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Präsentation eines Ryanair-Kalenders mit Stewardessen in Bademode im Jahr 2010 in Berlin. Ryanair-Chef Michael O'Leary macht mit Mitarbeiterin Stimmung. Die Einnahmen für den Kalender spendete er damals der "Tafel".
© Thilo Rückeis

Ryanair-Chef Michael O'Leary: Der Ire mit dem Panzer

Michael O'Leary hat sich seinen Ruf als größter Clown der Luftfahrtbranche hart erarbeitet. Doch wer ihn wegen seiner Albernheiten unterschätzt, hat schon verloren. Ein Porträt

Legendär ist seine Fahrt durch das Städtchen Luton nördlich von London in einem Weltkriegspanzer: Im Jahr 2003 fuhr Michael O’Leary, Chef der irischen Billigfluggesellschaft Ryanair, vor die Zentrale des Konkurrenten Easyjet und rief: „Wir werden das Luftfahrtgeschäft, so wie wir es kennen, zerstören!“ Binnen drei Jahren werde man die größte Airline Europas sein, kündigte er an (Lesen Sie hier den Bericht von damals in der "Irish Times"). Es dauerte ein wenig länger, aber gemessen an der Zahl der beförderten Passagiere liegt Ryanair vor der Lufthansa-Gruppe auf Platz eins.

Mal taucht O’Leary als Putzfrau verkleidet auf, mal als Batmans Gehilfe Robin, der die Briten vor dem Brexit retten will. Stewardessen lässt er in Bikinis für einen Kalender ablichten – und stiftet die Einnahmen für einen guten Zweck. Keine Pressekonferenz vergeht ohne Grimassen oder Hampeleien. So hat sich der heute 56-jährige Sohn irischer Landwirte seinen Ruf als größter Clown und Zyniker der Branche hart erarbeitet. Doch wer ihn wegen Albernheiten und irrer Ankündigungen (Stehplätze und WC-Gebühren an Bord) unterschätzt, hat schon verloren.

Derzeit interessiert sich O’Leary besonders für Berlin. Vergangenen Donnerstag trommelte er am Flughafen Tegel für die Offenhalten-Kampagne, obwohl seine Flieger in Schönefeld stationiert sind. O’Leary fürchtet aber, dass die Gebühren kräftig steigen, sobald Berlin nur noch einen Flughafen hat. Er müsste Ticketpreise anheben. Dabei ist sein erklärtes Ziel, Gratisflüge anzubieten, die sich am Ende rechnen, weil genügend Fluggäste Parfums und Armbanduhren kaufen oder von Ryanair vermittelte Mietwagen und Hotels nutzen.

Berlin steht auch im Zentrum seines möglichen neusten Coups: Nachdem alle Rivalen von Lufthansa bis Easyjet am Freitag Gebote für Teile der insolventen Air Berlin eingereicht hatten, strich O’Leary – der nicht mitgeboten hatte – 2100 Flüge aus dem Flugplan. Wegen falscher Urlaubsplanung würden Piloten fehlen, lautete die Begründung. O’Leary könnte aber auch darauf spekulieren, dass Air Berlins Flugbetrieb noch vor einem geordneten Betriebsübergang zusammenbricht. Dann hat nämlich die Airline gute Chancen, die frei werdenden Strecken zu übernehmen, die sie sofort bedienen kann. O’Leary nimmt es offenbar in Kauf, dass er Passagiere entschädigen muss und die Aktie zeitweise abschmiert, um Flieger für diesen Fall schnell verfügbar zu haben. Niemand sollte überrascht sein, wenn er dann im Kampfjet in Tegel landet.

Historische Interviews mit O'Leary im Tagesspiegel: Hier aus dem Jahr 2008. Damals ging es um den Flughafen Tempelhof und - Air Berlin. Und 2010 sprach er unter anderem über Wodka in Plastikbeuteln und die "Schwachssinnsidee BBI". So nannte man damals den BER.

Kevin P. Hoffmann

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