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Auf und zu. Verkehrsminister Dobrindt probiert während des Innotrans-Rundgangs am Stand von Knorr Bremse das Öffnen und Schließen einer Tür für U-Bahnen aus.
© dpa

Innotrans-Eröffnung: Bahn-Chef: "Wir müssen rennen"

Die Bahnbranche reibt sich an der Verkehrspolitik. Bei der Eröffnung der weltgrößten Schienentechnik-Messe Innotrans in Berlin wird deutlich: Ohne die Politik laufen Innovationen ins Leere.

Die Bahn, sagt Alexander Dobrindt, ist der „Innovationsverkehrsträger Nummer eins“. Der Bundesverkehrsminister meint damit nicht nur die staatseigene Deutsche Bahn, sondern den Schienenverkehr insgesamt. Die Branche trifft sich diese Woche in Berlin zur Innotrans, der weltweit größten Messe für Schienenverkehrstechnik und -infrastruktur. 2950 Aussteller aus 60 Ländern erwarten bis Sonntag mehr als 130 000 Besucher.

Dobrindt (CSU), dem nachgesagt wird, kein ausgeprägtes Interesse an Bahn-Themen zu haben, eröffnete die Messe am Dienstag mit einer Hymne auf den Verkehrsträger: „Die Bahn ist das Herzstück der Gigabit-Gesellschaft“, sagte er und verwies auf die Chancen der Digitalisierung. In Zukunft werde es mehr Verkehr, mehr Vernetzung und ein größeres Mobilitätsbedürfnis der Menschen geben. Die Bahn sei ein „Schlüsselfaktor“ bei der Bewältigung dieser Entwicklung im Sinne der Verbraucher. Deutschland stelle deshalb eine Rekordsumme für den Ausbau des Bahnverkehrs in den kommenden Jahren zur Verfügung. Die finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen müssten stimmen. An dieser Stelle wurde es am Dienstag interessant.

Bahn trägt Zusatzkosten von 600 Millionen Euro

Rüdiger Grube, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, teilt natürlich Dobrindts Einschätzung, dass auf der Schiene die Zukunft des „individuell- öffentlichen Verkehrs“ fährt – intermodal (also vernetzt mit anderen Verkehrsträgern), umweltschonend, komfortabel. Allein, die Rahmenbedingungen seien noch nicht so, wie die Bahn sie sich wünsche. Im Gegenteil. „Wir werden bestraft für unser Engagement“, klagte Grube mit Blick auf die tatsächlich vorzeigbaren Erfolge des Schienenkonzerns bei der Reduzierung von CO2-Emissionen, Stromverbrauch und beim Einsatz erneuerbarer Energien. Der Preis für diesen Erfolg, so Grube, seien überproportionale Belastungen für die Bahn durch Steuern und Abgaben. „In drei Jahren sind so rund 600 Millionen Euro an zusätzlichen Kosten entstanden“, sagte der Bahn-Chef. Energiesteuern, EEG-Umlage, Stromsteuern – jeder einzelne Posten sei zu bewältigen, sagte Grube, „nicht aber die Kumulation“. Hinzu kämen schlechtere Wettbewerbsbedingungen durch niedrige Spritpreise und eine gesunkene Lkw-Maut.

Der höfliche Schlagabtausch zwischen Minister und Bahn-Chef war keine Premiere. Über das Thema ist man sich schon länger uneins. Zeit und Ort zeigten am Dienstag aber doch, dass sich Rüdiger Grube öffentlich lieber mit den Innovationen der Bahn – zum Beispiel dem neuen ICE4 – beschäftigen würde als mit Steuern und einer straßenfreundlichen Verkehrspolitik. Innovativ muss die Eisenbahn auch bleiben. Gerade habe er sich im Silicon Valley mit einem Google-Manager unterhalten, berichtete Grube. Dieser habe geklagt, der mächtige Internetkonzern sei noch nicht schnell genug angesichts tausender Start-ups ringsum. „Auch wir müssen nicht laufen, wir müssen rennen“, appellierte Grube an die rund 1000 Gäste der Innotrans-Eröffnungsveranstaltung am Dienstag im Palais am Funkturm.

EU-Kommissarin Bulc: Mehr Menschen sollen Bahn fahren

Beim Rennen dürften die Bahnbetreiber aber nicht die Kunden verlieren, mahnte EU-Verkehrskommissarin Violet Bulc. „Wir wollen, dass mehr Menschen Bahn fahren“, sagte sie. Zwischen Bürgern und Bahnindustrie gebe es noch „eine Lücke“. Nicht alle Dienstleistungen würden angeboten, die Bahnen zu einem kundenfreundlichen Transportmittel machten. Ein Grund: der fragmentierte Markt in Europa. Die EU-Kommission dringt auf ein vereinfachtes und einheitliches Bahnsystem in Europa. Zwar sei man bei der Abschaffung überflüssiger Normen und der Beschleunigung von Zulassungen vorangekommen. „Wir brauchen aber auch einheitliche Tickets über alle Verkehrsträger hinweg“, forderte Bulc. In einem Pilotprojekt könne man dies beispielsweise den Studenten des europäischen Erasmus- Auslandsprogramms anbieten.

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