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Der Reingelegte? Carsten Maschmeyer hat Millionen in Fonds der Sarasin Bank investiert.
©  dpa/Sebastian Gollnow

Unternehmer vor Cum-ex-Ausschuss: Carsten Maschmeyer sieht sich als geprellter Anleger

Auf Anraten einer Privatbank hat Carsten Maschmeyer Millionen investiert und verloren. Bis heute weiß er angeblich nicht, was mit seinem Geld passiert ist.

Geld verdienen ist sein Lebensinhalt. Durch die Vermittlung von Finanzanlagen ist Carsten Maschmeyer reich geworden. Heute schreibt er Bücher, in denen er seine „Millionärsformel“ verrät: Er erklärt, wie leicht jeder sein Vermögen vermehren kann, wenn er nur will. Dieser Carsten Maschmeyer sitzt am Donnerstag im Untersuchungsausschuss des Bundestages und stellt sich als Opfer da. Als jemand, der seinem Banker blind vertraut hat. Der Millionen in ein Finanzprodukt investiert hat, ohne sich einen Prospekt oder andere Unterlagen zeigen zu lassen. Der sich von dem Versprechen einer hohen Rendite ohne Risiko hat locken lassen. Der nicht gewusst haben will, was wirklich mit seinem Geld passiert. Der von dem Begriff „Cum-ex“ erst aus der Zeitung erfahren haben will.

Carsten Maschmeyer – „57, Unternehmer“, so stellt er sich vor – soll als Zeuge den Abgeordneten helfen, Licht ins Dunkel zu bringen. Bereits seit Februar treffen sich die Politiker regelmäßig, um zu klären, wie ein Geflecht aus Bankern, Beratern, Rechtsanwälten und Anlegern den Fiskus um insgesamt zwölf Milliarden Euro bringen konnte. Dabei geht es um dubiose Finanzgeschäfte, bei denen sich Investoren einmal gezahlte Kapitalertragssteuern mehrfach erstatten ließen. Der Trick: Um den Tag herum, an dem Firmen ihre Gewinne an ihre Aktionäre ausschütten, schoben sie Papiere mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch so geschickt hin- und her, dass Steuerbescheinigungen mehrfach ausgestellt wurden. Die Finanzbehörden erfuhren davon erst, als Banker, Berater und Anleger bereits gut verdient hatten.

Die Abgeordnete haben die Durchsuchung einer Steuerkanzlei beantragt

Nun kommt so langsam Schwung in die parlamentarische Aufarbeitung dieser so genannten Cum-Ex-Geschäfte. Und zwar nicht nur, weil mit Carsten Maschmeyer ein Prominenter als Zeuge vernommen wird. Sondern auch, weil das Gremium erstmals in der Geschichte der Untersuchungssausschüsse beim Bundesgerichtshof (BGH) eine Durchsuchung beantragt hat. Gleich in mehreren Städten sollen die Räume der Steuerkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer durchforstet werden. Die Abgeordneten vermuten, dass die Kanzlei eine wichtige Rolle im Cum-ex-Geschäft gespielt hat und nun entscheidende Unterlagen zurückhält. „Wir lassen uns das nicht mehr gefallen“, sagt Gerhard Schick, Abgeordneter der Grünen und Ausschussmitglied. Die Bürger hätten ein Recht zu erfahren, was passiert sei.

Auch Maschmeyer sucht nach Antworten. Ruhig sitzt er da, im dunklen Anzug, begleitet von seinem Anwalt und Steuerberater. Die Hände hat er locker übereinander gelegt, seine Worte wählt er genau, spricht ruhig und unaufgeregt. Lediglich dass er gleich mehrere kleine Flaschen Mineralwasser leert, könnte darauf hindeuten, dass er womöglich doch nervöser ist, als er sich gibt.

Die Geschichte, die Maschmeyer dann erzählt, ist eine, die vielen geprellten Anlegern bereits passiert ist. Nur dass Maschmeyer nun einmal kein normaler Anleger ist, sondern ein Profi. Allerdings betont er: Von Steuern – und um zu viel erhaltene Steuererstattungen geht es in diesem Fall ja – habe er schlichtweg keine Ahnung. „Steuern haben mich noch nie interessiert“, sagt Maschmeyer.

Sein Banker bot Maschmeyer einen "neuartigen Fonds" an

Hätte er sich mal dafür interessiert. Sechs Jahre ist es her, dass die Schweizer Privatbank Safra Sarasin ihm zum ersten Mal anbot, in einen neuartigen Fonds zu investieren. Genauer: in einen Aktien-Dividenden-Fonds, mit dem er nur gewinnen könne, weil das eingesetzte Kapital versichert werde. Maschmeyer sprang darauf an, investierte erst fünf, dann zehn Millionen Euro. Dass man ihm keinen Prospekt aushändigen wollte, fand er nicht verdächtig. Der Berater habe argumentiert, das Institut habe eine Vorsprung gegenüber anderen Banken, die solch ein Produkt noch nicht anbieten würden. Diesen Vorsprung wolle man unbedingt wahren – deshalb keine Unterlagen. Zumal die Empfehlung von Eric Sarasin persönlich kam, den Maschmeyer seit Jahren kennt und früher regelmäßig beim Fußball traf.

Weil sich die Anlage zunächst auszahlte, investierte er noch ein drittes Mal. Diesmal steckten auch seine Söhne, seine Ex-Frau, seine Frau Veronica Ferres und sein Freund, Fußballtrainer Mirko Slomka, Geld in den Wunder-Fonds. Zusammen legten sie weitere 40 Millionen Euro an. Doch als Maschmeyer dann 2012 das Geld zurückhaben wollte, war es weg. Die Bank hielt ihn hin. Als er warnte, er wende sich an die Behörden, soll er Drohbriefe erhalten haben. „Wenn ich rechtlich gegen die Bank vorgehe, gefährde das mein Leben“, soll darin gestanden haben. Trotzdem stellte Maschmeyer Strafanzeige. „Hier sind wir betrogen worden“, sagt er. Er vermutet, dass die Bank das Geld „abgezweigt“ hat, um damit die umstrittenen Cum-Ex-Geschäfte zu tätigen.

Bis heute weiß Maschmeyer nicht, was mit seinem Geld passiert ist

Maschmeyer, der unschuldige, geprellte Anleger? Das nehmen ihm nicht alle ab. Schließlich soll seine frühere Firma AWD auch ahnungslosen Verbrauchern riskante Fonds aufgeschwatzt haben. Grünen-Politiker Schick merkt daher spöttisch an, Maschmeyer habe sich wohl wie mancher AWD-Kunde verhalten, der sich nicht habe richtig beraten lassen und dann sein Geld zurückwolle. Maschmeyer will die Bemerkung nicht auf sich sitzen lassen. Er sieht da schon einen Unterschied. „Wenn wir einem Kunden eine Lebensversicherung verkauft haben, hat der hinterher nicht einen Bausparvertrag gehabt.“ Er dagegen wisse bis heute nicht, was mit seinem Geld passiert sei.

Carla Neuhaus

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