Batterien für die Elektromobilität: Es gibt zu wenig Zellen
In Europa entstehen zusätzliche Batteriekapazitäten. Asiatische Hersteller halten die deutschen Maschinenbauer dabei außen vor.
Der deutsche Maschinenbau ist Weltklasse. Meistens. Bei der Batteriezellenfertigung ist die Tüftler-Branche indes kaum vertreten, Asiaten bestimmen das Geschäft. Dabei wäre für den europäischen Batteriemaschinenbau ein globaler Marktanteil von 30 Prozent möglich, glaubt der Branchenverband VDMA. Wenn es bloß endlich Referenzprojekte gäbe. Derzeit liegt der Marktanteil eher bei null Prozent, obwohl in Europa gegenwärtig einige Zellfabriken aufgestellt oder geplant werden: Die koreanischen Firmen LG Chem, Samsung und SKI bauen in Polen und Ungarn, die chinesische CATL schafft sich eine erste europäische Produktion in der Nähe von Erfurt und die schwedische Northvolt plant eine große Anlage in Nordschweden sowie gemeinsam mit VW eine Zellenfabrik in Salzgitter. Das neueste Projekt haben am Freitag Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Opel-Chef Michael Lohscheller vorgestellt: eine Batteriezellenfertigung in Kaiserslautern.
Die Politik investiert Milliarden
Vor allem die Politik macht Druck und nimmt viel Steuergeld in die Hand, um die Industrie auf einen Markt zu locken, auf dem eine Handvoll asiatischer Hersteller die Spielregeln diktiert. Bis Mitte des Jahrzehnts haben sich VW, Mercedes und BMW jeweils mit zweistelligen Milliardenbeträgen Zellen für die Batterien gesichert. Und dann?
Es gibt Schätzungen, wonach 2025 bis zu 100 Gigawattstunden (GWh) an Kapazität in Europa fehlt. Das entspricht etwa zwei Millionen Elektroautos in der Mittelklasse, die dann nicht gebaut werden könnten. Von der Planung bis zum Beginn der hochkomplexen Produktion dauert es rund vier Jahre. Also müssen in absehbarer Zeit Entscheidungen für Produktionswerke getroffen werden, damit es in fünf Jahren ausreichend Zellen gibt.
Auch Northvolt kauft in Asien
Wo bereits Produktionsanlagen in Europa errichtet werden, fehlen Maschinen von deutschen Herstellern. Die asiatischen Zellenkonzerne vertrauen auf ihre bewährten Lieferanten aus der Heimat. Und der Neuling Northvolt aus Stockholm bestellt lieber bei der chinesischen Lead oder der japanischen Hirano, weil diese Firmen Erfahrungen haben, die den deutschen Maschinenbauern fehlen. Das ist bitter, denn als Voraussetzung für eine geschlossene Wertschöpfungsstruktur inklusive Zellenfertigung gilt der deutsche Maschinen- und Anlagenbau.
„Die Ansiedlung einer Batteriezellenproduktion in Deutschland bietet die Chance, die Kompetenz der hier ansässigen Unternehmen (zum Beispiel Materialhersteller, Maschinen- und Anlagenbauer) und Forschungseinrichtungen eng zu verknüpfen und so eine möglichst vollständige Abdeckung der Wertschöpfungskette Batterie zu erreichen.“ So steht es in der „Roadmap integrierte Zell- und Batterieproduktion“ der Nationalen Plattform Elektromobilität aus dem Jahr 2016. Viel passiert ist seitdem nicht. Die deutsche Industrie kommt nur langsam in Schwung, obwohl sich Zellenengpässe abzeichnen.
Selbst Manz kommt nicht zum Zuge
Das Unternehmen mit der größten Maschinenbauexpertise für Zellen ist die Manz AG aus Reutlingen. Vor einigen Jahren machte Manz mit einer hochmodernen Anlage für Apple in Tübingen in der Szene Furore. Es blieb bei einer Pilotfertigung. Bei den derzeitigen Fabrikprojekten in Ost- und Nordeuropa ist Manz nicht zum Zuge gekommen. Auch deshalb hat das börsennotierte Unternehmen vor wenigen Wochen eine Kooperation mit der Shenzen Yinghe Technology geschlossen. „Ich bin überzeugt davon, dass wir durch diesen Schritt unsere Ausgangssituation bei der Auftragsvergabe für künftig zu realisierende Projekte deutlich verbessert haben“, glaubt Manz-Vorstandschef Martin Drasch. Mithilfe des chinesischen Partners könne man den Kunden „das komplette Technologiespektrum zur Herstellung von Lithium-Ionen- Batteriezellen aus einer Hand anbieten“.
2000 Jobs in der Pfalz
Womöglich funktioniert das bei dem deutsch-französischen Konsortium Saft und PSA/Opel, das sowohl in Frankreich als auch in Kaiserslautern mithilfe staatlicher Förderung Zellen herstellen möchte. Von einem „Airbus für Batterien“ spricht Präsident Emmanuel Macron und bringt damit die industriepolitische Relevanz auf den Punkt. In Nordfrankreich entsteht eine Zellenfabrik und ebenso in Kaiserslautern; die Politik verspricht allein in der Pfalz rund 2000 Arbeitsplätze.
Keine Zölle auf chinesische Maschinen
Vielleicht kommen Manz/Yinghe auch noch mit Northvolt ins Geschäft. Die Schweden bauen gerade eine Pilotanlage in der Nähe von Stockholm – mit asiatischen Maschinen. Northvolt wollte in Brüssel erreichen, dass chinesische Maschinen von Importzöllen befreit werden. Für die Pilotfertigung mit einer Kapazität von 0,5 GWh kam der Antrag zu spät, doch für die Gigafactory in Nordschweden mit geplanten 40 GWh könnte es ebenso klappen wie für das Joint-Venture mit VW in Salzgitter (mindestens 15 GWh). Bis März können Anträge zur Aussetzung der Zölle in Brüssel eingereicht werden. Das wäre pikant: Die EU fördert Batteriezellenanlagen als „Important Projects of Common European Interest“ mit Milliarden und erleichtert gleichzeitig den Import asiatischer Maschinen, weil europäischen Herstellern die Ausstattung der Fertigungslinien nicht zugetraut wird.
Grohmann arbeitet nur für Tesla
Und wenn sie können, dann dürfen sie nicht: Der Maschinenbauer Grohmann aus der Eifel wurde vor drei Jahren von Tesla übernommen und arbeitet seitdem ausschließlich für Elon Musk. Tesla bestand auf Exklusivität und Grohmann musste fast 30 Millionen Euro ausgeben für Aufhebungsvereinbarungen mit Kunden, deren Aufträge nicht abgewickelt wurden. Trotzdem gibt es genug zu tun für die Grohmänner, die sich inzwischen mit mehr als 1000 Mitarbeitern auf die Ausrüstung des Tesla-Werks bei Berlin vorbereiten. So kommt der deutsche Maschinenbau unter einem US-Logo immerhin in Brandenburg ins Geschäft.