Jahresbericht der Finanzaufsicht: Die Bafin schaut noch genauer hin
„Manndeckung“: Die Bundesfinanzaufsicht will künftig Pensionskassen stärker unter die Lupe nehmen. Weiterhin gibt es viele Beschwerden von Bankkunden.
Nachdem die Finanzaufsicht Bafin seit einem Jahr die Lebensversicherungen wegen der Belastungen durch die niedrigen Zinsen verschärft beobachtet, gilt das jetzt auch für Pensionskassen und damit die betriebliche Altersvorsorge. „Wir haben mehr als eine Handvoll der Kassen unter Manndeckung genommen“, sagte Bafin-Präsident Felix Hufeld am Dienstag bei der Vorstellung des Jahresberichts. „Möglicherweise können bald einzelne Pensionskassen nicht mehr aus eigener Kraft ihre Leistungen in voller Höhe erbringen“, warnte der Behördenchef. Mit ihnen werde derzeit gesprochen, wie es weitergehen könne. „Eine Kürzung der Leistungen für die Versicherten wollen wir natürlich verhindern.“ Hufeld befürchtet Entwicklungen wie in den Niederlanden, wo Pensionskassen ihre Rentenzahlungen gekürzt hätten und es weitere Kürzungen geben werde.
Die Bafin wacht derzeit über 140 Pensionskassen und Pensionsfonds im Volumen von 165 Milliarden Euro. „Wie ein schleichendes Gift machen sich die niedrigen Zinsen nicht nur in den Bilanzen der gesamten Bankenbranche bemerkbar, sondern auch bei Pensionskassen“, sagt Hufeld. Das erhöht den Druck auf die Arbeitgeber, die die Kassen finanzieren müssen, dazu allerdings rechtlich nicht verpflichtet sind.
Fast 5000 Beschwerden gegen Banken
Auch auf die Banken und die Versicherungen bleibt nach Ansicht der Finanzaufseher der Druck weiter hoch. Je länger die Zinsen niedrig sind, so Hufeld, desto mehr werde auch das Zinsänderungsrisiko zu einem Problem. Über kurz oder lang müssten die Banken die Frage beantworten, wie ein Geschäftsmodell aussehen soll, in dem Zinsen kaum oder gar keine Rolle mehr spielten. Trotz der Probleme attestiert die Bafin dem Bankensektor aber aktuell eine stabile Lage. Sie hätten sich einen Speckgürtel zugelegt, der noch eine ganze Zeit reiche. Auch die Lebensversicherer hätten zumindest auf kurze und mittlere Sicht ausreichendes Stehvermögen.
Allerdings müssen die Aufseher den Banken und Sparkassen weiter sehr genau auf die Finger schauen. Im vergangenen Jahr musste die Bafin knapp 4700 Beschwerden von Verbrauchern nachgehen, die meisten mit knapp 1700 bei Sparkassen und Landesbanken. In den ersten vier Monaten 2016 waren es erneut fast 2200, mehr als ein Drittel entfiel wiederum auf Sparkassen. Im vergangenen Jahr verhängte die Bafin mit rund 40 Millionen Euro ihre bislang höchste Geldbuße wegen eines Verstoßes gegen Geldwäsche-Vorschriften.
Cum-Ex im Visier
Namen nennt die Bafin nicht, es sei denn, das betroffene Unternehmen stimmt zu. Das war 2015 beim US-Vermögensverwalter Black Rock der Fall. Die Bafin setzte wegen Verstößen gegen Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes eine Geldbuße von 3,25 Millionen Euro fest.
Die Finanzaufsicht schaut sich nach Angaben von Hufeld auch die umstrittenen Dividendengeschäfte – „Cum-Ex“ und „Cum-Cum“ – von 129 Banken und Finanzdienstleistern und die Panama-Aktivitäten der Banken sehr genau an. Man werde alle Originaldokumente auswerten und die Namen der Kunden in Erfahrung bringen. Allerdings würden hier die Grenzen der klassischen Finanzaufsicht ausgelotet. „Es geht um Verhaltensweisen, bei denen sich nicht nur die Frage der Legalität stellt, sondern auch der Legitimität“.
Staatsanwaltschaft ermittelt
In Bezug auf die Dividendengeschäfte sei das rechtliche Umfeld nicht eindeutig, sagt Hufeld. Offene Rechtsfragen oder auch gesellschaftlich relevante Debatten über legitimes Handeln könnten nicht Aufgabe einer staatlichen Aufsichtsbehörde sein. Die in Hessen für den Komplex zuständige Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt teilte ihrerseits am Dienstag mit, dass in der vergangenen Woche ein neues Ermittlungsverfahren zu „Cum-Cum“-Geschäften aufgenommen worden sei. Um welche Bank es geht, wollte er nicht sagen.
Klar ist dagegen, dass die Aufsicht weiter Verstößen von Finanzdienstleistern gegenüber Verbrauchern nachgehen wird. Die Bafin werde, so die zuständige Direktorin Elisabeth Roegele, demnächst prüfen, ob Banken und Sparkassen Kunden „systematisch benachteiligen, indem sie bei Verbraucherkrediten Zinsänderungen mit ungerechtfertigter Verzögerung an die Kunden weitergeben“.