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"Blankenburger Süden". Das geplante Stadtquartier hat Platz für maximal 6000 neue Wohnungen.
© Dirk Laubner (Herbst 2016) für die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen

Wohnquartier Blankenburger Süden: "Es bleibt abzuwarten, ob es ohne Enteignungen gehen kann"

Planer rätseln, wie das neue Quartier "Blankenburger Süden" Anschluss finden könnte.

Helfen würde wohl nur eine Schwebebahn. Wie sonst soll man hier in Zukunft von A nach B kommen? Wer gegen acht Uhr in der Frühe aus den nördlichen Quartieren im Speckgürtel mit der S 2 in Richtung City zu pendeln gedenkt, braucht gute Nerven und vor allem: Stehvermögen. Die S-Bahn-Züge sind stadteinwärts schon in Zepernick voll. Wagen anhängen geht gar nicht – es sei denn, man verlängert die Bahnsteige. Und so könnte es kommen wie in Entwicklungsländern: Wenn im Waggon schon kein Platz mehr ist, dann vielleicht auf dem Zug.

Berlins Stadtentwickler stehen vor fast unlösbaren Problemen, wenn es um das neue Stadtquartier „Blankenburger Süden“ geht. Auf einer rund 70 Hektar großen landeseigenen Fläche sollen 5000 bis 6000 neue, vor allem aber bezahlbare Wohnungen, zwei Schulen und mehrere Kitas sowie Einzelhandel und Gewerbe entstehen. Baubeginn könnte 2019 sein. In einem Flyer der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ist zunächst vor allem von einem Kommunikations- und Beteiligungskonzept die Rede. Senat, Bezirk und Bürger sitzen im neu formierten Forum „Blankenburger Süden“ gemeinsam an einem Tisch. Nach einer ersten Informationsveranstaltung am 8. Februar fand am vergangenen Freitag das zweite Dialogforum statt. In Ermangelung von Parkplätzen wurde die Anreise mit dem Fahrrad empfohlen.

Die Teilnehmer hörten: Unter den geplanten elf neuen Stadtquartieren ist der „Blankenburger Süden“ das größte. Insbesondere städtische Wohnungsbaugesellschaften, Baugemeinschaften und Genossenschaften sollen hier bauen. Blankenburg wird nach der Realisierung des Projekts nicht wiederzuerkennen sein: Zu den derzeit rund 6800 Einwohnern kommen etwa 12000 neue Nachbarn hinzu. Das Dorf rund um die Angerkirche soll ergänzt werden durch eine dichtere, urbanere Nachbarschaft, die ganz im Sinne der Berliner Leitlinien für die Planung neuer Stadtquartiere ein gemischter, lebendiger Kiez werden soll. So weit die Theorie.

Noch ist nicht viel passiert

Johannes Kraft, Sprecher für Stadtentwicklung und Verkehr der CDU der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Pankow, deutet durch die Blume an, wo auf den Blankenburger Wiesen der Hase im Pfeffer liegen könnte:  „Dieses neue Quartier darf nicht wie ein Ufo hier landen“, sagt Kraft. Aber wie soll man durch real existierende Wohnviertel Verkehrsachsen schlagen?

Noch ist nicht viel passiert. Zwischen B2 und Heinersdorfer Straße blickt man nach wie vor vor allem auf Ackerland. Auf der Landstraße zwischen Blankenburg, Malchow und Heinersdorf kommt man aber auch am Golf Resort Berlin Pankow vorbei sowie am ehemaligen Campus der HTW – zu DDR-Zeiten auch bekannt als Bauernuniversität – und an der seit 2009 leer stehenden Kaserne, in der einst eine Volkspolizei-Kompanie stationiert war.

Seit Anfang des Jahres ist die Howoge Eigentümerin dieses rund 11 Hektar großen Kasernengeländes. „Aus Gründen der Verkehrssicherheit wird das Grundstück zur Zeit beräumt und die Bestandsgebäude werden abgerissen“, sagt Sabine Pentrop, Pressesprecherin der Howoge, eines der sechs kommunalen Wohnungsunternehmen Berlins. Bis zum Herbst sollen diese Arbeiten abgeschlossen sein.

"Die Verkehrssituation zwischen Heinersdorf und Buch ist defizitär"

Das Areal zwischen Heinersdorf und Blankenburg rückt nicht zum ersten Mal in das Blickfeld der Stadtentwickler. Während alle bisherigen Pläne wieder in der Schublade verschwunden sind, soll es dieses Mal etwas werden. Deshalb gibt es das offene Beteiligungsverfahren. „Wir stehen wirklich erst am Anfang“, sagt Jochen Lang, Abteilungsleiter für Wohnungsbau in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. „Aber wir sehen dieses Projekt auch als Anlass, um zuerst die Probleme von heute zu lösen.“

Dabei geht es vor allem um den Verkehr. „Die Verkehrssituation zwischen Heinersdorf und Buch ist defizitär. Das ist seit Langem bekannt“, sagt auch Wolfram Kempe (Die Linke), Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und Öffentliche Ordnung der BVV Pankow. „Hier stehen die Autos in der Rushhour Stoßstange an Stoßstange und man muss teilweise für die Strecke von Heinersdorf nach Blankenburg eine Stunde einplanen.“ Aufgrund der Bauarbeiten entlang der S-Bahn-Strecke kommt es auch immer wieder zum stauanfälligen Schienenersatzverkehr zwischen den Bahnhöfen Blankenburg und Buch.

Erschwerend kommt hinzu, dass die B 2 saniert werden muss, ebenso die A114 sowie zahlreiche Brücken entlang der Nord-Süd-Achse. Außerdem fehlt in Blankenburg ein Autobahnanschluss und weiter nördlich ein Anschluss für Buch und Karow an die A10. So zwängt sich der gesamte Berufsverkehr entlang der Blankenburger Chaussee über die Heinersdorfer Straße oder zwischen den Baustellen über die Pasewalker Straße. Vor allem die Doppelkreuzung zwischen Blankenburger Pflasterweg, Heinersdorfer Straße und Bahnhofstraße ist ein Nadelöhr, das nicht nur nach Ansicht der Blankenburger Arbeitsgemeinschaft Stadtentwicklung aufgelöst gehört. Zumal anstehende Arbeiten der Berliner Wasserbetriebe zu weiteren Baustellen führen werden.

Deutsche Bahn kann zur Lösung noch nichts beitragen

„Dass die vorhandenen wenigen Nord-Süd-Achsen zum Teil deutlich über ihre Kapazitäten belastet sind, zeigen die alltäglichen Staus in der Dorflage Blankenburg, der Dorflage Malchow, dem Zentrum Heinersdorfs sowie an und um die Autobahnanschlussstelle Bucher Straße. Und auch auf der S-Bahn-Linie S 2 kommt es regelmäßig zu überfüllten Zügen“, heißt es in einem gemeinsamen Antrag von CDU und FDP vom 1. März, der die Pankower BVV dazu auffordert, sich bei der Senatsverwaltung für „die gemeinsame Erstellung eines großräumigen Verkehrskonzeptes für die gesamte Region des Pankower Nordostraumes (inklusive der Stadt-Umland-Verkehre)“ einzusetzen.

Die Deutsche Bahn AG kann zur Lösung der diversen gordischen Knoten noch nichts beitragen. So bleiben die Probleme zunächst auf der Strecke. „Leider können wir uns zu dem Thema nicht äußern“, teilt Bahnsprecher Gisbert Gahler, Regionalbüro Kommunikation Berlin (GNK (B)), mit. „Das schließt nicht aus, dass unsere Infrastruktur- und Verkehrsunternehmen unterstützend mitwirken.“

Gewohnt auskunftsfreudig und lösungsorientiert gibt sich Berlins Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner (Grüne): „Der Vollanschluss an die Autobahn in Buch kommt“, sagt er kurz und bündig. Ebenso seien weitere Entlastungsvorhaben in der Planung oder bereits in der Umsetzung. „Wir koordinieren auch die Sanierungsmaßnahmen an der A114 und der B2 und haben die Bauarbeiten an der A114 auf 2018 verschoben, damit wir während der Sperrung der S2 Platz lassen können für den Schienenersatzverkehr.“

Eine Trassenführung für die Tram zu finden, wird nicht einfach sein

Außerdem soll der öffentliche Personennahverkehr gestärkt werden. „Untersuchungen zur Verlängerung der Tram M 2 laufen gerade und Planungen für die Buslinie 54 haben begonnen“, sagt Kirchner und versichert, dass die verschiedenen Fachreferate in der Senatsverwaltung eng zusammenarbeiten. Die BVG hat aber noch keinen Plan. „Entscheidungen zu Erweiterungen des Streckennetzes obliegen dem Land Berlin“, teilt Markus Falkner, Pressesprecher der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) auf Anfrage mit. Das Land bestelle auch das Angebot.

„Teilweise liegen Grundstücke im Weg, die anders genutzt werden“, sagt Roland Schröder (SPD), stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und Öffentliche Ordnung der BVV Pankow. Auch sei es eine Herausforderung, eine Trassenführung für die Tram zu finden, die das neue Quartier an die S-Bahn anbinden soll. „Eventuell müssen in der Erholungsanlage Blankenburg Parzellenbesitzer einige Meter abgeben,“ sagt er. Stadtplaner Martin Runge von der AG Stadtentwicklung Blankenburg ist schon einen Schritt weiter. „Es bleibt abzuwarten, ob das alles ohne Enteignungen gehen kann – auch wenn das sicherlich das letzte politische Mittel sein wird.“

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