Gewinneinbruch bei Daimler: Die Autobranche ist in der Krise angekommen
Daimler muss die Dividende kürzen, die Gewinne sind eingebrochen. Analysten warnen, dass es auch den anderen Autokonzernen deutlich schlechter geht.
Die fetten Jahre der Autobranche sind offenbar vorbei. Neun Jahre lang hat Daimler die Dividende stabil gehalten oder sogar deutlich gesteigert. Nun aber muss der Stuttgarter Automobilkonzern seine Gewinnausschüttung an die Aktionäre kürzen. Die Dividende wird, wenn die Hauptversammlung zustimmt, um elf Prozent auf 3,25 Euro je Aktie sinken. Grund ist ein deutlicher Gewinneinbruch.
Hohe Kosten für die Fertigung und Einführung neuer Modelle und die Entwicklung von Elektroautos, stark gestiegene Rohstoffkosten und das aufwändige Zertifizierungsverfahren WLTP zur Bestimmung der Abgas-Emissionen habe zu jenem Gewinneinbruch geführt, heißt es. Die Aktie rutschte am Mittwoch auf gut 51 Euro ab, womit Daimler etwa 50 Prozent unter seinem Allzeithoch notiert. Das stammt aus dem Jahr 1998.
Schon über das Jahr 2018 hinweg mussten die Aktionäre der drei großen deutschen Automobilfirmen und ihrer Zulieferbetriebe, also VW, Daimler und BMW wie auch Conti, Kabelspezialist Leoni, Licht- und Elektronik-Hersteller Hella oder Anlagenbauer Dürr, immer wieder mit schlechten Nachrichten und sinkenden Kursen zurechtkommen.
Neben hohen Kosten und dem Imageverlust für den Diesel sorgen der Zollstreit und das schwächelnde China-Geschäft für geringere Gewinne. Bei Daimler kommt es binnen Jahressicht zu einem Kursminus von gut 25 Prozent, bei BMW sind es knapp 18 und bei VW fast zwölf Prozent. Conti taumelt bei 41 Prozent Minus, Dürr verlor 32 und Leoni 46 Prozent.
Noch schlechtere Ergebnisse als von Analysten befürchtet
Auch im Fünfjahresvergleich haben die Autowerte ihren Eignern keine Gewinne gebracht. Zwar lieferten die drei Großen zusammen weltweit 15,8 Millionen Fahrzeuge und damit mehr als je zuvor aus. Doch in Deutschland sank die Zahl der Neuzulassungen wegen der schwachen Diesel-Verkäufe leicht, zudem sinken die Margen. Daimler lieferte nun noch schlechtere Ergebnisse als von den Analysten befürchtet.
„Ein profitables Geschäft ist die Voraussetzung, um auch künftig in neue Technologien und Produkte investieren zu können“, erklärte der scheidende Konzernchef Dieter Zetsche. Daimler will in den kommenden beiden Jahren weiter je 7,5 Milliarden Euro investieren und neun Milliarden in Forschung und Entwicklung stecken. Zugleich soll effizienter gearbeitet und so die Kosten niedriger gehalten werden.
Probleme auch bei BMW und VW
Wie Daimler hatte auch BMW bereits im Vorjahr mit einer Gewinnwarnung die Anleger aufgeschreckt. Auch die Münchener nannten WLTP-Abgastests, den Dieselskandal und hohe Kosten für neue Technologien als Hauptgründe. Einen Gang zurückgeschaltet hatte auch VW, der Gewinn schrumpfte im dritten Quartal um ein Fünftel auf 3,5 Milliarden Euro. Vor allem die Konzernmarke Audi schwächelt, der Umsatz brach bereits 2018 in Europa um 14 Prozent ein, zusätzlich lähmten Streiks im ungarischen Werk in Györ die Produktion. Das neue Elektroauto Audi eTron soll nun eine Wende bringen. Die Ergebnisse des vierten Quartals veröffentlichen die Wolfsburger erst Anfang März.
Man sollte nicht die Kundschaft betrügen und glauben , keiner merkt´s. Nebenbei entstand ein immenser Schaden für den Ruf deutscher Qualität. Im Grunde ist die Marke 'Made in Germany' jetzt dort angekommen, wo sie ursprünglich herkam – bei einer Qualitätswarnung.
schreibt NutzerIn weissauchnicht
Für VW könnte vor allem der stotternde Markt in China zum Problem werden, glauben Analysten. Der Konzern verkauft fast die Hälfte seiner Fahrzeuge an chinesische Kunden. Doch erstmals seit zwei Jahrzehnten schrumpfte 2018 der Autoabsatz in China um sechs Prozent. Ob sich der Trend auch 2019 fortsetzt, ist strittig.
Gewinnwarnung von Toyota
Mit einer Gewinnwarnung verschreckte auch Toyota am Mittwoch seine Aktionäre. Ursache für den erwarteten 25-prozentigen Gewinnabschlag ist jedoch nicht das operative Geschäft, für das Toyota auch 2019 neue Rekorde erwartet, sondern Verluste mit Wertpapieren. Vor allem in China, dem inzwischen weltgrößten Automarkt, verbesserten die Japaner ihren Marktanteil zuletzt deutlich.
„Die deutsche Automobilindustrie ist mitten in der Krise angekommen“, sagt Jürgen Pieper von der Investmentbank Metzler Capital Markets. Er rechnet für das erste Halbjahr 2019 mit weiteren Warnungen. Die Gewinne, sagt Pieper, würden dieses Jahr vermutlich zehn Prozent unter jenen von 2018 liegen. In den Kursen seien schon viele schlechte Nachrichten enthalten, die Konzerne seien für die enormen Herausforderungen „ganz gut gewappnet“, vermuten hingegen die Experten von Barclay’s. Analystin Dorothee Cresswell setzte die Daimler-Aktie deshalb gestern von „verkaufen“ auf „halten“, mit einem Kursziel von 65 Euro.
"Eine Menge Aufräumarbeiten"
Andere Experten hingegen erwarten weiter sinkende Umsätze bei stark steigenden Kosten für die Umstellung auf Elektromobilität und neue Technologien wie Autonomes Fahren. Daimler etwa will bis 2020 allein zehn Milliarden Euro in den Ausbau der E-Flotte stecken und bis 2022 alle Modelle elektrifizieren. Das sei zwar gut für die Umwelt, sagt Dieter Zetsche, aber nicht gut für die Bilanz.
Viel zu tun also für Zetsches Nachfolger, Entwicklungschef Ola Källenius, wenn er im Mai den Vorstandsvorsitz übernimmt. Oder, wie ein Autoanalyst sagt: „Es gibt eine Menge Aufräumarbeiten zu tun.“
Veronika Czisi