Bausubstanz durch Neubauten so ergänzen, dass mehrere Straßen gebildet werden, die zur Spree führen.
Die Nachfrage nach Wohnungen in Berlin nimmt scheinbar unaufhaltsam zu. Und damit steigen auch die Erfolgsaussichten für Projekte, deren Realisierung noch vor wenigen Jahren als geradezu halsbrecherisch empfunden worden wäre. Jüngstes und gleichzeitig spektakulärstes Beispiel ist die Wasserstadt Spindlersfeld: Insgesamt 850 Wohnungen will die Kanton Grundstücksentwicklungsgesellschaft auf einer Industriebrache an der Spree im Bezirk Treptow-Köpenick errichten.
Den Standort an der Ernst-Grube- Straße kennen Ost-Berliner als Rewatex-Gelände – hier war nämlich der VEB Rewatex mit seiner Wäscherei ansässig. Erschlossen wurde das Gebiet aber bereits im 19. Jahrhundert: 1871 nahm der Unternehmer Wilhelm Spindler seine „Anstalt zur chemischen Reinigung, Wäscherei und Färberei“ in Betrieb, und bald danach erhielt das Areal den Namen Spindlersfeld. „Es war eine Industriestadt, die in bevorzugter Lage gebaut wurde“, sagt Klaus Theo Brenner, der im Auftrag der Investoren den Masterplan für die Wasserstadt Spindlersfeld erarbeitet hat. „Das Schöne ist, dass ein wirklich städtisches Wohngebiet entsteht“, betont der Architekt, der auch den Masterplan für die Rummelsburger Bucht entwarf und für die Planung zahlreicher hochwertiger städtischer Wohnhäuser verantwortlich ist.
In der zehn Hektar großen Wasserstadt Spindlersfeld sieht Brenners Masterplan den Bau von 350 Wohnungen in Denkmalen und von 500 Wohnungen in Neubauten – als Townhouses ebenso wie als Mehrfamilienhäuser – vor. Dabei will der Planer die denkmalgeschützte Bausubstanz durch Neubauten so ergänzen, dass mehrere Straßen gebildet werden, die zur Spree führen.
Die Planreife für den Bebauungsplan erwartet Brenner für Sommer 2012. Erste Sanierungsarbeiten an den denkmalgeschützten Gebäuden haben bereits begonnen; 2015 soll alles fertig sein. Sogar schon in neuem Glanz erstrahlt das ehemalige Kutscherhaus an der Ernst-Grube- Straße. Entstanden sind darin 17 Wohnungen, von denen laut Manfred Hartwig von der für die Vermarktung zuständigen Metropole Marketing GmbH vier an Eigennutzer und 13 an Kapitalanleger verkauft wurden. „Und für diese 13 Wohnungen“, sagt Hartwig, „hatten wir 160 Mietanfragen“ – bei einer Miete von 8 bis 8,50 Euro pro Quadratmeter.
Angesichts dieses Vermarktungserfolgs will Hartwig nichts wissen von Bedenken, ob sich denn an diesem nicht gerade zentralen Standort tatsächlich innerhalb kurzer Zeit 850 Wohnungen verkaufen lassen. „Es ist der Traum vieler Menschen, am Wasser zu leben“, argumentiert er. Zudem seien von der Wasserstadt Spindlersfeld aus die Altstadt von Köpenick zu Fuß in zwölf Minuten und der S-Bahnhof Spindlersfeld sogar in nur fünf Minuten zu erreichen. Mit der Straßenbahn komme man auch schnell an den Wissenschaftsstandort Adlershof. Vor allem aber setzt Hartwig auf die Sogwirkung des neuen Airports in Schönefeld: „Die Eröffnung des Flughafens“, sagt er, „ist das Beste, was uns passieren kann“ – zumal in der Wasserstadt kein Fluglärm zu befürchten sei.
Außer den Einheiten im Kutscherhaus haben auch schon alle 14 Wohnungen in der ehemaligen Poliklinik einen Käufer gefunden. Größtes Bestandsgebäude ist jedoch der imposante Ringbau, der im Widerspruch zu seinem Namen keineswegs rund, sondern annähernd quadratisch ist und einen riesigen Innenhof umgibt. Allein in diesem Ringbau sollen etwa 300 Wohnungen Platz finden. „Damit ist es das größte Wohndenkmal in Berlin“, sagt Hartwig.
Die Preise für die bisher angebotenen Denkmal-Wohnungen betragen zwischen 2990 und 3500 Euro pro Quadratmeter. Das ist rund doppelt so viel wie die 1700 Euro, die der Maklerverband IVD in seinem jüngsten Immobilienpreisspiegel als Schwerpunktpreis in Vorzugswohnlagen von Treptow-Köpenick identifiziert hat. Sogar bis zu 4190 Euro pro Quadratmeter kosten die Wohnungen in den sogenannten Spindler Towers, sechsgeschossigen Neubauten, die nur durch einen öffentlichen Uferweg von der Spree getrennt sind.
Insgesamt will die Kanton Grundstücksentwicklungsgesellschaft durch den Verkauf der Wohnungen 350 Millionen Euro erzielen. Die eigens für das Projekt in Spindlersfeld gegründete Gesellschaft gehört zur Unternehmensgruppe Eisen, die zwar wenig bekannt ist, nach Angaben von Architekt Brenner aber über umfangreiche Sanierungserfahrung verfügt. Kanton-Geschäftsführer Sören Schwaar zufolge erwarb sie das Areal 2005 für zehn Millionen Euro von der Kölner Imhoff-Gruppe, welche die Larosé-Wäschereien betreibt.
Wenn das Projekt in zirka vier Jahren abgeschlossen ist, soll es auch wieder eine Kindertagesstätte in der Wasserstadt Spindlersfeld geben – womit an die Geschichte des Standorts angeknüpft wird: Auch der sozial engagierte Unternehmer Spindler richtete nämlich einst einen Kindergarten ein.
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