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Severin Freund ist Deutschlands große Hoffnung bei der Vierschanzentournee.
© Severin Freund

Skispringen: Wer gewinnt die 63. Vierschanzentournee?

In Oberstdorf findet am Sonntag das erste Springen der Vierschanzentournee statt. Favoriten auf den Gesamtsieg gibt es einige. Hier stellen wir sie Ihnen vor.

Nur eines ist gewiss vor dem Start einer Vierschanzentournee: die Ungewissheit. Oder wie es der im Sommer zurückgetretene österreichische Skispringer Thomas Morgenstern ausdrückt: „Es ist unmöglich, den Tourneesieger vorauszusagen, da könntest du genauso gut ins Casino gehen.“ Wer wäre zum Beispiel im vergangenen Jahr darauf gekommen, dass der österreichische Kontinentalcupspringer Thomas Diethart, genannt „der Dietl“, in Garmisch-Partenkirchen sein erstes Weltcupspringen gewinnt und anschließend sogar die gesamte Tournee? Die 63. Vierschanzentournee beginnt am Sonntag mit dem Springen in Oberstdorf (16.30 Uhr, live in der ARD). Und auch sie wird von einer Eigendynamik leben, die einen Außenseiter wie den Deutschen Richard Freitag oder den lange verletzten Doppelolympiasieger Kamil Stoch aus Polen ganz nach vorne spülen kann. In diesem Jahr ist eine Prognose noch schwieriger, weil der Kreis der Favoriten so groß wie selten ist. Im Einzelnen:

Anders Fannemel (Norwegen)
Der 23 Jahre alte Norweger zählt zu den Überraschungen der aktuellen Wintersaison. In den ersten sieben Weltcupspringen landete der Weltcupführende immer unter den besten sechs Springern, in Nizhny Tagil gelang ihm sogar sein erster Weltcupsieg. Zuletzt in Engelberg schwächelte der ehemalige Biathlet mit den Plätzen 21 und 8 erstmals. Doch für die Vierschanzentournee hat er sich einiges vorgenommen. „Ich bin unheimlich motiviert“, sagt Fannemel, „ich hoffe, dass wir die Österreicher herausfordern können.“ Diese haben zuletzt sechs Mal in Folge die Vierschanzentournee gewinnen können.

Roman Koudelka (Tschechien)
Eigentlich ist der 25 Jahre alte Tscheche Roman Koudelka der wahre Weltcupführende dieses Winters. Ähnlich wie Fannemel gewann er in Klingenthal erstmals ein Weltcupspringen, doch konnte er dieses Kunststück in Lillehammer und Engelberg auch wiederholen. Trotz dieser Konstanz wird er im Gesamtweltcup nur auf Rang zwei geführt, weil er die beiden Springen im russischen Nizhny Tagil ausgelassen hat. „Sicher zähle ich zu den Favoriten“, sagt Roman Koudelka vor der Vierschanzentournee, „aber es gibt zehn andere, die auch gewinnen können.“

Michael Hayböck (Österreich)
Zum Beispiel Michael Hayböck. Der 23-Jährige hat zwar in seiner Karriere noch nie ein Weltcupspringen gewinnen können, doch gehört er allein schon aufgrund seines österreichischen Passes zum Favoritenkreis der Vierschanzentournee. Seit 2008/09 haben Springer aus dem Land der Berge den Tourneesieg unter sich ausgemacht. Und Michael Hayböck ist als Weltcupdritter in diesem Winter der erfolgreichste Springer des neuen österreichischen Nationaltrainers Heinz Kuttin. Der ersten Weltcupsieg muss auch gar nicht bei dieser Vierschanzentournee passieren, findet Michael Hayböck: „Wenn ich in Bischofshofen mit 0,1 Punkten Rückstand Zweiter werde, aber dafür die Vierschanzentournee gewinne, bin ich auch zufrieden.“ Den nötigen Schmäh dafür besitzt er offenbar schon.

Severin Freund (Deutschland)
Auch Severin Freund zählt mal wieder zu den Favoriten. Das Problem ist nur, dass das in den vergangenen drei Jahren ebenfalls so war und er die fremden und eigenen Erwartungen bei der Vierschanzentournee stets enttäuscht hat. In diesem Jahr aber soll es für den Viertplatzierten im Weltcup endlich klappen mit einer Platzierung ganz vorne. „Ich glaube, dass ich besser vorbereitet bin als in den vergangenen Jahren“, sagt Severin Freund. Mit der Mannschaftsgoldmedaille in Sotschi hat er unter Beweis gestellt, dass er auch bei Großereignissen gewinnen kann, und mit dem Skiflug-WM-Titel, dass es auch alleine geht. Nun muss er nur noch zeigen, dass das auch bei der Vierschanzentournee funktioniert.

Simon Ammann (Schweiz)
Eigentlich fehlt dem 33 Jahre alten Schweizer nur noch ein einziger Titel, um sein skispringerisches Gesamtkunstwerk abzurunden: der Sieg bei der Vierschanzentournee. Im letzten Jahr war es mit Platz drei wieder einmal recht knapp. Zweimal landete er auch schon auf dem zweiten Platz. Doch gewinnen konnte er die Gesamtwertung der vier Springen noch nie. Immerhin siegte er im vergangenen Jahr beim Auftaktspringen in Oberstdorf. „Das war ein schönes Erlebnis“, sagt Ammann, „das hat mich beflügelt, auch wenn der Rest der Saison nicht so gut gelungen ist.“ Als erfahrener Skispringer wagt er sogar eine Prognose für die diesjährige Vierschanzentournee. Simon Ammann sagt: „Wahrscheinlich wird wieder etwas anderes rauskommen, als wir alle denken.“

Gregor Schlierenzauer (Österreich)
Mit 53 Weltcupsiegen ist der 24 Jahre alte Österreicher schon jetzt der erfolgreichste Skispringer aller Zeiten. In der aktuellen Saison zeichnet er sich bislang durch seine Inkonstanz aus, zwischen Platz eins und 24 war fast alles dabei. Doch Gregor Schlierenzauer hat auch schon zweimal die Vierschanzentournee gewonnen. Er weiß, wie das geht, und zählt schon deshalb zum engen Favoritenkreis. In diesem Jahr geht er mit großer Gelassenheit in die Anlaufspur. „Wenn man schon sehr viel erreicht hat, dann ist es wichtig, seinen Weg zu gehen“, sagt Schlierenzauer, „manchmal muss man auch eine Stufe runtersteigen, um neu Anlauf zu nehmen.“ Und um möglicherweise ganz oben auf dem Siegerpodest zu landen.

Noriaki Kasai (Japan)
Hätte es nicht ein anderer erfunden, könnte das Motto „immer weiter, immer weiter“ auch für Noriaki Kasai gelten. Mit 42 Jahren bricht der Japaner gegenwärtig alle Altersrekorde. Nach seinem Sieg in Ruka ist er der älteste Skispringer, der je einen Weltcup gewann. Im vergangenen Jahr landete er auf Rang vier, mit Silber und Bronze in Sotschi hat er zudem bewiesen, dass auch bei Großereignissen weiterhin mit ihm zu rechnen ist. Und es versteht sich von selber, dass Kasai auch der älteste Tourneesieger wäre.

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