Unkrautvernichter von Monsanto: Glyphosat steht überraschend auf der Kippe
Die erneute Zulassung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat wird aller Voraussicht nach vertagt. Einige Länder haben offenbar mehr Vorbehalte als erwartet.
Die Debatte der Europäischen Union (EU) über die weitere Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat ist Insidern zufolge ins Stocken geraten. Entgegen bisheriger Erwartungen werde bei den laufenden Beratungen nicht mehr mit einer Genehmigung gerechnet, sagten zwei EU-Vertreter am Montag. Die Entscheidung falle nicht in dieser Woche, sondern werde vertagt. Hintergrund sei, dass Frankreich Widerstand angekündigt habe.
Die Beratungen sollen heute weitergehen
Die EU-Kommission erklärte, die Beratungen würden am Dienstag fortgesetzt. Über das Ergebnis könne noch nichts gesagt werden. Bisher war damit gerechnet worden, dass die EU-Staaten trotz heftiger Proteste von Umweltschützern Anfang dieser Woche die Verwendung des weit verbreiteten Stoffes für weitere 15 Jahre billigen würden. Vorangegangen war ein Streit zwischen verschiedenen Behörden: Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hatte im November erklärt, Glyphosat sei wohl nicht krebserregend. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) war derselben Ansicht. Dagegen hatte die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO zuvor davon gesprochen, dass Glyphosat beim Menschen wahrscheinlich Krebs auslösen kann.
Agrarminister Schmidt erwägt Einschränkungen für Hobbygärtner
Ursprünglich hätte die Entscheidung in dem Brüsseler Fachausschuss schon am Montag fallen sollen. Die EU-Kommission hatte den dort vertretenen Experten der EU-Mitgliedstaaten bereits Ende Februar empfohlen, die weitere Nutzung von Glyphosat durchzuwinken. Doch offenbar gibt es immer mehr Länder, die der erneuten Zulassung kritisch gegenüberstehen oder zögern, sich festzulegen. Das erforderliche Quorum kam daher am Montag nicht zustande. Mehrere Staaten hätten noch nicht über ihre Position entschieden, hieß es aus Diplomatenkreisen.
Zu den Unentschlossenen zählt offenbar auch die Bundesregierung. Die Abstimmung zwischen den Ressorts laufe noch, sagte eine Sprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums am Montag. Grundsätzlich sollte sich aus Sicht von Minister Christian Schmidt (CSU) die Politik nicht an die Stelle der Wissenschaft stellen, die keine unvertretbaren Risiken festgestellt habe. Schmidt prüfe aber, ob es bei diesem Pflanzenschutzmittel „für Profis“ Einschränkungen für den privaten Gebrauch geben könnte.
Glyphosat wird weltweit auf Feldern und in Gärten eingesetzt
Glyphosat ist das deutschland- und weltweit am meisten verkaufte Pestizid und wird sowohl in der konventionellen Landwirtschaft als auch in privaten Kleingärten verwendet. Laut Bundesregierung werden allein in der Bundesrepublik pro Jahr etwa 5000 bis 6000 Tonnen des Pflanzenschutzmittels ausgebracht.
Etwa 40 Prozent der Ackerfläche werde in Deutschland mit glyphosathaltigen Pflanzengiften behandelt. Der Giftstoff tötet Unkraut, und zerstört so die Nahrungsgrundlage für Bestäuberinsekten wie Bienen und Schmetterlinge. Hersteller wie der US-Konzern Monsanto verdienen mit Glyphosat Millionen.
Die Wirkung auf den Menschen ist nicht eindeutig erwiesen
Welche Wirkung das Mittel auf den Menschen hat, ist bislang nicht eindeutig erwiesen. Spuren des Wirkstoffes wurden bei diversen Untersuchungen vor allem privater Forschungsinstitute sowohl in Lebensmitteln wie Bier, aber auch im menschlichen Urin nachgewiesen.
Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), eine zur Weltgesundheitsorganisation WHO gehörende Behörde, kam im Frühjahr 2015 zu dem Ergebnis, dass Glyphosat beim Menschen „wahrscheinlich krebserregend“ ist. Dagegen kamen die Efsa und das Bundesinstitut für Risikobewertung zu dem Schluss, das Mittel stelle keine Gefahr für die Gesundheit von Menschen dar.
Die Wirkungsstudien von Marktführer Monsanto sind geheim
Dieser Meinung ist man auch beim Glyphosatproduzenten Monsanto. Der Weltkonzern ist nach eigenen Angaben Marktführer bei der Herstellung von Glyphosat und macht knapp ein Drittel seines Gesamtumsatzes mit dem Pflanzenschutzmittel. Die Entwicklung eines solchen Stoffes dauere im Schnitt zehn bis zwölf Jahre und koste die Unternehmen rund 250 Millionen Euro, sagte Monsanto-Manager Thoralf Küchler dem Tagesspiegel. Für die Lizenz zur Herstellung des Herbizids wie auch im Vorfeld der Wiederzulassung habe das Unternehmen eigene Studien über die gesundheitlichen Risiken des Mittels für Mensch und Tier angestrengt.
Auf welchen wissenschaftlichen Methoden diese Untersuchungen beruhen und wer in die Studie involviert war, wird vor der Öffentlichkeit geheim gehalten. Doch auch das BfR beruft sich bei seiner Stellungnahme zur Wirkung von Glyphosat auf Industriestudien. Kritiker wie der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und Wissenschaftler aus aller Welt halten das für problematisch. Sie fordern uneingeschränkte Transparenz.