Deutschlands größtes Geldhaus in der Krise: Deutsche Bank trennt sich von 30.000 Kunden
Die Bank will Medienberichten zufolge der Hälfte ihrer Handels-Kunden kündigen. Neue Kunden werden künftig genau unter die Lupe genommen.
Deutsche Bank Co-Chef John Cryan lässt seinen Worten weiter Taten folgen. Medienberichten zufolge trennt sich das Institut von mehr 30.000 und damit der Hälfte ihrer Kunden im Handelsgeschäft und so von einem erheblichen Teil ihres Investmentbank-Geschäftes. Die Bank bestätigt dies auf Nachfrage nicht, allerdings hatte Cryan solche Maßnahmen bereits im Oktober angekündigt. Es trifft vor allem größere Kunden.
Der Aderlass hängt auch damit zusammen, dass die Bank ihre Geschäfte in zehn Ländern bis 2018 aufgibt, unter anderem in Argentinien, Chile, Mexiko, Finnland und Neuseeland. Auch die Zahl der Kunden in Russland wird eingeschränkt. Dies hängt auch mit verschärften Vorschriften der Aufseher etwa zur Geldwäsche zusammen. Wegen dubiosen Geschäften über ihren Moskauer Ableger im Volumen von mehreren Milliarden Dollar droht der Bank eine hohe Strafe durch US-Behörden.
Weniger Kunden in Hochrisikoländern
Cryan hatte im Oktober angekündigt, dass Kundenverbindungen im Investmentbanking „einer eingehenden Überprüfung“ unterzogen würden. Ein spezieller Schwerpunkt liege auf der Senkung der Kundenzahl in Hochrisikoländern, zu der die Bank mittlerweile offenbar unter anderem Russland zählt. „Wir haben begonnen, uns aus bestimmten Kundenverbindungen in Regionen mit höherem Risiko zurückzuziehen“, sagte Cyran Ende Januar.
Dem Vernehmen nach betrifft das 100 (!) Länder. Von bis zur Hälfte der Kunden im Handelsgeschäft und im Investmentbanking wolle man sich verabschieden. Allerdings geht es dem Deutsche-Bank-Chef auch darum, sich von Kunden zu trennen, die der Bank keinen ausreichenden Gewinn bringen. Gleichzeitig wolle man die Zahl der Produkte pro Kunde erhöhen.
Auch bei neuen Kunden wird die Deutsche Bank genauer hinschauen als in der Vergangenheit. Nach dem Prinzip „Know your Customer“ - „Kenne Deinen Kunden“ - seien die Prozesse zur Prüfung neuer Interessenten „deutlich verbessert“ worden, sagt Cryan. Erst wenn eine solche Überprüfung abgeschlossen ist, sollen Geschäfte aufgenommen werden. Davor liefen Überprüfung und erste Geschäfte parallel.
Aufseher machen Druck
Die Bank agiert dabei aber nicht nur aus eigenem Antrieb. Sie steht unter erheblichem Druck der Behörden. Die britische Finanzaufsicht hatte dem Institut Anfang März „gravierende systembedingte Mängel zur Verhinderung von Geldwäsche, Terrorismus-Finanzierung und Sanktionsverstößen“ vorgeworfen. Sie waren im vergangenen Jahr aufgefallen.
Die Deutsche Bank hat die Mängel Anfang Mai eingeräumt. „Wir wissen, dass wir einige Dinge verbessern müssen“, sagt Werner Steinmüller, bei der Bank für den weltweiten Zahlungsverkehr verantwortlich. Man sei dabei, das Anti-Geldwäsche-System in den USA, in London und in Frankfurt aufzurüsten. Wenn man bei den Geschäften nicht für maximale Sicherheit sorge, rufe das die Aufseher auf den Plan und führe möglicherweise zu Restriktionen.
Rund ein Drittel der Investitionen im Zahlungsverkehr - und damit ein ansehnlicher zweistelliger Millionenbetrag - entfallen Steinmüller zufolge auf Anforderungen der Aufseher.
Finanzaufsicht lobt das Vorgehen
Immerhin attestiert die deutsche Finanzaufsicht BaFin, die die Deutsche Bank vor Jahresfrist - als Anshu Jain das Institut noch mit leitete - massiv kritisiert hatte, dem Geldhaus mittlerweile guten Willen bei der Beseitigung der Defizite. „Es hat sich eine Menge geändert. Wir sehen die Bank auf einem völlig richtigen Weg“, sagte BaFin-Chef Felix Hufeld Anfang der Woche.
Bezogen auf die gesamte Banken-Branche und damit auch auf die Deutsche Bank, betonte er aber auch, dass der notwendige Kulturwandel noch nicht hinreichend durchgedrungen sei. Gerade hat die BaFin die Überprüfung von umstrittenen Devisengeschäften der Deutschen Bank abgeschlossen. Möglicherweise drohen der Bank Sanktionen. Im Juni wollen die Aufseher die Ergebnisse veröffentlichen.