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Blase geplatzt? Goldman Sachs warnt, der Wert mancher Kryptowährungen könnte auf null fallen.
© Getty Images/iStockphoto

Kryptogeld auf Kredit: Anleger verschulden sich für den Bitcoin-Kauf

Um Bitcoins zu kaufen, nehmen Anleger inzwischen sogar Kredit auf. Durch den Crash wird das zum Problem. Regierungen wollen nun eingreifen.

Anfangs ist es nur ein Spaß. Die ersten Bitcoins kaufen Gabi und Werner Brockhoff schlicht, um zu sehen, was passiert. Doch dann steigt der Preis für die Kryptowährung, und zwar rasant. Statt zu verkaufen, ihren Gewinn zu realisieren, wird das Ehepaar aus Berlin mutiger. Im November nehmen sie einen Kredit über 20 000 Euro auf, um weitere Bitcoins zu kaufen. Dazu erwerben sie noch Trons, Einheiten einer neuen Kryptowährung, die überhaupt erst seit September auf dem Markt ist. Die Brockhoffs, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, sind überzeugt: Bitcoin und die dahinterstehende Technologie Blockchain haben Zukunft, und davon wollen sie profitieren. Dass andere nicht verstehen können, warum sie sich dafür verschulden, stört sie nicht. Werner Brockhoff sagt, das sei wie bei Galileo Galilei. Dem habe man auch erst nicht glauben wollen, als er behauptete, die Erde drehe sich um die Sonne.

Es sind Anleger wie die Brockhoffs, die den Bitcoin-Preis im vergangenen Jahr nach oben getrieben haben. Kostete eine Einheit der Kryptowährung Anfang 2017 noch 1000 Dollar, waren es vor Weihnachten fast 20 000 Dollar. Das hat einige wenige zu Millionären gemacht und bei sehr viel mehr Menschen die Gier geweckt. Doch die vergangenen Wochen zeigen: So schnell man mit Bitcoins Geld verdienen kann, so schnell kann man es auch wieder verlieren. Vor wenigen Tagen ist der Preis für ein Bitcoin auf 6000 Dollar gefallen, zuletzt waren es immerhin wieder 8000 Dollar.

18 Prozent der Anleger kaufen Bitcoin auf Kredit

Entsprechend bedenklich ist angesichts dieser Kursschwankungen, dass sich Anleger für den Kauf von Kryptowährungen verstärkt verschulden. Denn so wie die Brockhoffs nehmen inzwischen bereits 18 Prozent der Bitcoin-Käufer einen Kredit auf. Das zeigt eine Umfrage unter 3000 Anlegern in den USA und  Europa, die die Website Coindesk gerade veröffentlicht hat.

Wolf Brandes von der Verbraucherzentrale Hessen hält das für eine kritische Entwicklung: „Eine Anlage in Bitcoins ist hochriskant, im schlimmsten Fall droht der Totalverlust.“ Wer da einen Kredit aufgenommen hat, bleibt schnell auf den Schulden sitzen. Brandes fühlt sich bereits an den Neuen Markt erinnert. Damals haben Anleger ebenfalls vom großen Gewinn geträumt, Aktien auf Pump gekauft – und am Ende viel Geld verloren. Felix Hufeld, Chef der Finanzaufsicht Bafin, fürchtet ebenfalls, durch den Bitcoin-Boom werde es „Exzesse geben, die bittere Verlierer produzieren“.

Banken schränken die Transaktionen ein

Manche Banken greifen deshalb ein. JP Morgan, Citigroup, Bank of America und Lloyds lassen ihre Kunden seit Kurzem keine Bitcoins mehr mit der Kreditkarte kaufen. Damit wollen sie die Verbraucher schützen – aber auch sich selbst. Zu groß ist offenkundig die Angst der Banken, dass sie auf den Schulden sitzen bleiben, sollten die Kurse für Kryptowährungen abstürzen. Zumal Kreditkarten in den USA und Großbritannien etwas anders funktionieren als in Deutschland: Wird der offene Betrag hierzulande monatlich automatisch vom Girokonto abgebucht, können Kunden in angelsächsischen Ländern flexibel entscheiden, wann sie wie viel zurückzahlen. Anders als in Deutschland bekommt man in den USA und Großbritannien also über die Karte einen richtigen Kredit und die Banken haben kein Interesse daran, dass die Kunden das zum Zocken nutzen. Und Bitcoins zu kaufen ist Zockerei, so sehen es Notenbanker wie Mario Draghi. Digitalwährungen müsse man „als sehr riskante Wertanlagen“ einstufen, forderte er diese Woche.

Zumal keiner weiß, wie es mit der Kryptowährung weitergeht. Die wenigen Prognosen, die es gibt, gehen weit auseinander. Während die dänische Saxo Bank den Bitcoin-Kurs in diesem Jahr noch auf 100 000 Dollar steigen sieht, warnt Goldman Sachs davor, einige Kryptowährungen könnten auf null fallen. Oliver Flaskämper, der sich seit Jahren mit Bitcoins beschäftigt und Deutschlands einzigen Marktplatz für Kryptowährungen Bitcoin.de betreibt, wagt deshalb auch erst gar keine Prognose. „Da könnte ich auch die Lottozahlen vorhersagen“, sagt er.

Der Stromverbrauch für die Herstellung von Bitcoins ist hoch

Dabei wird es auch von der Politik abhängen, wie sich Bitcoin und Co. entwickeln. Weltweit beschäftigen sich derzeit Regierungen und Aufseher mit der Frage, wie man die Kryptowährungen kontrollieren kann. Agustin Carstens, Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), hält das für zwingend nötig. „Was vielleicht ursprünglich als alternatives Zahlungssystem ohne staatliche Beteiligung gedacht war, ist inzwischen zu einer Mischung aus Finanzblase, Schneeballsystem und Umweltkatastrophe geworden“, sagte er diese Woche. Mit Letzterem meint er die enorme Energie, die aufgewendet werden muss, um Bitcoins an Hochleistungscomputern zu erschaffen. Der Stromverbrauch für die Herstellung der Kryptowährungen entspreche bereits dem Verbrauch des Staates Singapur, rechnet Carstens vor.

In Deutschland taucht die Bitcoin-Regulierung sogar im Koalitionsvertrag von Union und SPD auf: Man wolle sich für einen „angemessenen Rechtsrahmen für den Handel mit Kryptowährungen und Token auf europäischer und internationaler Ebene einsetzen“, heißt es da. Auf Wunsch von Deutschland und Frankreich könnte ein Regelwerk für Kryptowährungen sogar schon beim Treffen der G-20-Finanzminister im März Thema werden. Die beiden Länder schlagen vor, internationale Expertengremien wie den für Fragen der Finanzstabilität zuständigen FSB zunächst mit einem Bericht zu beauftragen. Zudem müsse erwogen werden, den Internationalen Währungsfonds (IWF) einzuspannen. Das zeigt aber auch: Wie eine Regulierung von Kryptowährungen aussehen soll, ist noch offen. Zumal das den Vorstellungen ihrer Erfinder entgegenläuft, die sich freie Währungen wünschen, die eben nicht staatlich kontrolliert werden.

Südkorea und China haben den Bitcoin-Handel verboten

Besonders weit gehen schon jetzt China und Südkorea, die den Bitcoin-Handel komplett verbieten. Börsen, an denen Bitcoin und Co. gehandelt werden, müssen schließen. China hat zusätzlich auch noch die Schaffung neuer Bitcoins verboten. Generiert werden Digitalwährungen an Hochleistungscomputern, – ohne Zugang zum Stromnetz, den China jetzt verweigert, geht das nicht.

Weltweit sei ein komplettes Verbot von Kryptowährungen allerdings kaum durchsetzbar, meint Börsenbetreiber Flaskämper. Er vergleicht das mit Gold: Auch das Edelmetall habe man in der Geschichte immer wieder verbieten wollen. Durchhalten konnte man das aber nicht. So würde ein Verbot aus seiner Sicht auch nicht das Ende der Kryptowährungen bedeuten – der Handel mit ihnen würde dann nur ins sogenannte Darknet abwandern. Daran könnten die Regierungen auch kein Interesse haben.

Dazu kommt, dass auch Anleger nicht auf die Kryptowährungen verzichten wollen. So glaubt Werner Brockhoff trotz Crash weiter fest an den Aufstieg der Kryptowährungen. „Der jüngste Absturz war gut und gesund“, sagt er. Vorher seien Bitcoin und Co. doch viel zu schnell gestiegen. Die gefallenen Kurse hat Brockhoff genutzt: „Ich habe jetzt nochmal zugekauft.“

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