EU-Rechnungshof kritisiert Subventionen: Die Agrarmilliarden, die dem Klima nicht helfen
Vieles, was als klimawirksam gilt, reduziert die Emissionen nicht, so ein Bericht. Es brauche Transparenz - und eine Verringerung der Tierbestände.
Für den Klimaschutz sind die Agrarsubventionen der EU praktisch wirkungslos. Das hat der Europäische Rechnungshof am Montag in einem Bericht kritisiert. Zwar galten laut EU rund ein Viertel aller Zahlungen in der Förderperiode von 2014 bis 2020 als klimawirksam. Diese 100 Milliarden Euro haben aber nicht zu einer Senkung der Emissionen geführt, bemängelt der Rechnungshof.
Viele Maßnahmen, die die EU als Beitrag zum Klimaschutz wertet, dienen in erster Linie dem Schutz der Artenvielfalt sowie der Wasser- und Luftqualität, schreiben die Prüfer. Der größte Verursacher von landwirtschaftlichen Emissionen aber blieb davon unberührt, nämlich die hohen Tierbestände. Für eine Verringerung habe es keine Fördermittel gegeben.
Laut Rechnungshof sind die Methanemissionen aus der Verdauung der Tiere sowie der Futteranbau für gut die Hälfte der Klimagase der Landwirtschaft in Europa verantwortlich. Und hier sind die importierten Futtermittel noch nicht einmal mitgerechnet, merkt der Rechnungshof an.
Allerdings sei es keine Lösung, nur den Tierbestand, aber nicht die Konsummuster zu verändern. Dann würde Fleisch aus anderen Weltgegenden mit eventuell sogar höherem ökologischem Fußabdruck importiert. Die EU könnte aber Geld in Kampagnen stecken, mit denen das Verbraucherverhalten beeinflusst würde. Und jeder Mitgliedsstaat habe ein Interesse, den Konsum von Fleisch und tierischen Produkten zu senken, weil die Klimaziele für 2030 steigen, hieß es bei der Vorstellung des Berichts.
Es gibt neuartige Konzepte für Moore
Falsche Anreize setzt die EU nach Ansicht des Rechnungshof bei der Wiedervernässung von Mooren. Sie machen zwar nur einen kleinen Teil der Agrarfläche in der EU aus, aber zusammen mit dem Umbrechen von Grasland zu Acker sind sie für 14 Prozent der Agraremissionen verantwortlich. Doch während die Landwirte Flächenprämien für trockengelegte Moore bekommen, sei das für wiedervernässte Flächen ausgeschlossen.
Dahinter steht ein inzwischen überholtes Denken, auf solchen Flächen sei keine ordnungsgemäße Landwirtschaft möglich. Doch Konzepte für eine neuartige Moorbewirtschaftung sind inzwischen ausgereift. Die angebauten Schilfpflanzen und Gehölze können beispielsweise als Bau- und Dämmstoff verwertet werden. Für eine Umstellung aber bräuchten die Landwirte die Sicherheit, dass sie langfristig gefördert werden, räumt der Rechnungshof ein.
Sein Bericht erscheint kurz vor der nächsten Verhandlungsrunde über die neue Förderperiode der EU-Agrarpolitik am Donnerstag. Dann sollte „mehr Gewicht auf die Verringerung landwirtschaftlicher Emissionen gelegt und transparenter gemacht werden, wie diese Politik zum Klimaschutz beiträgt“, forderte Viorel Stefan vom Europäischen Rechnungshof.
Kein Ergebnis bei den vergangenen Verhandlungen
Der Streit um die Nachvollziehbarkeit war zuletzt ein Grund für den Abbruch der Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Ministerrat über die Agrarpolitik in der Zeit von 2021 bis 2027. Das Europäische Parlament hatte gefordert, mit transparentem Zahlenmaterial zu ermitteln, welche Agrarausgaben klimarelevant sind. „Damit haben wir beim Rat auf Granit gebissen“, sagte die Verhandlungsführerin der sozialdemokratische Fraktion im Parlament, Maria Noichl. Der Ministerrat wollte wie die EU-Kommission die sogenannten Rio-Marker zur Berechnung heranziehen. Sie ordnen Fördermaßnahmen pauschal zu null, 40 und 100 Prozent als klimarelevant ein.
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Eine Verringerung der Tierbestände ist auch in der neuen Förderperiode nicht vorgesehen. Wohl aber könnten die Bedingungen für die Landwirtschaft auf wiedervernässten Mooren verbessert werden, indem sie künftig als förderfähig gelten..
Mehr Klimaschutz könnte auch mit den geplanten Umweltmaßnahmen der EU-Agrarpolitik einhergehen. Landwirte würden aus dem EU-Fördertopf beispielsweise Geld dafür bekommen, dass sie Flächen liegenlassen und nicht bewirtschaften, weil das Kohlenstoff bindet. Solche Formen der Landwirtschaft sollte die EU-Kommission stärker fördern, lautet eine Empfehlung der Prüfer.
Ankommen wird es demnächst auf die nationalen Strategiepläne für die Umsetzung der EU-Agrarpolitik, betonte Stefan. Erstmalig will die EU den Mitgliedsstaaten mehr Freiheit bei der Ausgestaltung der Agrarförderung lassen. Noch aber ist ungeklärt, wie viel Geld für die Umweltmaßnahmen im Topf sein wird. Das Parlament will 30 Prozent der Direktzahlungen dafür reservieren, der Ministerrat 20 Prozent. Auch zu diesem Streitpunkt müssen die Verhandelnden ab Donnerstag in Brüssel Einigkeit erzielen.