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Voller Einsatz. Ondrej Duda (r.) hat ist in Norwich zwar noch ohne Torbeteiligung, trotzdem hat er seinen Trainer überzeugt.
© imago images/Focus Images

So schlagen sich Duda, Covic und Co. in der Fremde: Was machen die Leihspieler von Hertha BSC?

Aktuell hat Hertha BSC acht Spieler an andere Klubs verliehen. Mit einigen planen die Berliner weiterhin. Wir haben mal geschaut, wie es bisher für sie läuft.

Sven Kretschmer ist bei Hertha BSC nicht nur als Chefscout angestellt, er geht auch noch einer Nebentätigkeit nach, die – zumindest bis zur Einstellung des Spielbetriebs – mit einigem Mehraufwand verbunden gewesen sein dürfte. Kretschmer kümmert sich um die Spieler, die Hertha aktuell an andere Klubs verliehen hat. Er hält Kontakt zu ihnen, besucht sie gelegentlich und analysiert ihre Spiele.

Acht Profis hat der Berliner Fußball-Bundesligist momentan verliehen. Während Eduard Löwen (FC Augsburg) und Davie Selke (Werder Bremen) dauerhaft bei ihren neuen Klubs bleiben sollen, hat Lucas Tousart noch gar nicht für Hertha gespielt. Die Berliner haben den Mittelfeldspieler im Winter für 24 Millionen Euro verpflichtet und ihn umgehend bis zum Saisonende an seinen bisherigen Klub Olympique Lyon verliehen. Wie aber ergeht es den anderen fünf Spielern in der Fremde? Ein Überblick.

ONDREJ DUDA

Für Ondrej Duda gab es zuletzt endlich mal wieder gute Nachrichten. In seiner slowakischen Heimat zählt er zu den elf Nominierten für die Wahl als Fußballer des Jahres 2019. Die Leistungen in der Premier League haben dabei naturgemäß keine Rolle gespielt – weil Duda erst im Januar 2020 dorthin gewechselt ist. Bisher waren seine Auftritte beim Tabellenletzten Norwich City auch nicht gerade preisverdächtig.

In der Premier League ist der 25 Jahre alte Mittelfeldspieler sieben Mal zum Einsatz gekommen. 581 Minuten stand er insgesamt auf dem Platz, dreimal hat er durchgespielt – doch als Norwich durch einen Sieg im Elfmeterschießen gegen Tottenham erstmals nach 28 Jahren wieder das Viertelfinale des FA-Cups erreichte, blieb Duda das ganze Spiel auf der Ersatzbank.

Kein Tor, keine Vorlage, so lautet die Bilanz des Slowaken. Die Website football365.com sortierte ihn dafür auf Platz 82 aller 184 Neuverpflichtungen der Premier League in der Saison 2019/20 ein. Hört sich nach einer Fortsetzung seiner eher unerquicklichen Hinrunde in Berlin an, in der er ebenfalls ohne Tor blieb und lediglich am ersten Spieltag einen Treffer vorbereitete.

"Ich bin total glücklich mit Ondrej"

In England war Duda immerhin an zwei Toren mittelbar beteiligt, weil er mit seinen Aktionen zwei Elfmeter provozierte. Gleich bei seinem Debüt für Norwich gegen Bournemouth stoppte ein gegnerischer Verteidiger den Ball nach Dudas Weitschuss mit der Hand. Citys deutscher Trainer Daniel Farke lobt Duda auch für seinen läuferischen Einsatz, weil er jedes Mal der Spieler seines Teams sei, der die größte Strecke zurücklege. „Ich bin total glücklich mit Ondrej“, sagte Farke. „Er hat einen großen Einfluss auf unser Spiel.“

NILS KÖRBER

Der Plan klang gut: Im Sommer kommt Nils Körber, 23, mit reichlich Spielpraxis nach Berlin zurück. Er wird bei Hertha Torhüter Nummer zwei und hat angesichts des fortgeschrittenen Alters von Rune Jarstein eine echte Perspektive, den Norweger in absehbarer Zeit als Stammkeeper abzulösen.

Inzwischen aber geht dieser Plan nur noch bedingt auf. Weil Jarstein schwächelte, sind sie sich bei Hertha nicht mehr sicher, ob sie nicht eher eine neue Nummer eins brauchen als eine Nummer zwei. Deshalb sind zuletzt Loris Karius (Besiktas Istanbul) und Hendrik van Crombrugge (RSC Anderlecht) als mögliche Torhüter gehandelt worden.  

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Bei aller Wertschätzung für Körber: Die Rolle als Nummer eins trauen sie dem früheren U-21-Nationaltorhüter bei Hertha wohl noch nicht zu, obwohl er sich zumindest in den ersten beiden Jahren außerhalb Berlins (Preußen Münster, VfL Osnabrück) wunschgemäß entwickelt hat. Mit Osnabrück ist Körber im vergangenen Sommer in die Zweite Liga aufgestiegen und sogar zu Niedersachsens Fußballer des Jahres gewählt worden.

Die aktuelle Saison aber läuft eher durchwachsen. Am vierten Spieltag verletzte sich Körber am Becken und fiel bis zur Winterpause aus. Anschließend gab VfL-Trainer Daniel Thioune erst einmal seinem Konkurrenten Philipp Kühn den Vorzug. Und obwohl Körber zuletzt mal wieder spielen durfte, war er auch vor der Einstellung des Spielbetriebs in Osnabrück nur noch zweiter Torhüter.

DENNIS JASTRZEMBSKI

Genauso schnell, wie sich Dennis Jastrzembski auf die große Bühne geschossen hat, genauso schnell ist er wieder in der Versenkung verschwunden. Aber immerhin hat der junge Mann aus Herthas Nachwuchs bei der Wahl seines Leihvereins jene Professionalität bewiesen, die ihm in der täglichen Arbeit auf dem Trainingsplatz ein wenig abgegangen ist. Besser als mit dem SC Paderborn hätte Jastrzembski es kaum treffen können.

Nicht nur, weil der Klub und vor allem dessen Trainer Steffen Baumgart ein Händchen für Spieler haben, die ihre Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft haben. Paderborns Spielstil  kommt Jastrzembski durchaus zupass. „Das schnelle Umschalten, das direkte Passspiel, der Zug nach vorne – das sah schon auf dem Bildschirm sehr imponierend aus“, hat er dem „Westfalen-Blatt“ gesagt.

Bevor Jastrzembski sich für anderthalb Jahre dem Bundesligaaufsteiger anschließen durfte, musste er erst noch seinen Vertrag mit Hertha verlängern. So richtig aufgegeben hat der Klub den Offensivspieler, der gerade 20 geworden ist und über eine herausragende Schnelligkeit verfügt, also noch nicht. Dabei ist Jastrzembski vor seinem Wechsel selbst in Herthas U 23 keine Stammkraft mehr gewesen. Im August stand er letztmals in der Startelf.

In Paderborn hat Jastrzembski bei seinen drei Einsätzen schon länger auf dem Platz gestanden (99 Minuten) als bei seinen fünf Bundesligaspielen für Herthas Profis (60 Minuten). „Der Junge passt genau in unser Beuteschema“, sagt Baumgart. „Dennis bringt viel mit. An ein paar Sachen wie Handlungsschnelligkeit oder Präzision in den Flanken arbeiten wir.“

Fünf Spiele, kein Tor. Daishawn Redan bleibt in Groningen vor allem hinter seinen eigenen Erwartungen zurück.
Fünf Spiele, kein Tor. Daishawn Redan bleibt in Groningen vor allem hinter seinen eigenen Erwartungen zurück.
© imago images/Pro Shots

MAURICE COVIC

Der italienische Zweitligist Ascoli Calcio hat sich in der Vergangenheit als durchaus interessante Adresse für Spieler erwiesen, deren Karriere ein wenig ins Stocken geraten ist. 1991 zum Beispiel wechselte ein ehemaliger deutscher U-21-Nationalspieler von Austria Salzburg dorthin. Sein Name: Oliver Bierhoff.

Dass die Karriere von Maurice Covic, 21 Jahre alt, einen ähnlichen Weg nimmt wie die von Oliver Bierhoff, erscheint im Moment allerdings unwahrscheinlich. Anfang Januar wechselte Covic von Berlin nach Ascoli. Bei seinem Spielerprofil auf der Vereinshomepage ist bisher lediglich sein Geburtsdatum abzurufen. Zwar stand Covic bei allen acht Spielen seit seinem Wechsel im Kader, gespielt aber hat er noch nicht. Auf sein Debüt als Profi muss er also weiterhin warten.

Vermutlich hat sich Covic das alles ein bisschen anders vorgestellt, zumal es auch für seine neue Mannschaft alles andere als gut läuft. Als er aus Berlin kam, war Ascoli Tabellensiebter der Serie B. Inzwischen ist das Team nach nur fünf Punkten aus den jüngsten acht Spielen auf Platz 15 zurückgefallen.

DAISHAWN REDAN

Daishawn Redan ist in der Jugend von Ajax Amsterdam und beim FC Chelsea ausgebildet worden. Das merkt man – vor allem an seinem Selbstbewusstsein. Der junge Mann, gerade 19 geworden, ist ziemlich von sich überzeugt. „Ich will den Leuten zeigen, dass es Daishawn Redan noch gibt“, hat Daishawn Redan gesagt, als er Ende Januar auf Leihbasis zum FC Groningen in seine Heimat wechselte.

Redan sorgt für Ärger in Groningen

Bei Hertha gab es Redan vor allem als Spieler der U 23 in der Regionalliga – obwohl er sich das im Sommer ganz anders vorgestellt hatte. U 23 habe er schon bei Chelsea gespielt, jetzt wolle er sich bei den Profis durchsetzen, verkündete der Niederländer. Doch ein Kurzeinsatz am zweiten Spieltag, eine Kadernominierung am dritten – das war es für Redan in der Hinrunde.

In Groningen, beim Tabellenneunten der Ehrendivision, sammelt er nun die Spielpraxis, die er für sein weiteres Fortkommen als nötig erachtet hat. Seit der Einwechslung bei seinem Debüt stand Redan stets in der Startelf, allerdings durfte er nur einmal durchspielen. Und zuletzt, bei der 0:1-Niederlage gegen Eindhoven, wurde er schon in der 64. Minute vom Feld geholt. „Ich habe Gutes über ihn gehört, aber ich bin nicht zufrieden mit ihm“, sagte Trainer Danny Buijs.

Dass Redan sich dieser Tage dabei filmen ließ, wie er mit ein paar Kumpels in Amsterdam auf einem Bolzplatz kickte, ist in Groningen ebenfalls nicht gut angekommen. Er musste sich öffentlich entschuldigen und eine nicht näher bezifferte Summe für einen guten Zweck spenden.

Als Redan Ende Januar in Groningen unterschrieb, bestand er auf dem Trikot mit der Nummer 9, die gerade frei geworden war. Er werde dies mit Toren zurückzahlen, sagte er. Sieben bis zehn Treffer hat sich Redan für die Rückrunde vorgenommen. Bisher ist ihm kein einziger gelungen. Dass es in Groningen mit dem Toreschießen nicht ganz so einfach werden könnte, hätte Redan bei einem Blick auf die Tabelle zumindest ahnen können. Bei seinem Wechsel hatte die Mannschaft in 21 Spielen exakt 23 Mal getroffen.

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