Virus schwächt Konjunktur: Hinter den Kulissen arbeiten die Konzerne an Corona-Notfallplänen
Offiziell sehen deutsche Firmen keinen Anlass zu neuen Maßnahmen. Doch ein Ausbruch hierzulande hätte dramatische Folgen. Der BDI wendet sich an die Politik.
Die deutsche Wirtschaft schaltet nach dem Corona-Ausbruch in Italien in den Krisenmodus. „Die deutsche Industrie fordert ein koordiniertes wirtschaftspolitisches Vorgehen der Bundesregierung“, sagt Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Die Auswirkungen des Virus seien in Ausmaß und Dauer derzeit überhaupt nicht einzuschätzen. „Neben dem Gesundheitsschutz muss die Politik ab sofort das wirtschaftliche Krisenmanagement in den Fokus nehmen.“
Eine aktuelle Studie des Instituts für Weltwirtschaft in Köln (IW) untermauert die Sorgen des BDI. „Die deutsche Wirtschaft wird über Nachfrage-, Vorleistungs- und Gewinnausfälle in Mitleidenschaft gezogen“, schreiben die Forscher in einer Studie, die der Nachrichtenagentur Reuters am Montag vorlag.
Bisher ging das IW davon aus, dass die hiesige Konjunktur 2020 um 0,9 Prozent anzieht. „Das werden wir nicht halten können“, sagte IW-Konjunkturchef Michael Grömling. Grund seien zum einen revidierte Daten zum Bruttoinlandsprodukt. „Das hängt aber auch mit dem Coronavirus zusammen.“ Er sorge für zusätzliche Unsicherheit.
Nofallpläne hinter den Kulissen
Auch die Konzerne sind sensibilisiert. Die meisten Dax-Unternehmen haben eine Task Force eingerichtet, die sich um Maßnahmen zur Prävention und potentielle Schritte im Falle eines Ausbruchs auch in Deutschland kümmert. Noch verweisen Firmen wie beispielsweise BMW offiziell nur auf die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Hygiene- und Verhaltensregeln.
Der Berliner Modehändler Zalando teilt auf Nachfrage mit, dass man stünde mit dem betriebsärztlichen Verbund, dem Auswärtigen Amt sowie dem Robert Koch Institut im Austausch. Geschäftsreisen nach Italien oder in andere Risikogebiete sollten vermieden werden. Lieferungen in die betroffenen Regionen gebe es auch nicht.
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Doch hinter den Kulissen werden in vielen Firmen längst verschiedene Szenarien durchgespielt. Schließlich würde ein Ausbruch in Deutschland vermutlich dazu führen, dass hunderte Arbeitnehmer nicht an ihren Arbeitsplatz kommen können. Wo es geht, wollen Unternehmen versuchen, dieses Problem mit Home-Office zu lösen. Konkrete Notfallpläne behalten allerdings alle Konzerne für sich und verweisen darauf, dass diese Szenarien noch lediglich spekulativ seien.
Primark-Kollektionen können sich verspäten
Besonders betroffen ist laut dem Branchen-Experten Ferdinand Dudenhöffer die deutsche Automobilindustrie. Denn 35 Prozent der Fahrzeuge von VW, Daimler und Co. gehen nach China, wo die Nachfrage wegen des Virus’ eingebrochen ist. Dudenhöffer erwartet einen globalen Rückgang von 2,7 Millionen Fahrzeugen im Vergleich zum Vorjahr. Das wären 7,5 Millionen weniger als im Rekordjahr 2017 vor den Handelskonflikten zwischen den USA und China.
Doch unterbrochene Lieferketten werden auch in anderen Branchen zum Problem. So warnte die Modekette Primark wegen des Coronavirus vor Lieferengpässen bei einigen Kollektionen im Laufe des Jahres; 40 Prozent der Primark-Produkte kommen aus China.
Die Lage wird so ernst bewertet, dass sogar positiven Meldungen nicht getraut wird. So stieg der Ifo-Geschäftsklimaindex im Februar überraschend an; Volkswirte hatten mit einem starken Rückgang gerechnet. Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer ist sich dennoch sicher: „Die Epidemie dürfte die Industrierezession in Deutschland um ein paar Monate verlängern.“
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