Auch Faulpelze wollen gut gekleidet sein: Modisches Phlegma
Zalando stellt seine neue Plattform “Zalon” vor. Hier muss man beim Onlineshopping nur noch klicken, den Rest übernehmen Stylisten und Paketlieferservice.
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr – sich selbst richtig anziehen, für Viele auch jenseits des Kleinkindalters eine äußerst große Herausforderung. Das glauben zumindest viele pfiffige Geschäftsgenies und Startupper. Die Berliner Unternehmen Modomoto oder Outfittery zum Beispiel, stehen ratlosen Herren zur Seite. Letzterer Stylingservice wirbt sogar mit dem äußerst frechen Slogan "Echte Männer lassen shoppen". Autsch. Von denen scheint es allerdings reichlich zu geben, von jenen "echten Männern", die sich vor Boutiquen und Einkaufszentren fürchten. Schließlich betreut der Stylistenservice Outfittery laut dem Onlinemagazin GründerSzene im dritten Jahr nach Firmengründung bereits mehr als 100.000 ahnungslose Männer und wurde so zum "Startup des Jahres 2012" erkoren. Auch der größte Konkurrent Modomoto hält sich bereits seit 2011 am schnelllebigen Onlineversand-Markt.
Bei Zalon wird auch phlegmatischen Einkäuferinnen geholfen
Jetzt zieht auch Zalando nach: Am Dienstagabend stellte Europas größter digitaler Modehändler sein Format Zalon im Berliner Hotel De Rome vor. Das Prinzip ist ähnlich wie bei Outfittery oder Modomoto, die Zielgruppe fällt bei Zalando aber etwas größer aus. Hier können sich nämlich nicht nur Männer, sondern auch stilistisch desorganisierte Frauen online beraten lassen. Die gibt es anscheinend auch.
Los geht’s mit einer Fragerunde, die das persönliche "Stilprofil" erfassen soll. Der Kunde bekommt einige Models in verschiedenen Outfits vorgesetzt und entscheidet über Buttons, ob er das Gezeigte "gut" oder eben "nicht gut" findet. Ein bisschen eigene Entscheidungsgewalt ist eben auch bei der Online-Stilberatung gefragt. Anschließend legt man seine Lieblingsfarbe fest und entscheidet, welche Marke man niemals tragen würde. Im nächsten Schritt entscheidet man sich noch mal gegen etwas – gegen "V-Ausschnitt", "Sandalen" oder "Karierte Hemden" etwa. Wann man für seinen persönlichen Stylisten am besten erreichbar ist und wie viel Geld für dessen Auswahl fließen darf, will Zalon auch noch wissen. Genauso wie Haar- und Hautfarbe, Körperform und Konfektionsgröße. Jetzt ist der Stylist dran.
Blau ja, V-Ausschnitte nein – Zalon setzt auf ein simples Stilprofil
Seine aus dem Stilprofil und einem persönlichen Beratungsgespräch resultierende Auswahl landet frei haus beim Online-Shopper – das ist die neue Art des Einkaufens, da waren sie sich am Dienstagabend in Berlin einig. Moderiert von WWD-Journalistin Melissa Drier wurde über die "Veränderung der Shoppingwelt durch das Internet" diskutiert. Als Stargast hatte der Creative Director von Zalando Chang Lin die New Yorker Stylistin Rebecca Weinberg geladen, die in ihrer Karriere zum Beispiel über den ein oder anderen Look der Erfolgsserie "Sex and the City" entschied. Durch die technologische Entwicklung und Social Media-Phänomene würden Stylisten immer mehr wahrgenommen, sagte sie, Online sei ein "tolles Tool zum Shoppen".
Schnell und einfach ist der digitale Kleiderkauf in jedem Fall. Wie viel persönlicher Stil tatsächlich in der letztendlichen Auswahl des Zalon-Stylisten steckt, das bleibt fraglich. Der eigentliche Witz der Mode – das selbstständige zusammen suchen, kombinieren, lieben und verwerfen der eigenen Garderobe, das auch mal schlecht angezogen sein – bleibt bei der Onlineberatung mehr oder minder auf der Strecke. Ein bisschen Eigeninitiative aber bleibt: Anziehen müssen sich Hans und Hänschen die Auswahl der Stylisten immer noch selbst.