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Serie „Mein Geld“ - Teil 1: Der beste Tag, um sein Geld anzulegen, ist heute

Zehn Prozent der Deutschen glauben, es lohne sich nicht mehr, zu investieren. Dabei gibt es kein falsches Alter, mit dem Anlegen zu beginnen. Ein Essay.

Wir kennen sie wahrscheinlich alle. Die ewige „Aufschieberitis“. Die Steuer hat noch Zeit, der Frühjahrsputz auch. So ähnlich geht es uns mit unseren Finanzen und erst recht mit unserer Altersvorsorge. Es ist aber ja auch eine schwierige Frage. So viele Möglichkeiten, so unterschiedliche Verträge. Die Produkte sind oft kompliziert und die Renditen mau. Altersvorfreude sieht anders aus. Da verwundert es kaum, dass viele das Thema vor sich herschieben.

Als Ausrede dient oft der Zeitfaktor: Mal haben wir noch lange Zeit, um uns um unsere Altersvorsorge zu kümmern. Wir sind schließlich noch jung, die Rente ist in weiter Ferne. Mal haben wir keine Zeit mehr, das Kind ist sowieso schon in den Brunnen gefallen. Warum sollten wir uns also überhaupt noch kümmern?

So geht es vielen. Acht von zehn Deutschen haben schon finanzielle, berufliche oder gesundheitliche Nachteile erlitten, weil sie wichtige Dinge auf die lange Bank geschoben haben. Das zeigt eine Studie zum Aufschiebe-Verhalten der Deutschen des Sinus-Instituts im Auftrag der Initiative „7 Jahre länger“ des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Der häufigste Grund für permanente Prokrastination ist fehlende Motivation: 54 Prozent der Personen, die wichtige Dinge auf die lange Bank schieben, sagen, sie können sich nicht aufraffen.

Für 39 Prozent ist die Auseinandersetzung mit den eigentlich wichtigen Aufgaben zu anstrengend. Weitere populäre Gründe sind fehlende Zeit und mangelndes Geld. Das kommt uns bekannt vor, oder?

Jeder Vierte vernachlässigt Finanzen

Laut Sinus-Studie vernachlässigt jeder Vierte seine Finanzen: 27 Prozent fällt es schwer, sich um ihre Geldanlage zu kümmern. Und 24 Prozent fällt es schwer, Geld für das Alter zurückzulegen.

Weil wir aber immer länger leben und die Rente eben einfach nicht sicherer wird, müssen wir die Aufschieberitis irgendwie überwinden. Je früher wir die Weichen für ein finanziell auskömmliches Leben im Alter stellen, desto besser.

[Für die einen ist es ein Tabuthema, für die anderen schlicht ein Mysterium – die Kapitalanlage. Doch das muss nicht sein!
In unserer Serie "Mein Geld" erfahren Sie von Grund auf, wie jeder seine Finanzen ordnen und einfach investieren kann.]

Serie "Mein Geld" – bisher erschienene Teile:

Es stimmt natürlich: Viele von uns haben wirklich noch viel Zeit bis zum Ruhestand. Wer 20, 25 oder 30 Jahre alt ist, mag sich natürlich nicht mit dem blöden Alter beschäftigen. Die Zeit ist aber nun einmal unser wichtigster Verbündeter bei der langfristigen Geldanlage.

Zeit als wichtigster Verbündeter bei Geldanlage

Die Zeit arbeitet für uns, und das sollten wir unbedingt ausnutzen. Nehmen wir an, wir wollen 100.000 Euro für unsere private Altersvorsorge ansparen. Oder die Rente soll sehr üppig ausfallen und wir möchten 500.0000 Euro zusammenbekommen. Wer nur spart, bekommt keine Zinsen mehr oder nur niedrige.

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Ich gehe jetzt mal davon aus, dass wir in den kommenden 20 bis 30 Jahren bei null Prozent Zinsen liegen. Das wird wahrscheinlich nicht so sein, aber stark werden sie auch nicht steigen. 100.000 Euro in einer Welt ohne Zinsen zu sparen, ist – wenig überraschend – recht mühsam.

Sie müssten 20 Jahre lang Monat für Monat etwa 417 Euro zur Seite legen. Würden Sie 30 Jahre lang sparen, dann wären es nur noch knapp 278 Euro. Hier arbeitet die Zeit für Sie.

Dank des Zinseszinseffekts lässt sich stetig ein Vermögen aufbauen.
Dank des Zinseszinseffekts lässt sich stetig ein Vermögen aufbauen.
© Arne Immanuel Bänsch/dpa

Wirklich üppig werden die Summen, wenn Ihr Sparziel bei 500.000 Euro liegt: 2083 Euro beziehungsweise 1389 Euro müssten Sie Monat für Monat sparen, um nach 20 oder 30 Jahren auf die halbe Million zu kommen. Gerade für Berufseinsteiger dürfte das unmöglich sein. Ob wir es im Laufe unseres Berufslebens jemals schaffen? Unwahrscheinlich.

Trotzdem zeigen die beiden Musterrechnungen, wie stark der Faktor Zeit wirkt. Nun dieselben Beispiele bei einer Rendite von 2,5 Prozent pro Jahr: Rund 321 Euro monatlich müssten Sie 20 Jahre lang sparen, um auf 100.000 Euro zu kommen oder alternativ 186 Euro für 30 Jahre. Schon besser, oder?

Fangen Sie noch heute an

Bei der recht üppigen Sparsumme von einer halben Million macht sich das ebenfalls bemerkbar: gut 1605 Euro über 20 Jahre und 932 Euro über 30 Jahre. Immer noch viel Geld, zugegeben. Diese Beispiele zeigen aber ziemlich eindrucksvoll: Je früher wir anfangen, desto besser. Fangen Sie also an, am besten noch heute.

Und wenn uns nach all der Aufschieberitis die Zeit davongelaufen ist? In nur fünf oder gar zehn Jahren für das Alter vorzusorgen, das ist verdammt schwierig. Je älter wir sind, desto kürzer ist unser Anlagehorizont.

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Uns läuft die Zeit davon, um unser finanzielles Ziel zu erreichen. Auch können wir in jungen Jahren höhere Risiken eingehen, weil wir viel Zeit haben, mögliche Schwankungen oder auch Crashs an der Börse auszusitzen. Das wird mit zunehmendem Alter und abnehmendem Anlagehorizont schwieriger.

Aber stecken Sie bloß nicht den Kopf in den Sand, ein bisschen was geht immer. Es ist ein häufiger Irrtum bei der Geldanlage zu glauben, der Anlagehorizont sei nicht mehr lang genug für ein Kapitalmarktinvestment.

Es gibt kein falsches Alter, um mit dem Anlegen anzufangen

Zehn Prozent der Deutschen glauben beispielsweise, dass sie zu alt sind, um zu investieren. Das zeigt das Krisenbarometer von J.P. Morgan Asset Management, das die Fondsgesellschaft mitten im ersten Corona-Lockdown erstellt hat. Es gibt aber kein falsches Alter, um mit dem Anlegen anzufangen.

Wer jung ist, profitiert langfristig von einem starken Zinseszinseffekt – das sollte für jeden jungen Menschen ein guter Grund sein, so schnell wie möglich loszulegen, auch wenn es zunächst nur mit kleinen Beiträgen ist.

Aber auch wenn Sie schon etwas älter sind, lohnt sich der Einstieg. Ihr Vorteil: Sie haben vielleicht sogar etwas mehr Geld zur Verfügung, das Sie arbeiten lassen können. Nun heißt es natürlich (und zu Recht) immer, dass wir mit fortschreitendem Alter etwas weniger riskant investieren sollten.

Schließlich ist unser Anlagehorizont nicht mehr so weit. Allerdings verschätzen wir uns auch dabei sehr oft: Wer bereits das Alter von 65 Jahren erreicht hat, für den liegt die Wahrscheinlichkeit, 80 Jahre oder älter zu werden, bei 67 Prozent als Mann und 76 Prozent als Frau.

Im Ruhestand noch positive Rendite erzielen

Bei Paaren liegt die Wahrscheinlichkeit, dass einer dieses Alter erreicht, sogar bei mehr als 90 Prozent. Und jeder vierte Mann und jede dritte Frau werden sogar 90 Jahre alt oder älter. Das bedeutet, dass auch im Ruhestandsalter noch ein ausreichender Anlagehorizont besteht, um eine positive Rendite zu erzielen.

Denn die Zeit arbeitet für Anleger – seit 1950 gab es noch keinen Zehnjahres-Zeitraum, in dem ein breit gestreutes Portfolio aus Aktien und Anleihen einen negativen Ertrag erzielte. Die beste Zeit zum Geldanlegen ist deshalb (immer) genau jetzt!

Sie haben wahrscheinlich noch mehr Zeit, als Sie denken. Sie sind mit ziemlicher Sicherheit nicht zu alt, um noch vorzusorgen. Nicht den Kopf in den Sand stecken Natürlich wird es immer schwieriger, noch ein nennenswertes Vermögen aufzubauen, je älter wir werden.

Irgendwann rennt uns leider wirklich die Zeit davon. Dann ist es tatsächlich zu spät. Nur höre ich das Zu-spät-Argument oft von 50- und 60-Jährigen. Ja, rein rechnerisch müssen die Summen höher sein, um die Rentenlücke noch zu schließen.

Kassensturz machen, Budget planen

Ganz werden wir sie nicht mehr eliminieren können, wenn wir wirklich bei null anfangen. Aber auch hier gilt: Ein bisschen was lässt sich immer optimieren. Stecken Sie deshalb nicht den Kopf in den Sand, sondern machen Sie erst mal einen Kassensturz.

Dann schauen Sie, was noch geht, was noch drin ist. Wahrscheinlich ist es mal wieder mehr als gedacht. Wenn ich Rendite- oder Sparplan-Rechner im Internet nutze, erlebe auch ich immer wieder Überraschungen.

Jessica Schwarzer war von 2008 bis 2018 Chefkorrespondentin und Börsenexpertin des Handelsblatts, heute ist sie selbstständig als Journalistin und Moderatorin.
Jessica Schwarzer war von 2008 bis 2018 Chefkorrespondentin und Börsenexpertin des Handelsblatts, heute ist sie selbstständig als Journalistin und Moderatorin.
© Jessica Schwarzer

Wer 100 Euro, 250 oder 500 Euro pro Monat zehn Jahre lang spart, kann sich bei einer Rendite von 6 Prozent über ein stattliches Sümmchen freuen: 16.331 Euro, 40 828 Euro oder 81 655 Euro. Eingezahlt hätten Sie dann 12.000 Euro, 30.000 Euro oder eben 60.000 Euro.

Ich habe extra die Laufzeit von zehn Jahren gewählt, denn das ist der Anlagehorizont, den wir an der Börse haben sollten, um jeden Crash auszusitzen. Zehn Jahre bedeuten aber auch, dass wir selbst mit Mitte 50, vielleicht sogar mit knapp 60 Jahren loslegen können. Je nachdem, wann wir in Rente gehen wollen, natürlich. Aber die Zahlen zeigen: Ein bisschen was geht immer.

Aktien als Rendite-Turbo

Nun werden Sie zu Recht fragen, wo Sie denn 2,5 oder 4 oder sogar 6 Prozent Zinsen bekommen. Die bekommen Sie natürlich nicht auf dem Bankkonto. Da kommt es dann auf die Mischung an.

[Für die einen ist es ein Tabuthema, für die anderen schlicht ein Mysterium – die Kapitalanlage. Doch das muss nicht sein! In unserer Serie "Mein Geld" erfahren Sie von Grund auf, wie jeder seine Finanzen ordnen und einfach investieren kann. Die weiteren Teile der Serie werden in den kommenden drei Wochen auf tagesspiegel.de und sonntags in der Zeitung erscheinen.]

Statistisch erzielen Aktien langfristig Renditen von 6 bis 8 Prozent pro Jahr. Sie sind also Ihr Rendite-Turbo. Je nachdem wie stark Sie hier investieren, desto höher ist die Rendite Ihrer Geldanlage.

Je älter wir sind und je begrenzter eben unser Anlagehorizont ist, desto größer werden die Summen, die wir einsetzen müssen, um überhaupt noch ein nennenswertes Ergebnis zu erzielen. Von Jahr zu Jahr übrigens. Auch deshalb ist es wichtig, so früh wie möglich anzufangen und nicht der ach so verlockenden Aufschieberitis zu verfallen.

Vor allem seit es so gut wie keine Zinsen mehr gibt, ist das wichtiger als jemals zuvor. Denn zu viel Risiko können wir mit fortschreitendem Alter nicht mehr eingehen, oder wir wollen es schlichtweg nicht. Fangen Sie also lieber früher als später an, besser gestern als morgen, auf jeden Fall aber heute.

Der Text stammt aus dem Buch von Jessica Schwarzer: "Wie wirklich jeder entspannt reich werden kann" Finanzbuchverlag, 18 Euro. Schwarzer ist eine der renommiertesten Finanzjournalistinnen Deutschlands. Die langjährige Chefkorrespondentin und Börsenexpertin des Handelsblatts (2008 bis 2018) arbeitet heute selbstständig als Journalistin und Moderatorin.
(Die weiteren Teile der Serie werden in den kommenden drei Wochen auf tagesspiegel.de/mein-geld und sonntags in der Zeitung erscheinen.)

Jessica Schwarzer

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