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4000 der mehr als 8000 Air-Berlin-Mitarbeiter zählen zum fliegenden Personal.
© picture alliance / dpa

Insolvenzantrag von Air Berlin: Beschäftigte in der Verwaltung müssen um Jobs zittern

Das fliegende Personal von Air Berlin hat gute Perspektiven. In anderen Bereichen sieht es schlechter aus.

Der Luftverkehr ist eine Wachstumsbranche, so dass die Chancen für die Beschäftigten von Air Berlin auf dem Arbeitsmarkt gut sind – jedenfalls für einen Großteil von ihnen. „Es kommt aber auch auf die Qualität der Arbeitsplätze an“, sagt Christine Behle, die im Verdi-Vorstand für den Luftverkehr zuständig ist und wegen dieser Funktion auch im Aufsichtsrat der Lufthansa sitzt.

Sie selbst, so sagte Behle dem Tagesspiegel, fliege grundsätzlich nicht mit der irischen Billig-Airline Ryanair, weil dort „die Arbeitsbedingungen miserabel sind“. Bei Easyjet dagegen werde nach Tarif bezahlt, teilweise seien die materiellen Bedingungen für die Beschäftigten sogar besser als bei der Lufthansa.

Die Lufthansa will 3000 neue Flugbegleiter einstellen

Beide Airlines werden vermutlich Teile von Air Berlin und damit auch Arbeitsplätze übernehmen. „Vor allem für das fliegende Personal gibt es gute Perspektiven“, sagte Behle. Rund 4000 der mehr als 8000 Air-Berlin-Mitarbeiter zählen zu dieser Kategorie. Allein die Lufthansa will in den kommenden Monaten 3000 Flugbegleiterinnen und -begleiter einstellen, daran werde deutlich, wie groß der Bedarf sei, sagte Behle. Noch stärker gesucht würden Piloten, von denen Air Berlin rund 1300 unter Vertrag habe. Deutlich schwieriger wird es wohl werden, die Arbeitsplätze der Beschäftigten in der Hauptverwaltung am Saatwinkler Damm und in den technischen Bereichen zu erhalten. „Um die Arbeitsplätze in der Verwaltung werden wir ringen müssen. Das gilt vermutlich auch für die Arbeitsplätze in der Technik“, sagte Behle.

Erst im vergangenen Jahr waren Verwaltungsbereiche von Düsseldorf nach Berlin verlagert worden und Beschäftigte hatten ihren Arbeits- und Wohnort an die Spree verlegt. Welche Tätigkeiten der rund 1200 Beschäftigten in der Verwaltung auch künftig zu erledigen sind, ist völlig offen. Da jedoch die übernehmenden Unternehmen selbst entsprechende Strukturen haben, wird der Großteil vermutlich nicht gebraucht werden. „Ob es überhaupt noch eine Verwaltung in Berlin geben wird, ist fraglich“, sagte Behle dazu.

Mit der Insolvenz haben sich die Bedingungen verändert

Ähnlich ist die Situation der technischen Abteilungen mit derzeit noch gut 900 Mitarbeitern, davon rund 700 in Berlin und die übrigen in Düsseldorf. Die Gewerkschaft habe „großen Sorgen um die Arbeitsplätze“, und lässt jedoch auch Sympathie erkennen für die sich derzeit abzeichnende Lösung. „Was Arbeitsbedingungen und Mitbestimmung anbelangt, wären Lufthansa, Easyjet und Tuifly durchaus geeignet“, meinte Behle zu den Unternehmen, die möglicherweise Teile von Air Berlin übernehmen werden.

Unterdessen ist eine Tarifschlichtung bei der Lufthansa-Tochter Eurowings unter dem Schlichter Klaus Wowereit gescheitert. Der Streit um die Bezahlung von rund 400 Flugbegleitern zieht sich schon über Jahre, in den vergangenen Monaten bemühte sich der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin um einen Kompromiss. Jetzt haben sich mit der Insolvenz von Air Berlin die Umfeldbedingungen gravierend verändert.

Die Lufthansa könne durch die Insolvenz „an billige Flugzeuge kommen und muss weder Personal noch dessen Tarifverträge übernehmen“, meinte die Industriegewerkschaft Luftverkehr (IGL), die nach eigenen Angaben die Interessen von mehr als 250.000 Arbeitnehmern der Branche wahrnimmt. Die Perspektive für alle Eurowings-Beschäftigten sei „durch die sich überschlagenden Ereignisse extrem unsicher geworden“, weshalb die Gewerkschaft nun ihre Mitglieder zu einer Urabstimmung über einen Arbeitskampf aufruft. Es seien „flächendeckende Arbeitskämpfe zu erwarten“, teilte die IGL mit. Ziel sei es, „Arbeitsplätze zu vernünftigen Bedingungen zu erhalten“. Denn die Gefahr, „dass Mitarbeitergruppen gegeneinander ausgespielt werden und einzelne Eurowings-Betriebe in den Abwärtswettbewerb gegeneinander gebracht werden, ist nun keine Fiktion mehr“, befürchtet die Gewerkschaft als eine Folge der Air Berlin-Insolvenz.

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