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"This is not economy" kritisiert auch die Lehre an den Universitäten.
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„This is not Economy“: Dieses Buch verkauft esoterische Gemeinplätze als revolutionäre Ideen

Christian Felbers neues Buch liest sich wie die Persiflage einer Fundamentalkritik der „Mainstream-Ökonomie“. Leider meint er es ernst. Eine Rezension.

Glaubt man dem Autor Christian Felber, steckt die ökonomische Theorie in einer tiefen Krise: Fehlende Prognosefähigkeit, gestriges Mainstream-Denken an Universitäten oder ökonomische Politikberatung, die zur Marktradikalität führe, lauten Felbers Vorwürfe in seinem aktuellem Buch „This is not Economy“ oder noch verkürzter: Die ökonomische Disziplin schadet der Gesellschaft.

Sie predige den Kapitalismus des späten 19. Jahrhunderts (Neoklassik), behauptet er, hofiere einen gefühlskalten Nutzenmaximierer – den Homo oeconomicus – und blende jedwede plurale Theorie aus, folglich auch alle gesellschaftlichen Strömungen außerhalb der Märkte wie Genderfragen oder ökologische Nachhaltigkeit.

Felbers Buch liest sich wie die Persiflage einer Fundamentalkritik der „Mainstream-Ökonomie“. Leider meint er sein missbilligendes Sammelsurium ökonomischer Theorie in fünf Kapiteln ernst. Neben grundsätzlichen, kritischen Reflexionen der – seiner Meinung nach – eindimensionalen Ökonomie, wie der Fetischisierung mathematischer Modelle, der Ablehnung interdisziplinärer Ansätze oder Egoismus als Methode, prangert er die Unvereinbarkeit der Ökonomie mit nachhaltiger ökologischer Entwicklung an.

Nicht jeder ist ein Altruist

Hätte sich Felber, selbst kein Ökonom, mit der ökonomischen Lehre tatsächlich beschäftigt, wüsste er, dass das Einpreisen negativer Effekte wie Umweltverschmutzung bereits seit 1920 durch A. C. Pigou („The Economics of Welfare“) berücksichtigt wird - und heute umso mehr. Gerade heute wird die Pigou-Steuer nicht nur in der Mikroökonomie gelehrt, sondern neben Instrumenten wie der CO2-Steuer oder dem Emissionshandel auch politisch angewandt. Auch entstehen mehr Professuren und Institute im Rahmen der ökologischen Ökonomik, wie die Professur für Biodiversitätsökonomik an der Universität Leipzig. Dies – und das reflektiert nur einen der zahlreichen Widersprüche des Buches – widerlegt Felbers Vorwurf der „Interdisziplinaritätsresistenz“.

Ein weitere Schwäche des Buches ist das wohlfeile Herumreiten Felbers auf dem gefühlskalten Modell des Homo oeconomicus, der quasi über Leichen gehe, nur um den eigenen Nutzen zu maximieren. Der Homo oeconomicus ist in der Ökonomie aber nur eine Modellannahme, die keinesfalls ständig Anwendung findet. Ließe man ihn aber völlig außer Acht, wären alle Menschen Altruisten und niemand bräuchte Gesetze oder die Polizei. Im zweiten Teil attestiert er der herrschenden Lehre eine „radikale Amnesie“ und prangert Anomalien wie Ethikferne und Konfusion an. So wirft Felber der heutigen Volkswirtschaftslehre vor, sich von dem durch Aristoteles geprägten Begriff der „oikonomia“ entfernt zu haben, also mit Besitz sinnvolle Zwecke zu erreichen. Stattdessen werde eher eine Art „Chrematistik“ gepredigt, also die Lehre der persönlichen Bereicherung. Dies widerspricht fundamental dem Facettenreichtum der heutigen ökonomischen Forschung.

Klar, auch der Wirtschaftsnobelpreis ist böse

Später kehrt Felber zurück zu konkreten ökonomischen Disziplinen, wie der Politischen Ökonomie, die in ihrer eigentlichen semantischen Bedeutung politisches Verhalten und Entscheidungsprozesse analysiert. Ein seit Langem gängiger ökonomischer Teilbereich, der sich für Felber darin erschöpft, den Wirtschaftsnobelpreis als „PR-Coup“ selbstgefälliger Ökonomen zu deklassieren. Felber scheint nicht zu wissen, dass die weltweit bedeutendste ökonomische Auszeichnung in den vergangenen Jahren häufig an Armutsforscher, Verhaltensökonomen, Allmendeforscher oder Institutionenökonomen verliehen wurde. Auch die deutschen Ökonomenrankings werden von forschungsstarken Wissenschaftlern wie dem Schweizer Ernst Fehr angeführt, einem empirischen Verhaltensökonom, der zu Fairness, menschlicher Kooperation oder Sozialität forscht.

Dass er dann auch noch die Wachstumsdoktrin der ökonomischen Disziplin und das Entweder-Oder von Markt und Staat kritisiert, kann kaum noch überraschen. Besonders seltsam wird es allerdings, wenn fehlende Kooperationen zwischen Staat und Markt in der Theorie angeprangert, in der Praxis aber Modelle öffentlich-privater Partnerschaften, besonders in der Daseinsvorsorge, von Gesinnungsgenossen mit Vehemenz bekämpft werden.

Gesinnungsethische Kritik

Ein erhobener moralischer Zeigefinger, der weder der Realität entspricht, noch die Zusammenhänge erkennt. Das Kapitel schließt mit Behauptungen und Pseudowahrheiten, dass öffentliche Unternehmen bei Sozial- und Mitbestimmungsstandards sowie Genderfragen privaten deutlich überlegen sind. Allerdings hat eine Studie der Zeppelin Universität Friedrichshafen ergeben, dass die Frauenquote in öffentlichen Betrieben unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Marke von 30 Prozent liegt. Der fünfte und letzte Teil des Buches illustriert schließlich Alternativen zur herrschenden Lehre. Alternativen, die es in Teilen bereits lange gibt oder solche, die eher der Esoterik zuzuordnen sind.

Auch stilistisch ist das Buch zähflüssig. Dies liegt einerseits an revolvierenden, moralisierenden Vorwürfen, andererseits am inflationären Gebrauch von Gendersternchen bei jedweder Beschreibung menschlicher Professionen. „Genus is not sexus!“, möchte man mit Blick auf den Buchtitel ausrufen.

Was bleibt nach der Lektüre? Richtige und notwendige Kritikpunkte gehen im Buch unter, weil sie kontextlos in einer Kaskade banaler Allgemeinplätze stehen. „This is not Economy“ – in der Tat. Mit der ökonomischen Realität in Theorie und Praxis hat das Buch wenig zu tun. Der Autor debattiert esoterische Gemeinplätze von gestern als revolutionäre Ideen von morgen. Das Buch will anders sein, aufrütteln, Missstände anprangern. Es erschöpft sich jedoch in einer gesinnungsethischen Kritik der ökonomischen Theorie. Dies ist im besten Falle redundant, zumeist aber überholt und unzutreffend.
Christian Felber: „This is not Economy – Aufruf zur Revolution der Wirtschaftswissenschaft“, Deuticke Verlag, 2019, 304 Seiten, 22 Euro.
Der Autor dieser Rezension, Dr. Oliver Rottmann, ist Vorstand des Kompetenzzentrums öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge an der Universität Leipzig.

Oliver Rottmann

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