Vom Schuhverkäufer zum Tech-Konzern: Die neuen Ziele der Zalando-Chefs
Mode online verkaufen? Zalando will mehr: Die Berliner investieren in neue Plattformen, suchen Personal und wollen vor allem eines: weiter wachsen.
Schön, wenn neue Geschäftsmodelle gleich einen praktischen Nutzen abwerfen – und den Ehefrieden retten. So wie bei David Schneider, einem der drei Chefs des Berliner Onlinehändlers Zalando. Auf der Suche nach Neuem probiert der börsennotierte Konzern inzwischen auch Kooperationen mit ganz normalen kleinen Läden aus, etwa dem Streetfashion-Shop Bodycheck am Alexanderplatz. Zalando-Kunden können jetzt auch dort Hoodies, T-Shirts oder Schuhe bestellen, ganz normale Ware aus dem ganz normalen Ladensortiment. Geliefert wird umgehend. Ein Vorteil, wenn man wie Schneider auf den allerletzten Drücker noch dringend ein Geburtstagsgeschenk für seine Frau braucht.
Drei Milliarden Euro Umsatz, 10.000 Mitarbeiter
„Schrei vor Glück“, die Zeiten, in denen Zalando ausschließlich Schuhe an überwiegend weibliche Kunden ausgeliefert hat und mit schrillen TV-Spots für sich werben musste, sind lange vorbei. Acht Jahre nach der Gründung ist das einstige Start-up erwachsen geworden, sagte Vorstandsmitglied Rubin Ritter am Freitag in Berlin. Drei Milliarden Euro Umsatz (plus 33 Prozent) hat der Online-Versender im vergangenen Jahr gemacht und will weiter wachsen. 20 bis 25 Prozent sollen es jährlich sein, in fünf bis sechs Jahren will Ritter die Zehn-Milliarden-Euro-Marke knacken. Obwohl Zalando der führende Online-Fashion-Anbieter in Europa ist, liegt der Marktanteil, den die Berliner am gesamten Modemarkt in Europa haben, nämlich noch unter einem Prozent. Mode ist nach wie vor ein stationäres Geschäft, Zalando will das ändern – und nimmt dafür Geld in die Hand. 200 Millionen Euro wollen die Berliner in diesem Jahr investieren, etwa in den neuen Zalando-Campus, der in Mitte entsteht und 2018 – zum zehnjährigen Geburtstag – fertig sein soll. Und in neue Köpfe. Knapp 10.000 Mitarbeiter hat Zalando derzeit, davon 1200, die nur an der Technik feilen. „Wir suchen weltweit nach Talenten“, sagt Technikchef Philipp Erler – für die Technikzentrale am Alex, aber auch für die zwei neuen, 2015 eröffneten Technologiestandorte in Helsinki und Dublin.
Die Zalando-Vorstandschefs haben ehrgeizige Ziele. In ihrem Online-Shop bieten sie rund 150.000 Produkte von mehr als 1500 verschiedenen Marken an, doch die Berliner wollen mehr sein als nur Verkäufer. Sie feilen an einem neuen Plattform-Modell, mit dem sie bereits im vergangenen Jahr begonnen haben und das nun peu à peu ausgebaut werden soll. „Wir bringen Menschen und Mode zusammen“, sagt Vorstandsmitglied Robert Gentz. Von einem reinen Verkaufskanal will sich Zalando zu einem Komplettanbieter für Hersteller, Werbeagenturen, Stylisten und Verbraucher entwickeln – mit unterschiedlichen Angeboten.
Firmen wie Adidas und Nike machen schon jetzt Gebrauch von der Möglichkeit, ihren eigenen Internetauftritt auf der Zalando-Seite zu designen. Zalando übernimmt für diese „Brand-Shops“ Lieferung und Bezahlung.
Modehersteller können aber auch die neuen Partnerprogramme nutzen und zusätzlich zu ihrem normalen, bei Zalando erhältlichen Sortiment Ware verkaufen. Den Versand erledigen die Firmen dann selbst, Zalando kümmert sich um die Bezahlung. Oder der „Zalon“: Hier können sich Kunden von Stylisten individuell einkleiden lassen – mit Klamotten aus dem Zalando-Kosmos. Mit „Zalando Media Solutions“ bieten die Internethändler ihren Markenpartnern und Werbetreibenden zudem eine Plattform, um auf den Shop-Webseiten und Apps zu werben.
Zalando-Chef Ritter: Wir sind profitabel
Die Entwicklung vom Händler zum Tech-Unternehmen soll Zalando nicht nur zukunftsfest, sondern auch dauerhaft profitabel machen. Lange hat man nichts verdient: Hohe Anlaufkosten und viele Retouren haben Zalando in den ersten Jahren in die roten Zahlen rutschen lassen. „Das Geld war aber gut investiert“, sagt Ritter heute. 2015 hat Zalando einen Vorsteuergewinn von 107,5 Millionen Euro erwirtschaftet – und will trotz der geplanten Investitionen auch in diesem Jahr Profit machen. An der Börse kamen die guten Absichten jedoch nicht so recht an, die Aktie gab am Freitag nach.
Im September versucht sich Zalando zudem erstmals als Messeveranstalter. Die Modemesse Bread&Butter, die jetzt zum Internetkonzern gehört, soll von einer Fachmesse zum Publikumsevent umgebaut werden. Mit Festivals, Shows, Musik und der Möglichkeit, dem Geschehen auch via Internet zu folgen, soll die Messe, die vom Flughafen Tempelhof in die Arena verlegt worden ist, auch einem ureigenen Zalando-Bedürfnis dienen: die Lust am Shopping zu wecken.
Heike Jahberg
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