Die Digitalwährung steigt auf über 11.000 Dollar: Sollte man jetzt Bitcoins kaufen?
Bitcoin knackt gerade einen Rekord nach dem nächsten, der Preis für die Digitalwährung liegt bereits bei über 11.000 Dollar. Das lockt Anleger. Allerdings ist der Kauf riskant.
Noch am Wochenende war ein Bitcoin 9000 Dollar wert, jetzt sind es schon mehr als 11.000 Dollar. Das lässt Profis wie Kleinsparer staunen. Allein in diesem Jahr hat die Digitalwährung bereits um 900 Prozent zugelegt. Wer noch sehr viel früher eingestiegen ist, der konnte mit Bitcoins sogar zum Millionär werden: Hätte man vor sieben Jahren Bitcoins für 100 Dollar gekauft, wären die heute mehr als 70 Millionen Dollar wert. Manche sprechen daher von einem modernen Goldrausch – und an dem will so mancher teilhaben. Aber ist das sinnvoll? Oder doch viel zu riskant?
Was Bitcoins sind
Bitcoin ist eine reine Digitalwährung: Anders als beim Euro oder Dollar gibt es also keine Scheine oder Münzen. Entwickelt hat sie vor neun Jahren eine Person oder Gruppe, die sich bis heute hinter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto versteckt. Die Idee: Nach der Erfahrung in der Finanzkrise wollte man sich unabhängig von den Geschäfts- und Zentralbanken machen. Denn wird eine klassische Währung wie der Euro oder der Dollar von einer Zentralbank herausgeben und überwacht, gibt es eine solche Kontrolle bei Bitcoins nicht. Die Digitalwährung entsteht vielmehr während eines Rechenprozesses am PC: Der ist allerdings so kompliziert, dass das Schaffen eines Bitcoins mit einem normalen Computer Monate dauern würde. Stattdessen werden die Einheiten der Digitalwährung in der Regel in großen Server-Farmen generiert. Verknappt wird das Angebot dadurch, dass es eine Obergrenze gibt: Maximal können 21 Millionen Bitcoins geschaffen werden, so haben es die Erfinder festgelegt.
Der Wert der Digitalwährung
Wie bei jeder anderen Währung auch, haben Bitcoins nur den Wert, den die Nutzer ihnen beimessen. Ob der derzeit hohe Kurs gerechtfertigt oder übertrieben ist, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. So prognostiziert das Finanzhaus Standpoint Research zum Beispiel, dass der Bitcoin-Kurs in den nächsten zehn Jahren noch auf 50.000 Dollar steigen dürfte – während sich andere bereits auf den Crash vorbereiten. So meint Tidjane Thiam, Chef der Credit Suisse, die Entwicklung beim Bitcoin sei „die exakte Definition einer Blase“.
Dass Banken sehr skeptisch im Umgang mit Bitcoins sind, könnte allerdings zu einem gewissen Grad auch daran liegen, dass sie beim Handel mit der Digitalwährung außen vor bleiben. Anders als bei einer normalen Überweisung braucht man nämlich keine Bank als Zwischenhändler, um Bitcoins von einem Nutzer zum anderen zu übertragen. Möglich wird das, weil Bitcoins eine reine Computerwährung sind und auf der Blockchain-Technologie basieren. Bei der gibt es ein großes, virtuelles Kassenbuch, in dem verzeichnet wird, wem wie viele Bitcoins gehören und wer sie wann an wen übertragt. Das Besondere dabei: Dieses Kassenbuch wird nicht zentral, etwa auf dem Server einer Bank, gespeichert, sondern dezentral auf vielen angeschlossenen Computern. Wechseln Bitcoins den Besitzer, wird die Überweisung automatisch geprüft und das Kassenbuch auf all diesen Rechnern aktualisiert.
Dieser Blockchain-Technologie messen Experten inzwischen eine enorme Bedeutung zu. Viele glauben, dass sie diverse Branchen auch abseits vom Bankgeschäft revolutionieren könnte – weshalb inzwischen fast alle großen Konzerne ihre Möglichkeiten erforschen.
Der Blockchain-Hype trägt sicherlich auch zum Bitcoin-Boom bei. Gleichzeitig ist die Digitalwährung in Ländern wie China und Venezuela beliebt, wo es Kapitalverkehrskontrollen gibt: Wer dort lebt, kann also nicht ohne Weiteres Geld ins Ausland transferieren – weshalb viele Bitcoins als Alternativwährung nutzen. Auch das lässt den Kurs zulegen. Dazu kommen Spekulanten, die von den steigenden Preisen profitieren wollen und sie so ihrerseits in die Höhe treiben.
Wo die Risiken liegen
Wer nun überlegt, Bitcoins zu kaufen, sollte sich allerdings der Risiken bewusst sein – und davon gibt es einige. Da sind zum Beispiel die starken Kursschwankungen. Denn auch wenn der Preis für Bitcoins zuletzt von einem Rekord zum nächsten eilte, so ist er zwischendurch auch immer wieder rasant eingebrochen. Anfang November erst hat der Bitcoin-Kurs binnen 48 Stunden um 1000 Dollar nachgegeben. Das zeigt, wie schnell mit der Digitalwährung auch Werte vernichtet werden können.
Dazu kommt, dass Bitcoins nicht nur bei Anlegern, sondern auch bei Kriminellen begehrt sind. Gerade weil keine Bank zwischengeschaltet ist und die Transaktionen anonym durchgeführt werden, mischen auch Nutzer mit wenig seriösen Absichten mit. So fordern zum Beispiel Hacker, die Konzerne mit gestohlenen Daten erpressen, oft Lösegeld in Bitcoins.
Gleichzeitig gelingt es Kriminellen auch immer wieder, die Börsen zu knacken, an denen Bitcoins gehandelt werden. Schätzungen zufolge sollen bereits eine Million Bitcoins gestohlen worden sein, was einen Schaden von mehr als elf Milliarden Dollar entspricht. Laut einer Studie, die das US-Heimatministerium finanziert hat, sind ein Drittel aller Bitcoin-Börsen schon einmal gehackt worden. Bekannt ist etwa der Fall der japanischen Bitcoin-Börse Mt.Gox, der 650.000 Einheiten der Digitalwährung abhanden kamen – sie musste später Insolvenz anmelden. Der jüngste Angriff hat die Bitcoin-Alternative Tether getroffen: Erst letzte Woche wurde bekannt, dass Einheiten der Kryptowährung im Wert von mehr als 30 Millionen Dollar gestohlen worden sein sollen. Abgesehen davon können Anleger auch schnell auf „falsche“ Digitalwährungen hereinfallen. So gibt es neben Bitcoins diverse andere Cybermünzen, und nicht hinter allen steckt ein seriöses Geschäftsmodell. Ein Beispiel dafür sind die Onecoins, die Nutzer auch in Deutschland über eine zentrale Plattform erwerben konnten. Ermittler vermuten jedoch, dass es sich um ein Schneeballsystem gehandelt hat. Die Finanzaufsicht Bafin hat das Geschäft inzwischen untersagt und Konten der Firma gesperrt. Das zeigt, wie vorsichtig Anleger sein sollten, die Kryptowährungen erwerben wollen.
Welche Alternativen es bald geben soll
Auch deshalb lohnt es sich möglicherweise, noch etwas abzuwarten. So sollen Anleger langfristig nämlich auch auf Bitcoins setzen können, ohne sie direkt kaufen zu müssen. Möglich würde das zum Beispiel über börsengehandelte Fonds (ETF), die entweder selbst Bitcoins kaufen oder deren Preis fiktiv nachbilden. Noch ist allerdings kein Bitcoin-ETF auf dem Markt. In den USA versuchen die Zwillingsbrüder Cameron und Tyler Winklevoss schon seit längerem, ein solches Papier herauszubringen. Die Börsenaufsicht SEC hat das untersagt, allerdings hat der Börsenbetreiber Bats dagegen Einspruch eingelegt. Gleichzeitig versuchen auch andere ETF-Anbieter, ein Bitcoin-Papier herauszugeben. So soll ProShares in den USA einen entsprechenden Antrag bei der SEC gestellt haben. Schon jetzt gibt es einzelne Fonds wie der Acatis Datini Valueflex Fonds, die zumindest einen Teil des eingesammelten Gelds in Bitcoins investieren.
Die CME, die weltgrößte Börse für Terminkontrakte mit Sitz in Chicago, arbeitet außerdem daran, einen Future für Bitcoins aufzulegen. Sollten die Aufseher das erlauben, will die CME die Papiere noch in diesem Jahr auf den Markt bringen. Auch das treibt den Bitcoin-Kurs nach oben. Durch solche Bitcoin-Futures könnten Anleger auf einen steigenden (oder fallenden) Preis der Digitalwährung spekulieren. Futures sind Börsenkontrakte, mit denen man sich schon heute den Preis für einen Rohstoff oder eine Währung sichern kann, die man erst später erhält. Gedacht sind solche Geschäfte eigentlich, um sich gegen Preisschwankungen abzusichern. Man kann sie aber auch nutzen, um bewusst auf fallende oder steigende Preise zu spekulieren.
Sollte es tatsächlich eine Zulassung für Bitcoin-Futures geben, dürfte es sehr viel einfacher werden, in die Digitalwährung zu investieren. Zwar haben Kleinanleger über deutsche Depotbanken in der Regel keinen Zugang zu Produkten der CME. Allerdings dürften sehr schnell Fonds auf den Markt kommen, die das Geld der Anleger wiederum in Bitcoin-Futures stecken. Doch auch dann bleibt die Anlage in Bitcoins hochriskant. Niemand kann sagen, wie lange der Hype um die Digitalwährung anhält.