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Streik um jeden Preis? Auch im Kreis der Gewerkschaften ist der Kurs von GDL-Chef Claus Weselsky (r.) umstritten.
© dpa

Streit unter Gewerkschaften: GDL legt sich mit allen an

Rund 100 Stunden Streik bei der Bahn machen deutlich: Den Lokführern geht es nicht nur um höhere Löhne. Mit ihrer kompromisslosen Haltung macht sie die GDL auch im Gewerkschaftslager keine Freunde.

Warten. Fahrgästen der Deutschen Bahn ist dies eine durchaus vertraute Tätigkeit. Dass sie nun ab Donnerstag 100 Stunden warten sollen, liegt jedoch höchstens zur Hälfte am Staatskonzern. Mit ihrem Streik stellt die Lokführergewerkschaft GDL nicht nur die Bahn vor Probleme, sie bringt Reisende zur Verzweiflung und die Wirtschaft in Rage. Sie überspannt auch den Bogen in den eigenen Reihen. Die kompromisslose Haltung von GDL-Chef Claus Weselsky, der eine nach Angaben der Bahn unterschriftsreife Abmachung am Sonntag offenbar in letzter Sekunde scheitern ließ, provoziert selbst besonnene Gemüter im Lager der Arbeitnehmervertreter.

Der in Gewerkschaftskreisen als versöhnlich geltende DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann äußerte sich ungewohnt deutlich. Im aktuellen Streitfall gehe es der GDL darum, dass sie ihre Zuständigkeit von den rund 20.000 Lokführern auf die etwa 17.000 Zugbegleiter ausweiten wolle. Dort sei jedoch die EVG eindeutig Mehrheitsgewerkschaft. „Bei Lokführern soll die GDL verhandeln. Bei allem übrigen Bahnpersonal bleibt es dabei, da ist die EVG zuständig“, erläuterte Hoffmann die Position des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in der ARD.

Nahles ergänzt Gesetz zur Tarifeinheit

Vordergründig geht es derzeit im Tarifstreit bei der Bahn um höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten für die Lokführer. Tatsächlich aber ringen die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) darum, wer künftig die Arbeitnehmerinteressen gegenüber dem Staatskonzern maßgeblich vertreten darf. Hintergrund ist das Bemühen von großer Koalition und DGB, ein Gesetz zur Tarifeinheit zu schaffen.

Nach den Plänen von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll künftig der Grundsatz „Ein Betrieb, ein Tarif“ gelten. Sie will damit verhindern, dass Spartengewerkschaften wie die GDL bei der Bahn oder die Vereinigung Cockpit bei der Lufthansa ganze Betriebe lahmlegen können. Vor dem Hintergrund der Arbeitskämpfe bei der Bahn und der Lufthansa ergänzte Nahles unterdessen das geplante Gesetz um einen Absatz, in dem ausdrücklich auf die Befriedungsfunktion eines Tarifvertrages hingewiesen wird. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, der der jüngste Entwurf vorliegt. Das Kabinett soll den Gesetzentwurf am 3. Dezember billigen.

Unterstützung erfährt die GDL vom Deutschen Beamtenbund (DBB). Angesichts dessen, was die Bahn zuletzt als Tarifvertrag vorgeschlagen habe, sei es „völlig nachvollziehbar, dass Herr Weselsky das nicht unterschreiben kann“, sagte der DBB-Vorsitzende Klaus Dauderstädt der „FAZ“. Die Bahn fordere „eine Art Unterwerfungserklärung“. DGB-Chef Hoffmann betonte, er setze sich dafür ein, „gemeinsam im Rahmen einer Tarifgemeinschaft zu vernünftigen Lösungen zu kommen“. Das habe Weselsky abgelehnt – „zu meinem Entsetzen“.

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