Blackrock will Kapital umschichten: Wie ernst nehmen Geldgeber den Klimawandel?
Banken und Investoren wollen grüner werden. Auch der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock bekennt sich zum Klimaschutz. Kritikern geht das nicht weit genug.
„Jede Regierung, jedes Unternehmen und jeder Anleger muss sich mit dem Klimawandel auseinandersetzen.“ Das fordert nicht etwa Greenpeace – sondern Larry Fink: der Chef der weltweit größten Vermögensverwaltung Blackrock.
In einem Brief hat er die Vorstände deutscher Konzerne jetzt dazu aufgerufen, ihre Geschäftsmodelle umzubauen. Sie müssten mehr gegen den Klimawandel tun. Andernfalls riskieren sie, dass Investoren ihnen langfristig den Geldhahn zudrehen. Fink drückt das natürlich diplomatischer aus. Er schreibt, die Konzerne müssten sich auf eine „beträchtliche Umschichtung von Kapital vorbereiten“.
Das Schreiben des Blackrock-Chefs zeigt ein grundsätzliches Umdenken bei den große Geldgebern. Der US-Investor will sich nun zum Beispiel von Aktien der Kohleproduzenten trennen – etwas, was bislang nur einzelne Versicherer wie die Allianz getan haben.
Klar ist dabei: Hinter dieser Entscheidung steht kein neu entdecktes Umweltbewusstsein, sondern die Angst vor dem Folgen des Klimawandels auf das eigene Geschäft. So kündigte Blackrock nun zum Beispiel auch an, Umweltrisiken künftig bewusst als Anlagerisiken einstufen zu wollen.
Finanzaufseher drängen darauf bereits länger. Denn auch Geldgeber und Banken kann der Klimawandel empfindlich treffen. So müssen sie im Zweifel zum Beispiel mit Verlusten rechnen, wenn sie in ein Unternehmen investieren, das in einer Region aktiv ist, die besonders durch Extremwetter oder einen Anstieg des Meeresspiegels gefährdet sind. Bei Rohstoff- und Immobilienpreisen kann es aufgrund von Extremwettern ebenfalls Marktverwerfungen geben.
Mehr Anleger wünschen sich "grüne" Finanzprodukte
Dazu kommt, dass auch das Interesse der Anleger steigt, ihr Geld nachhaltig zu investieren. Bislang ist das aber gar nicht so einfach, weil jeder etwas anderes unter grünen Finanzanlagen versteht. Die EU arbeitet deshalb bereits an einer allgemeingültigen Definition, Experten sprechen von der sogenannten Taxonomie.
Erst kurz vor Weihnachten ist den Mitgliedsstaaten dabei einen Durchbruch gelungen. Streit hatte es zuvor darüber gegeben, ob auch Atomkraft als nachhaltig eingestuft werden kann, wie es Frankreich verlangt hatte.
Nun soll sie allenfalls übergangsweise akzeptiert werden. Als grün soll eine Anlage laut EU vielmehr gelten, wenn ein Unternehmen sich aktiv für den Klimaschutz engagiert und gleichzeitig nicht in einem anderen Bereich der Umwelt schadet. Investitionen in Kohle haben die Mitgliedsstaaten kategorisch ausgeschlossen. Vollständig greifen werden die Regeln jedoch erst 2022.
Dass solche Vorgaben dringend nötig sind, zeigen gleich mehrere Untersuchungen. Denn trotz den Selbstverpflichtungen, wie sie nun auch Blackrock formuliert hat, haben Investoren und Banken bislang in der Praxis kaum reagiert.
So hat die britischen Denkfabrik Influence Map Ende vergangenen Jahres zum Beispiel analysiert, wie die 15 größten Banken und Vermögensverwalter der Welt die Gelder ihrer Kunden anlegen. Die Mehrheit von ihnen investiert demnach noch immer Milliarden in die Auto-, Strom- und Erdölindustrie.
Banken wollen nach eigenen Angaben nachhaltiger investieren
Dabei haben sich erst im vergangenen Herbst 130 Banken zu den neuen UN-Prinzipien für ein verantwortliches Bankgeschäft bekannt. Die Institute, die für ein Drittel des weltweit verwalteten Kapitals stehen, haben damit auch unterschrieben, sich an dem Pariser Klimaabkommen zu orientieren.
Aus Deutschland sind die Commerzbank, die Deutsche Bank, die GLS Bank und die Landesbank Baden-Württemberg dabei. Die Krux an der Sache: Die Verpflichtung ist freiwillig und ob die Institute sie am Ende einhalten, wird nicht kontrolliert.
Was ihre konkreten Vorhaben angeht, gibt es unter den Banken zudem erhebliche Unterschiede. Das hat das World Resources Institute, eine amerikanische Denkfabrik, herausgefunden. Die Wissenschaftler haben dafür die Selbstverpflichtungen der 50 größten Geschäftsbanken miteinander verglichen.
Demnach hat sich bislang nur die Hälfte von ihnen nachhaltige Finanzziele gesetzt. Und im Detail fallen die sehr unterschiedlich aus. Während die einen bewusst zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele beitragen wollen, haben andere einen sehr engen Fokus und konzentrieren sich zum Beispiel rein auf Erneuerbare Energien.
Manche Banken wollen zudem nur bei der Kreditvergabe aktiv werden, während andere bei allen Finanzdienstleistungen ansetzen.
Die Selbstverpflichtungen seien zwar meist spezifiziert und messbar, auch berichten drei Viertel der Institute darüber oder wollen das tun. Doch fast alle Institute versäumen dabei, ihre Messmethoden offen zu legen, bemängeln die Forscher.
So könnten weder die Banken ihre Leistungen mit denen von Vorreitern vergleichen, noch könnten Kunden oder Aktionäre sie zur Rechenschaft ziehen: „Wenn Banken ihre Methoden nicht veröffentlichen, ist es unmöglich, ihre Berichte vollständig zu interpretieren“, schreiben die Wissenschaftler vom World Resources Institute in ihrer Untersuchung.
Sie fordern deshalb: „Wie brauchen nicht nur größere und mehr Bekenntnisse, sondern bessere Versprechen.“ Aus der Finanzierung fossiler Energieträger auszusteigen, reiche nicht. Die Institute müssten auch offenlegen, wie sie ihre Nachhaltigkeit messen und so sicherstellen, dass sie ihre Zusagen einhalten.
Vorreiter sind die Banken aus den Niederlanden
Dass das durchaus möglich ist, haben die Banken in den Niederlanden vorgemacht. Dort haben sich bereits 2015 mehrere Institute zusammengeschlossen, um gemeinsam Methoden zu entwickeln, wie man den ökologischen Fußabdruck einer Bank ermitteln kann.
Konkret geht es um die Frage, wie viel CO2 die Unternehmen ausstoßen, denen sie Kredite gewähren. Banken, die sich dem sogenannten Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF) anschließen, verpflichten sich zudem dazu, den auf diese Weise ermittelten CO2-Ausstoß zu veröffentlichen.
Was als rein niederländisches Projekt begonnen hat, ist inzwischen international akzeptiert. Auch aus den USA und Kanada machen Banken mit. Aus Deutschland haben bislang lediglich die Umweltbank und die GLS Bank unterschrieben, die ohnehin ein nachhaltiges Geschäftsmodell verfolgen.
Womöglich ändert sich das, wenn mit Blackrock der größte Vermögensverwalter der Welt reagiert. Schließlich hat er für seine Kunden sieben Billionen Dollar investiert. In seinem Schreiben sagt Blackrock-Chef Fink jedenfalls voraus: Es werde früher als erwartet zu einer „fundamentale Umgestaltung der Finanzwelt“ kommen.