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Mobile Berater sollen den Wegfall von Filialen bei der Berliner Sparkasse kompensieren.
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Geldinstitut: Berliner Sparkasse schließt neun Filialen

Die Berliner Sparkasse spart sich weitere Filialen. Als Ersatz will das Institut mobile Berater losschicken - zum Beispiel in Gemeindezentren oder Pflegeheimen.

Eine Schalterhalle, Stehpulte, Besprechungsecken. All das war früher aus einer Sparkasse nicht wegzudenken und wird nun ersetzt: durch einen einzelnen Schreibtisch mit Telefon und Laptop. Nicht überall in der Stadt, aber doch hier und dort. Auf diese Weise will die Berliner Sparkasse kompensieren, dass sie künftig an noch weniger Standorten vertreten sein wird: Nachdem das Institut 2016 bereits zehn Zweigstellen geschlossen hat, macht die Sparkasse in diesem Jahr weitere neun dicht. Das kündigte Tanja Müller-Ziegler, die im Vorstand für das Privatkundengeschäft zuständig ist, am Dienstag an. Die Zweigstelle am Hackeschen Markt fällt demnach ebenso weg wie die in Wannsee. Geldautomaten sollen an den Standorten allerdings erhalten bleiben.

Müller-Ziegler erklärt das so: Statt an Filialen festzuhalten, die kaum noch besucht werden, will sie dorthin gehen, wo die Kunden sind. In die Nachbarschaftszentren, Gemeindehäuser, selbst in Pflegeheime. Stunden- oder tageweise soll dort ein mobiles Einsatzteam einen roten Schreibtisch aufstellen und Fragen von Kunden beantworten. An diesem Tisch soll man dann auch ein Konto eröffnen, seine Adresse ändern oder Geld vom Sparbuch aufs Girokonto umbuchen lassen können. Zum selben Zweck wird die Sparkasse auch noch einen Bus einsetzen, der bald auf Wochenmärkten oder belebten Plätzen in der Stadt halten soll: ein Modell, das man vom Land kennt, etwa aus entlegenen Ortschaften in Brandenburg. Dass das nun aber auch in der Hauptstadt nötig wird, überrascht.

Kunden kommen seltener in die Filiale

Zumal der Vorstoß ausgerechnet von der Sparkasse kommt, die wie kein anderes Geldinstitut verspricht, mit Filialen in der Nähe ihrer Kunden zu sein. Doch auch bei ihr muss sich diese Nähe rechnen. Was bringt eine Zweigstelle, wenn der Kunde sie nicht nutzt? 46.000 Girokonten sind den neun Standorten, die nun wegfallen, zugeordnet. Einen Termin mit dem Berater haben in diesen Filialen im letzten Jahr aber gerade einmal 15.000 Kunden gemacht – etwas mehr als ein Drittel. Müller-Ziegler meint deshalb, man müsse die Kunden heute anders ansprechen. Zum Beispiel am mobilen Schreibtisch oder im Internet.

Wie die meisten Institute hat auch die Berliner Sparkasse das Ziel ausgegeben, künftig mehr Kunden online beraten zu wollen. Wer noch kein Onlinebanking nutzt, soll es lernen. Flächendeckend will die Sparkasse ihren Kunden deshalb künftig kostenlose Workshops anbieten. In denen wird ihnen erklärt, wie sie online Geld überweisen oder über die App auf dem Smartphone ihre Umsätze abfragen. „Wir wollen die Kunden befähigen, sich selbst zu helfen“, sagt Müller-Ziegler.

Die Banken stehen derzeit unter Kostendruck

Dahinter steht weniger das Interesse, die Kunden fortzubilden – sondern ein Selbstzweck. Je mehr die Kunden eigenständig machen, desto günstiger wird das für die Bank. Wie andere Geldinstitute steht auch die Berliner Sparkasse unter enormen Druck. Die Europäische Zentralbank (EZB) hält die Zinsen nun schon Jahre niedrig, weshalb sich mit dem klassischen Geschäft – Kredite zu höheren Zinsen zu vergeben, als man Sparern zahlt – kaum noch Geld verdienen lässt.

Fast alle Institute erhöhen deshalb die Gebühren oder schließen Filialen. Die Deutsche Bank hat seit Herbst in Berlin 27 Zweigstellen dicht gemacht, 16 weitere fallen bis zum Jahresende weg. Die Regionalmarke Berliner Bank gibt der Konzern ganz auf. Und glaubt man Experten, ist das erst der Anfang. Der Chef der Commerzbank, Martin Zielke, schließt für sein Haus zwar Filialschließungen aus – kritisiert aber, es gebe bundesweit noch insgesamt 14.000 Bankfilialen zu viel. Auch Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret hält Filialschließungen für legitim. „Die Banken und Sparkassen müssen schauen, wo sie sparen können“, sagt er. „Dazu gehört, dass sie prüfen, wie viele Filialen und Zweigstellen sie noch brauchen.“

Genau das hat Müller-Ziegler getan. Wie viele Stellen dadurch bei der Sparkasse wegfallen, ist noch unklar. Das hängt davon ab, wie viele Mitarbeiter Angebote etwa für Altersteilzeit annehmen.

Fünf Filialen werden zu Vorzeige-Zweigstellen umgebaut

Müller-Ziegler sagt, sie wollte eine Lösung finden, die über die Filialschließungen hinaus geht. So hat sie etwa dafür gesorgt, dass das Kontaktcenter rund um die Uhr erreichbar ist: Wer Hilfe braucht, kann nun auch mitten in der Nacht bei der Sparkasse anrufen. Gleichzeitig hat sie ein Team aufgebaut, das Kunden per Chat und Video berät. Und: Sie hat sich Gedanken darüber gemacht, wie man die verbleibenden Filialen modernisieren kann. Dafür ist sie extra auf „Lernreise“ gegangen. In Spanien hat sie sich mit Kollegen ausgetauscht, wie man iPads in der Filiale einsetzen kann. In Singapur hat sie sich angeschaut, wie man in den großen Zweigstellen den Kundenandrang bewältigt.

Als Konsequenz will Müller-Ziegler nun bis zu fünf Zweigstellen zu Flagship-Filialen umbauen lassen. Los geht es am Alexanderplatz und an der Karl-Marx-Straße. Um schneller den passenden Berater zu finden, sollen Kunden dort bald angeben, warum sie da sind – und zwar noch bevor sie sich in die Schlange stellen. Ob all das reicht oder nicht auch noch einige der verbleibenden 100 Filialen schließen müssen, kann Müller-Ziegler derzeit nicht sagen. Das hänge auch davon ab, wie gut die mobilen Schreibtische bei den Kunden ankämen.

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