John Cryan hält Wort: Die Deutsche Bank wird radikal umgebaut
Einer neuer Zuschnitt für die Konzernsparten, weniger Führungskräfte und Ausschüsse: John Cryan will die Deutsche Bank wieder fit machen. Die "Komplexität im Management" soll reduziert werden.
Er hatte es angekündigt, nun hat er geliefert. John Cryan, der neue starke Mann an der Spitze der Deutschen Bank, baut den Konzern grundlegend um. Konzernsparten werden neu zugeschnitten, der Vorstand wird radikal umgebaut. Das teilte die Bank am Sonntag nach einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats mit. Leitgedanke sei, die „Komplexität im Management der Bank zu verringern und damit den Kundenbedürfnissen sowie den Anforderungen der Aufsichtsbehörden besser gerecht zu werden“, hieß es in einer Mitteilung des Konzerns. Die größte deutsche Bank hatte vor kurzem einen Rekordverlust für das dritte Quartal gemeldet und leidet unter zahlreichen, teuren Rechtsstreitigkeiten.
Zum Jahreswechsel wird die bisherige Sparte „Corporate Banking & Securities“ aufgeteilt, die für den Handel mit Finanzprodukten zuständig ist und unter anderem auch Firmenfusionen und die Ausgabe von Anleihen betreut. Die Unternehmensfinanzierung und die Transaktionsbank gehen in der neuen Unternehmenskunden- und Investmentbank auf, die Handelsaktivitäten werden im neuen Bereich Globale Märkte zusammengefasst. Zudem soll die Betreuung wohlhabender Privatkunden künftig in einer eigenständigen Einheit bei der Privat- und Geschäftskundenbank erledigt werden. Dagegen soll der Bereich Deutsche Asset Management künftig ausschließlich institutionelle Kunden und das Fondsgeschäft bearbeiten.
Der erweiterte Vorstand wird aufgelöst
Von den derzeit 16 Vorstandsausschüssen werden zehn aufgelöst. Auch das mit den Vorstandsmitgliedern und weiteren Managern besetzte sogenannte Group Executive Committee, das unter anderem Vorstandsentscheidungen vorbereitet, wird abgeschafft. Zugleich wird der aktuell achtköpfige Vorstand auf zehn Mitglieder vergrößert.
Mit seinem Umbau zieht Cryan, der am 1. Juli Anshu Jain an der Spitze der Deutschen Bank abgelöst hat und das Kreditinstitut derzeit – vorübergehend – zusammen mit Jürgen Fitschen leitet, auch personelle Konsequenzen. Personalvorstand Stephan Leithner wird das Geldhaus Ende Oktober wie erwartet verlassen. Der gebürtige Österreicher heuert beim schwedischen Finanzinvestor EQT an und wird sich dort vom kommenden Jahr an als einer von sechs Partnern um das Geschäft in Deutschland und Europa kümmern.
Ihre Stühle räumen werden auch der Chef der Vermögensverwaltung, Michele Faissola, und der Co-Chef des Investmentbankings, Colin Fan. Beide stehen unter Beobachtung der Finanzaufsicht Bafin. Faissola hat die Vermögensverwaltung in den vergangenen drei Jahren erfolgreich umgebaut. Er gilt aber als enger Vertrauter von Jain, weil er wie dieser aus der Investmentbank kommt. Im Bericht der Bafin zum Libor-Zinsskandal wurde Faissola scharf kritisiert: Nach Einschätzung der Finanzaufsicht kann nicht ausgeschlossen werden, dass er von den Zins tricksereien in den Handelssälen wusste. Faissola hat die Vorwürfe scharf zurückgewiesen: Er sei nie für diesen Bereich verantwortlich gewesen. Dennoch wird er nun nach einer Übergangszeit die Bank verlassen.
Rückschläge für den angekündigten "Kulturwandel"
Schon an diesem Montag wird Colin Fan sein Amt niederlegen. Fan taucht im Libor-Bericht zwar nicht auf. „Aber er hat im Geldwäsche-Skandal in Russland keine gute Figur abgegeben“, berichtete ein Insider. Dort sollen russische Kunden Schwarzgeld im Wert von mindestens sechs Milliarden Dollar über die Bank gewaschen haben. Der Skandal ist einer der größten Rückschläge für den von der Bank ausgerufenen „Kulturwandel“ und hatte im Aufsichtsrat für Verärgerung gesorgt. Bank-Chef John Cryan hat bereits angekündigt, das Investmentbanking in Russland dichtzumachen.
Große Investoren fordern schon lange einen breit angelegten Neuanfang bei der Bank. Der Abschied von Vorstandschef Anshu Jain, der mit der Bafin im Clinch lag, reiche nicht, hatte Portfoliomanager Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment bemängelt. „Im Top-Management gab es bisher nur sehr wenige Veränderungen. Ich erwarte, dass Personen ausgetauscht werden, die für die Fehler der Vergangenheit verantwortlich sind“, hatte der Fondsmanager erst kürzlich gefordert. Nun scheinen seine Forderungen Gehör gefunden zu haben.
John Cryan ist angetreten, die Bank von den Altlasten der Vergangenheit zu befreien. Der Brite wird das Institut ab Mai nächsten Jahres allein führen. mit rtr