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Münzen vor Pflanze: Bei nachhaltigen Geldanlagen wächst im idealen Fall nicht nur das Vermögen.
© imago images/tuk69tuk

Mehr als umweltfreundlich: Dieses Buch erklärt, wie Geld nachhaltig angelegt werden kann

Immer mehr Menschen setzen auf grüne und sozialverträgliche Spar- und Investitionsangebote. Wie das gelingen kann, zeigt ein neuer Ratgeber. Eine Rezension.

Das eigene Geld sicher anlegen, vermehren und damit sogar Gutes tun – das ist das Ziel einer wachsenden Anzahl an Menschen. Nicht nur Rendite ist ihnen wichtig, sondern auch die nachhaltige Verwendung ihres Geldes. Laut Angaben aus dem Marktbericht 2020 des Forums Nachhaltige Geldanlagen stiegen etwa Privatinvestitionen in nachhaltige Fonds allein im Jahr 2019 um 96 Prozent, verdoppelten sich also fast.

Doch was verbirgt sich überhaupt hinter den Zauberworten „nachhaltige Geldanlage“? Und was muss man beachten, wenn man sein Geld in diesem Sinne verwenden will? Das neu erschienene Buch „Nachhaltig Geld anlegen. Ökologisch, sozial und ethisch investieren“ von Finanztest der Stiftung Warentest erklärt es.

Autor Wolfgang Mulke bietet einen großen Rundumschlag: von grundlegenden Definitionen über Bewertungskriterien bis hin zu konkreten Anlagevorschlägen und Musterdepots für verschiedene Anlagetypen. Gleich zu Beginn wird klar, dass das Thema weder einfach noch eindeutig ist.

Denn gibt es keine mustergültige Definition für nachhaltige Geldanlagen. Ein Ausschluss von fossilen Energien und Kinderarbeit kann ebenso zur Bewertung „nachhaltig“ führen wie der Ausschluss von Investitionen in Tabakherstellung oder Pornografie. So kommt es mitunter zu Zielkonflikten: Im Buch wird etwa das Beispiel von Nike angeführt.

Der Sportartikel-Hersteller wird von einem Fonds-Management aufgrund seiner Klimaschutzstrategie als nachhaltig eingestuft. Ein anderer Index wiederum kritisiert die Arbeitsbedingungen in den Lieferketten und bewertet Nike deswegen nicht als nachhaltig. Hier mahnt der Ratgeber, genau hinzuschauen – und die erwünschten Schwerpunkte für die eigene Anlage festzulegen. 

Warnung vor Greenwashing

Ein gesetzliches Siegel, was die Einordung erleichtern würde, gibt es nicht. Das bedeutet für die Person, die ihr Geld anlegen möchte, mehr Eigenverantwortung und Arbeit. Letzteres erleichtert das Buch: Gängige Bezeichnungen wie ESG-Kriterien – die für Umweltverträglichkeit, soziale Aspekte und verantwortungsvolle Unternehmensführung stehen („Environmental“, „Social“, „Governance“) – werden ebenso erklärt wie das Vorgehen der Ratingagenturen und die Kriterien der Nachhaltigkeits-Bewertung von Finanztest.

Der großen Haken wird dabei ausführlich behandelt: Die meisten Bewertungen beruhen auf den Angaben, die Unternehmen selbst zum Thema Nachhaltigkeit angeben. Vor Greenwashing, bei dem sich Unternehmen umweltfreundlicher darstellen, als sie es eigentlich sind, warnt das Buch eindringlich.

Der Ratgeber führt einen durch den Dschungel an vorhandenen Siegeln und Selbstverpflichtungen. Und er gibt Hilfestellung, wie man mit eigener Recherche einen Überblick bekommen kann. Außerdem ermöglicht er, die eigene Prioritätensetzung in die Hand zu nehmen, etwa mit einer eingefügten Checkliste. Dort können Leserin und Leser wichtigste Ausschlusskriterien sowie bevorzugte Geldanlagen ankreuzen.

Einzel-Porträts nachhaltiger Aktienfonds

Der Autor räumt mit dem Vorurteil auf, dass soziale und saubere Geldanlagen weniger Rendite bringen. Als Beleg wird etwa ein Finanztest-Vergleich von herkömmlichen und nachhaltigen Fonds angeführt. Der Vergleich zeigt, dass im Jahr vor Corona und im davon ausgelösten Crash nachhaltige Fonds in der Mehrzahl besser abschnitten als herkömmliche.

Nacheinander werden nachhaltige Fonds und Indexfonds, nachhaltige Zinsanlagen und nachhaltige Banken vorgestellt. Dabei bietet der Ratgeber auch Einzel-Porträts der aus Sicht von Finanztest besten ethisch-ökologischen Aktienfonds. Nicht nur die Grunddaten zu Risikoklasse, Rendite und Kosten werden hier aufgeführt, sondern auch hilfreiche Informationen zu unabhängigen Expert:innen-Gremien und bestehenden Nachhaltigkeitsbeiräten.

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Bei der Vorstellung der unterschiedlichen Anlageformen führt der Autor die klaren Empfehlungen von Finanztest auf, ohne dass dies dem Inhalt einen Abbruch tut: So werden etwa die Möglichkeiten von Direktinvestments, bei denen man sich die Umwege über Banken und Börsen spart, ebenfalls ausführlich vorgestellt, obwohl davon abgeraten wird. Tipps zur weitergehenden Recherche werden genannt, beziehen sich allerdings fast ausschließlich auf weitere Angebote aus der „Stiftung Warentest“-Familie.  

 Depots für alle Altersklassen

Welche Geldanlage würde der 55-jährige, gut bezahlte Michael wählen? Und welche die 27-jährige Lisa, die gerade ihren ersten Job nach dem Studium angenommen hat? Die im Buch aufgeführten Musterdepots für konkrete Lebenslagen sind besonders hilfreich für Menschen, die noch keine Expert:innen beim Thema Geldanlage sind.

Das letzte Kapitel ist der nachhaltigen Altersvorsorge gewidmet. Die darin enthaltenen Ausführungen zur Riester-Rente wirken kurz nach Erscheinen des Buches bereits insofern problematisch, als erst kürzlich wieder das Fortbestehen von Riester erheblich in Frage gestellt wurde und sich viele Anbieter zurückziehen wollen.

Dennoch: „Nachhaltig Geld anlegen“ bietet eine hilfreiche Lektüre für alle, die sich bislang kaum oder wenig mit nachhaltiger Geldanlage und Geldanlagen im Allgemeinen befasst haben. Gelegentlich liest sich der Ratgeber zwar etwas redundant. Das wiederum hat jedoch den Vorteil, dass sich die Leser:innen auch einzelne Kapitel herausgreifen können, die auch verständlich sind, wenn man nicht alles Vorherige gelesen hat.

Wolfgang Mulke: „Nachhaltig Geld anlegen. Ökologisch, sozial und ethisch investieren“, Stiftung Warentest, 2021, 192 Seiten, 19,90 Euro.

Anna Thewalt

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