Entscheidung des BGH: Geldabheben am Schalter darf extra kosten – aber nicht zu viel
Immer neue Gebühren lässt sich die Kreditwirtschaft einfallen. Der BGH urteilte nun, dass am Schalter nur tatsächlich entstandene Kosten kassiert werden dürfen.
Die Nullzins-Ära macht allen zu schaffen. Banken suchen nach zusätzlichen Einnahmequellen, ihre Kunden wiederum versuchen, in Zeiten der Nullverzinsung ihrer Ersparnisse nicht auch noch mit steigenden Gebühren belastet zu werden. Oft müssen deshalb Gerichte entscheiden.
Die Frage, ob zusätzliche Kosten für das Abheben des eigenen Geldes am Schalter rechtens sind, hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) geklärt. Zwar dürften Banken und Sparkassen fürs Abheben und Einzahlen am Schalter grundsätzlich eine Extra-Gebühr kassieren, urteilten die obersten Zivilrichter. Diese darf aber nur so hoch sein wie die tatsächlich entstandenen Kosten.
Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale gegen die Sparkasse Günzburg-Krumbach in Bayern, die pro Buchung am Schalter je nach Kontomodell einen oder zwei Euro verlangt und zwar zusätzlich zum monatlichen Grundpreis. Zwar sei das Geldabheben am Automaten kostenfrei, doch könne man dort nur maximal 1500 Euro pro Tag abheben, argumentieren die Kläger: Der Betroffene habe damit in seinem Kontomodell keine Möglichkeit gehabt, kostenfrei und auf einen Schlag an sein Geld zu kommen.
Vor den bayerischen Gerichten war die Klage bisher erfolglos geblieben. Betroffen von den Gebühren sind laut Kläger vor allem auch ältere Kunden, die häufiger den persönlichen Service am Schalter bevorzugen.
Für Bankkunden ist das Urteil des BGH zunächst eine Verschlechterung. Denn früher hatten die Richter die Linie vertreten, dass eine Gebühr fürs Abheben am Schalter nur zulässig ist, wenn fünf Transaktionen im Monat kostenlos möglich sind. 2009 hat sich allerdings die Rechtslage geändert. Seither darf für jeden Zahlungsdienst ohne Einschränkung ein Entgelt verlangt werden. Das setzten der BGH mit seinem Urteil nun um.
Das Oberlandesgericht (OLG) München muss die Klage der Wettbewerbszentrale gegen die Günzburger Sparkasse trotzdem in Teilen neu verhandeln: Es muss klären, ob die Sparkasse mit diesen Gebühren tatsächlich nur ihre Kosten deckt. Dass von einigen Kunden ein Euro und von anderen zwei verlangt werden, könnte dagegen sprechen, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Ellenberger. Ist die Gebühr zu hoch, wäre die Klausel im Preisverzeichnis unwirksam. Kunden könnten ihr Geld zurückfordern.
Gebühren sind an der Tagesordnung
Transaktionen mit menschlicher Hilfe und in bar sind in der Kreditwirtschaft generell teuer: Inzwischen verlangen die meisten Banken, Volksbanken und Sparkassen nicht nur – je nach Kontomodell – eine Gebühr für das Abheben an Automat oder Schalter, sondern auch fürs Einzahlen von Barem auf das eigene oder – meist noch teurer – auf ein fremdes Konto. Die Commerzbank etwa kassiert dafür 1 Promille von der Geldsumme, aber mindestens 6,50 Euro, die Volksbank Bremen knöpft Cash-Kunden sogar 7,50 Euro ab.
Wer sogar auf die Idee kommt, nicht Scheine, sondern eine Sammlung von Münzen auf das eigene Konto einzuzahlen, muss meist 5 bis 10 Euro dafür hinblättern – zusätzlich zu den normalen Kontoführungsgebühren. Nicht nur der Bargeld-Bezug, sondern insgesamt alle Buchungen oder Daueraufträge, die nicht selbstständig online, sondern bei einem Mitarbeiter des Kreditinstituts aufgegeben werden, gehen fast überall ordentlich ins Geld.
Die Berliner Volksbank etwa kassiert pro Buchung in der Filiale oder am Telefon 1,50 Euro, ebenso wie die Deutsche Bank, die ihre Gebühren hier im Vergleich zu älteren Kontomodellen auf 1,50 Euro verdoppelt hat. Bei der Berliner Sparkasse kosten Aufträge per Telefon oder beim Berater sogar bis zu zwei Euro. Obwohl die Leitzinsen bei null liegen, langen einige Banken auch bei den Kreditzinsen kräftig zu. So verlangt just die jetzt beklagte Sparkasse Günzburg für Privatkredite bis 50.000 Euro bei bis zu 60 Monaten Laufzeit Sätze von bis zu 14,27 Prozent. Die Umlaufrendite, Spiegel der Zinssätze unter vier Jahren, steht aktuell aber bei minus 0,3 Prozent.
Im vergangenen Herbst hatte jede zweite Bank angekündigt, weiter oder erneut an der Gebührenschraube drehen zu wollen. Wegen der Zinsebbe seien die Spreads zwischen Soll- und Habenzinsen so gering, dass immer weniger zu verdienen sei. Deshalb müsse man die Kosten für die Kunden erhöhen. Ein weiteres Argument der Kreditinstitute: In Deutschland sind die Bankgebühren im internationalen Vergleich eher niedrig.
Bei französischen Banken beispielsweise kosten Transaktionen am Schalter oft drei bis vier Euro pro Vorgang, für Kredit- und Debitkarten werden häufig Grundgebühren von 200 Euro und mehr pro Jahr abgerechnet. In Österreich liegen die Grundkosten oft höher, zudem berechnen manche Banken Stundensätze von 100 Euro und mehr für Dienstleistungen, die über die reguläre Kontoführung hinausgehen.
Auslandsüberweisungen gehen ins Geld
Auch in Deutschland nehmen Einfallsreichtum und Kassierlust der Kreditwirtschaft zu. Einige Institute, gerne solche mit Günstig-Image, erfanden zuletzt zusätzliche, völlig neue Gebühren. So knüpft etwa die DKB den gerne beworbenen kostenlosen Bargeldbezug nun an eine Summe: Wer weniger als 50 Euro abhebt, muss die „Mini-Bargeld-Option“ buchen, zum Preis von 15 Euro pro Monat. Bei der ING Diba schlägt die „Kleinbetrags-Option“ mit zehn Euro zu Buche. Auch Vergesslichkeit ist teuer: Wer seine PIN vergessen hat und die Kreditkarte oder Debitkarte mit einer neuen PIN aktivieren will, zahlt bei der Berliner Sparkasse dafür 7,50 Euro. Nicht zuletzt greifen die Kreditinstitute kräftig zu, wenn ihre Dienste zwingend notwendig sind.
So lassen sich Banken Änderungen der Finanzierungskonditionen bei einer Immobilie im Fall einer Scheidung teuer bezahlen. Wird etwa einer der Ehepartner aus einer Finanzierung entlassen oder die Hypothek auf den anderen übertragen, dann kostet dies je nach Konstellation und Darlehenssumme leicht 1000 bis 1200 Euro, hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in einem Marktcheck festgestellt. Bescheidenere Geldinstitute kamen auch mit 100 Euro aus.
Aus dem Vollen schöpfen viele Banken und Sparkassen auch bei Überweisungen, die in ein Land außerhalb der Eurozone gehen. Wer beispielsweise die polnische Ferienwohnung in Zloty bezahlen möchte oder Pfund nach Großbritannien überweisen will, muss bei Summen von 1500 Euro beispielsweise mit Gebühren von mindestens 30 Euro rechnen. Auch beim Basiskonto, das seit 2016 auch Menschen mit sehr wenig Geld oder schlechter Schufa zusteht, langen einige Institute zu.
Nach einer Untersuchung des Internets-Portals Biallo verlangen hier 200 Banken und Sparkassen Gebühren von mehr als 100 Euro pro Jahr. Im Schnitt müssen Menschen mit sehr wenig Geld pro Jahr 72 Euro für ihr Konto zahlen, während Girokonten sonst durchschnittlich 57 Euro kosten. Gleichzeitig zeigen Berechnungen des Beratungsunternehmens PwC, dass deutsche Banken im Privatkundengeschäft zu den Schlusslichtern gehören: Sie erwirtschaften rechnerisch mit 159 Euro pro Kunde nur 35 Prozent dessen, was Schweizer Banken erzielen und nur 50 Prozent im Vergleich zu italienischen Häusern. (mit dpa)
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