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Weitermachen. Während die Mitarbeiter vieler Betriebe in Kurzarbeit geschickt wurden, sind die Azubis oft noch im Einsatz.
© Patrick Seeger/picture alliance

Azubis in der Coronakrise: Die Azubis bleiben an Board

Verschobene Prüfungen, geschlossene Berufsschulen, Kurzarbeit: Was das für Auszubildende heißt – und welche Rechte und Pflichten sie jetzt haben.

Von Laurin Meyer

Dienste an der Rezeption, Tischreservierungen entgegennehmen, Lagerbestellungen aufgeben: Normalerweise sind es Aufgaben wie diese, die Azubis des Berliner „25Hours-Hotel“ in ihrem Alltag erledigen. Doch das ist jetzt anders. Das Hotel ist für Touristen geschlossen, Mitarbeiter sind in Kurzarbeit oder machen unbezahlten Urlaub – nicht aber die Azubis. „Sie führen quasi das Hotel für uns und besetzen ganze Abteilungen selbstständig“, sagt Kathrin Gollubits, die Personalchefin der Hotelgruppe. „In diesen Zeiten teilen wir die anstehenden Aufgaben im Hotel unter den Azubis so auf, dass sie auch ohne die angestammten Mitarbeiter funktionieren.“ Für Fragen stehe den Auszubildenden an jedem Tag ein Ansprechpartner zur Verfügung.

Die Coronakrise stellt die Ausbildung auf den Kopf. Weil die Berufsschulen geschlossen sind, müssen Azubis in der eigentlichen Schulzeit in die Unternehmen. So will es das Berufsausbildungsgesetz. Doch viele der Unternehmen haben ihren Geschäftsbetrieb auf ein Minimum heruntergefahren, zahlreiche Beschäftigte sind in Kurzarbeit. Was also passiert mit der Ausbildung? Die muss weitergehen, sagt Elke Hannack, Vize-Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). „Die Betriebe sind per Gesetz dazu verpflichtet, alle Mittel und Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Ausbildung weiter zu gewährleisten.“

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin berät ihre Mitglieder deshalb dazu, wie sie die Lehre umstellen können. So sollen Betriebe etwa prüfen, ob sich Theoriemodule vorziehen lassen, wenn die unternehmerische Praxis zur Zeit nicht stattfindet. „Oder der Azubi wird mit praxisvorbereitenden Inhalten beschäftigt“, erklärt Jan Pörksen, IHK-Geschäftsführer für den Bereich Bildung und Beruf. In der Hotel- und Gastronomiebranche könnten das etwa Übungen zur richtigen Zusammenstellung von Menüs und Warenkörben sein. Eine Reihe von Unternehmen nutze die Zeit auch für besondere Ausbildungsformen wie Projektarbeit, sagt Pörksen.

Jetzt arbeiten die Azubis viel selbstständiger

Das 25Hours-Hotel zählt regelmäßig zu den besten Ausbildungsbetrieben der Hauptstadt, zuletzt wurde es von der IHK Berlin ausgezeichnet. Insgesamt 14 Azubis und dual Studierende lernen hier. Gollubits sieht in der unfreiwilligen Umstellung auch Vorteile für ihre Azubis: „Sie werden in Aufgaben und Bereiche einbezogen, in die sie im üblichen Hotelalltag eher wenige Einblicke erhalten und die sie in der heutigen Zeit selbstständiger durchführen dürfen“, sagt die Personalchefin. Die Ausbildungsinhalte würden dabei selbstverständlich berücksichtigt. Die Azubis sollen außerdem die Möglichkeit erhalten, an Online-Trainings teilzunehmen. Auch weiterhin haben sie in der Berufsschulwoche frei, damit sie diese Zeit für ein Selbststudium nutzen können, erklärt die Personalchefin.

„Die Berliner Oberstufenzentren (OSZ) handhaben den Ausfall sehr unterschiedlich“, sagt Pörksen von der IHK. Das OSZ Gastgewerbe sei sehr aktiv und stelle neben Aufgaben auch Erklärvideos ins Netz. Doch digitaler Unterricht scheint längst nicht die Regel zu sein. „Hier brauchen wir einen Digitalisierungsschub“, sagt Pörksen. „Die Politik kann sich nicht auf dem persönlichen Engagement der Leiter der Oberstufenzentren oder einzelner Lehrer ausruhen.“

Was, wenn man keine Abschlussprüfung machen konnte?

Weil die Berufsschulen geschlossen sind, finden auch erst einmal keine Prüfungen statt. Zwischentests wurden ersatzlos gestrichen, Abschlussprüfungen sollen nachgeholt werden. Doch wann, das ist derzeit völlig offen. Das Schreckensszenario: Der Ausbildungsvertrag läuft aus, ohne dass Azubis die Chance auf die Abschlussprüfung hatten. Der DGB rät deshalb allen, die am Ende ihrer Ausbildung sind, einen Antrag auf eine Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses zu stellen. Das geht bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens aber für ein Jahr. Auch bereits getroffene Übernahmezusagen bleiben laut DGB gültig, sofern diese in den letzten sechs Monaten der Ausbildung vereinbart worden sind.

Azubis sollten beachten: Fällt die Ausbildung oder der Unterricht längere Zeit aus und es gibt keine anderen Möglichkeiten, die Ausbildungsinhalte zu lernen, sollten sie das laut DGB in ihr Berichtsheft schreiben, das der Dokumentation der Geschehnisse und als Beweis diene.

Das Heft der Azubis im 25Hours-Hotel dürfte nach diesem Jahr dicker ausfallen als gewöhnlich. Ginge es nach dem Unternehmen, dann nicht wegen Ausfalls, sondern wegen der zusätzlich gesammelten Erfahrungen.

Mehr zum Arbeitsrecht für Azubis steht auf den Webseiten des Deutschen Gewerkschaftsbundes: https://bit.ly/34NAC7O

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