Umstrittenes Monsanto-Pestizid: Hersteller und Bundesinstitut sollen Krebsrisiken von Glyphosat verheimlicht haben
Umweltschützer haben Strafanzeige gegen den Pestizidhersteller Monsanto und das Bundesinstitut für Risikobewertung gestellt. Sie sollen Krebsrisiken von Glyphosat verschleiert haben.
Umweltschutzorganisationen aus ganz Europa, darunter das Umweltinstitut München, haben Strafanzeige wegen Betruges gegen den US-Chemiekonzern Monsanto, das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) gestellt. Sie sollen bei der Bewertung des umstrittenen Pestizids Glyphosat Studien bewusst falsch ausgelegt haben, um die Wiederzulassung des europaweit meist genutzten Pflanzenvernichtungsmittels zu ermöglichen.
„Die Pestizidhersteller haben diesen Studien bereits im Zulassungsantrag fälschlich methodische Fehler unterstellt. Das BfR hat diese Falschdarstellungen kritiklos übernommen“, sagte der Bremer Epidemiologe und Gutachter Eberhard Greiser am Donnerstag. „Mein Eindruck ist, dass auf diese Weise praktisch alle epidemiologischen Studien, die der Wiederzulassung von Glyphosat im Wege stehen, systematisch aussortiert wurden.“
Die WHO stuft Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" ein
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission verhandeln seit mehreren Monaten über die erneute Zulassung des Breitbandpestizids. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte Glyphosat Anfang des Jahres als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ eingestuft; Hersteller wie Monsanto und das BfR haben dieser Einschätzung widersprochen und das Pflanzenschutzmittel als „nicht krebserregend“ eingestuft.
Dabei hätten selbst von der Industrie eingereichte Krebsstudien mit Labormäusen signifikante Tumorfunde ergeben, über die auch das BfR informiert gewesen sei, sagte Gutachter Greiser am Donnerstag. Er verwies zugleich auf eine öffentlich zugängliche Untersuchung aus dem Jahr 2001, wonach der Kontakt mit Glyphosat bei schwangeren Frauen zu einem erhöhten Fehlgeburtsrisiko in der zweiten Schwangerschaftshälfte führen kann.
Krebserregende Wirtstoffe sind in der EU verboten
Laut den EU-Vorgaben für die Zulassung von Pestiziden müssen Pflanzenschutzmittel verboten werden, wenn sie nachgewiesenermaßen onkogenes Potenzial haben, also Krebserkrankungen hervorrufen können. Wird in zwei voneinander unabhängigen Tierstudien Krebs nachgewiesen, darf der Wirkstoff in der EU nicht zugelassen werden. Im Fall von Glyphosat sei das klar gegeben, sagte Greiser.
Die EU-Kommission will Mitte Mai über die weitere Zulassung des Pflanzenschutzmittels entscheiden. Das Europa-Parlament hat bereits dafür gestimmt, die Nutzung des Wirkstoffs für weitere sieben Jahre zu gestatten. Zudem forderten die Abgeordneten weitere Informationen über mögliche gesundheitlichen Folgen des Herbizids. Forderungen von Grünen und Teile der Linken, die Zulassung gar nicht zu erneuern, fand damit keine Mehrheit. Allerdings ist das Votum des EU-Parlaments für die Entscheidung der Kommission nicht bindend.
In Deutschland werden 40 Prozent der Ackerflächen mit Glyphosat behandelt
Nach Angaben des Europaparlaments ist der weltweite Verbrauch von Glyphosat in den vergangenen Jahrzehnten um das 260-Fache angestiegen - von 3200 Tonnen im Jahre 1974 auf 825.000 Tonnen im Jahre 2014. In Deutschland werden etwa 40 Prozent der Ackerfläche mit glyphosathaltigen Pflanzengiften behandelt. Wie sich Deutschland bei der Abstimmung über eine Neuzulassung verhalten wird, ist noch nicht klar.