Verspätungen und Zugausfälle: Bahn muss deutlich mehr Kunden entschädigen
2018 musste die Bahn an 2,7 Millionen Kunden Geld zahlen, weil Züge verspätet waren oder ganz ausgefallen sind. Im Vorjahr waren es nur 1,8 Millionen Reisende.
Die Deutsche Bahn muss immer mehr Entschädigungen an ihre Kunden zahlen. Wie das "Handelsblatt" am Montag unter Berufung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion berichtete, musste die Bahn im vergangenen Jahr 2,7 Millionen Reisenden eine Entschädigungssumme von insgesamt 53,6 Millionen Euro auszahlen.
Im Jahr 2017 waren es 34,6 Millionen Euro an 1,8 Millionen Reisende, ein Jahr zuvor 24,6 Millionen Euro an 1,5 Millionen Fahrgäste.
Wie eine Bahn-Sprecherin dem "Handelsblatt" sagte, sind die Fälle 2018 im Vergleich zum Vorjahr aufgrund "vieler externer Einflüsse" angestiegen: Nach den Stürmen "Friederike" und "Burglind" im Januar vergangenen Jahres seien harte Wintereinbrüche im Februar und März zu verzeichnen gewesen. Im Mai und Juni hätten starke Niederschläge für Erdrutsche und Unterspülungen gesorgt. Blitzeinschläge hätten darüber hinaus viele Stellwerke und Züge außer Gefecht gesetzt, erklärte die Sprecherin demnach.
Jeder vierte ICE, Intercity und Eurocity zu spät
Auch mit der Sommerhitze hatte die Bahn zu kämpfen. So habe die ausgeprägte Trockenheit aufgrund der dauerhaft hohen Temperaturen unter anderem zu zwei Großbränden bei Kassel im Juli und bei Siegburg im August geführt. Im Oktober musste die wichtige Schnellfahrstrecke zwischen Köln und Frankfurt am Main wegen des Brands eines ICE-Zuges wochenlang gesperrt werden. Im Dezember habe schließlich ein Warnstreik massive Verspätungen und Ausfälle ausgelöst, die zahlreiche Entschädigungszahlungen nach sich zogen, sagte die Sprecherin dem "Handelsblatt".
Dabei könnten sich Bahnreisende laut der Sprecherin noch glücklich schätzen, dass sie überhaupt einen Teil des Fahrpreises erstattet bekommen: "Im Gegensatz zu anderen Verkehrsträgern wie Flugzeug oder Fernbus entschädigt die Deutsche Bahn ihre Kunden auch in solchen Fällen, in denen höhere Gewalt Verspätungen oder Ausfälle verursacht."
Im Jahresschnitt kam nach Angaben der Bahn 2018 jeder vierte ICE, Intercity und Eurocity laut Bahn-Angaben zu spät. Im Nahverkehr war es nur jeder sechzehnte Zug. Als unpünktlich gilt ein Zug mit einer Verspätung von mehr als fünf Minuten. Dabei muss die Bahn erst ab einer Verspätung von mehr als einer Stunde Entschädigungen zahlen - und die Bahnreisenden müssen ihre Entschädigung selbst postalisch in einem Formular einfordern.
"Dass Geschädigte das Fahrgastrechte-Formular ausdrucken und per Briefpost zusenden müssen, ist nicht mehr zeitgemäß, sondern geradezu antiquiert", kritisierte die Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Marion Jungbluth, im "Handelsblatt". Die Summe der Entschädigungen wäre "wohl noch höher, wenn die Deutsche Bahn den Fahrgästen eine online-basierte Möglichkeit für einen Erstattungsantrag bieten würde", sagte sie.
Jungbluth sieht den Bund als Eigentümer des Bahnkonzerns in der Pflicht, für Verbesserungen zu sorgen. "Der Eigentümer muss beim Bahnvorstand Druck machen und bis spätestens Sommer einen online-basierten Erstattungsantrag einfordern", sagte sie dem "Handelsblatt." (AFP)
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