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Nach dem Sieg gegen den FC Bayern: VfL Wolfsburg: Wie einst Real Madrid

Der VfL Wolfsburg zeigt beim 4:1 zum Auftakt der Bundesliga-Rückrunde, wie man den FC Bayern München schlagen kann: mit brutal effektivem Konterspiel.

Bastian Schweinsteiger? Hat auch mitgespielt, irgendwo im diffusen Mittelfeld, so genau war das nicht auszumachen, weil der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft eher wenige prägende Momente hatte. Der prägendste war noch jener Tritt in der zweiten Halbzeit in die Beine des Wolfsburger Tausendsassas Kevin De Bruyne. Dafür verdiente sich Schweinsteiger die Gelbe Karte und damit immerhin im Spielbericht des Schiedsrichters besondere Erwähnung. Das war mehr, als viele seiner Kollegen vom FC Bayern München für sich in Anspruch nehmen konnten bei diesem seltsam leidenschaftslosen Start in die Bundesliga-Rückrunde.

Scheinbar widerstandslos ließ der Deutsche Meister sich vorführen beim 1:4 gegen den VfL Wolfsburg, dieser seltsam fröhlichen Trauerparty zu Ehren des verstorbenen Junior Malanda. Später hat Schweinsteiger gesagt: „Wir müssen das jetzt analysieren.“ Das wirkte doch sehr routiniert nach der ersten Saisonniederlage, garniert mit vier Gegentoren, so viele hatten die Bayern in der gesamten Hinrunde zusammen kassiert.

Ob Manuel Neuer das Durcheinander vor ihm bekannt vorgekommen ist? Es war ja ein bisschen so wie im WM-Achtelfinale von Porto Alegre, als die deutsche Innenverteidigung die flinken Algerier munter hatte laufen lassen, immer die Gewissheit im Hinterkopf, der Kollege Torhüter-Libero-Hybrid dahinten werde es schon richten. Aber diesmal gab es für Neuer nichts zu richten. So brutal und effektiv wie von den Herrschaften Maximilian Arnold, Daniel Caligiuri, Bas Dost und Kevin De Bruyne ist der FC Bayern München selten ausgekontert worden, seitdem dort Pep Guardiola die Kommandos gibt. „Alle denken, es ist einfach“, sagte er nach dem Debakel. „Die Spieler denken das, und der Trainer denkt das auch. Aber es ist nicht einfach, du musst immer machen, machen, machen!“

Wie wenig sie diesmal machten, das war die eine Überraschung dieser eisigen Nacht von Wolfsburg. Die andere war, wie konsequent und scheinbar mühelos der VfL Wolfsburg das Spiel zu ihrem gemacht hatten, zu einem „Riesenfußballspiel“, wie es Trainer Dieter Hecking formulierte. Es ist ja nicht einfach, vier Tore gegen den FC Bayern München zu schießen, aber es kommt schon mal vor, Real Madrid hat es gezeigt. Geradezu unmöglich aber erschien es in dieser Saison, gegen die Münchner Offensivwucht kaum eine Torchance zuzulassen. Dem VfL gelang auch dies. „Darauf bin ich schon stolz“, sagte Hecking. Das einzige Gegentor, erzielt von Juan Bernat, entsprang mehr einem Zufall.

Beim letzten Bundesliga-Heimspiel ging der VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern München 1:6 unter

Es hat sich einiges getan in Wolfsburg, wo sie beharrlich und mit viel Geld daran arbeiten, ein nachhaltiger Herausforderer des FC Bayern zu werden. Vor einem knappen Jahr, beim letzten Münchner Gastspiel beim VfL Wolfsburg, hatte es Hecking mit einer hoch stehenden Abwehr versucht und eine Stunde lang auf ein Erfolgserlebnis hoffen dürfen. Dann aber schossen die Münchner innerhalb von ein paar Minuten ein paar Tore, das Wolfsburger Gebilde implodierte und das Spiel ging 1:6 verloren. Diesmal blieb alles stabil.

Für diese Qualität steht zuvorderst der zweifache Torschütze Kevin De Bruyne, der Hochbegabte aus Belgien, bei dessen Verpflichtung ja nicht alle sicher waren, ob er die geschätzt 22 Millionen Euro Ablöse an den FC Chelsea wirklich wert ist. Mit seiner Symbiose aus Tempo und Technik ist De Bruynes Spiel inzwischen stilprägend für das Wolfsburger Modell. „Weltklasse! Einfach Weltklasse!“, urteilte der Superlativen eher abgeneigte Geschäftsführer Klaus Allofs. Dazu spielte Maximilian Arnold gegen die Bayern 90 Minuten auf einem Niveau, wie er es zuvor immer nur angedeutet hatte. Und vorn schießt der Niederländer Bas Dost wieder Tore, gegen den FC Bayern gelangen ihm die ersten beiden. Weiterhin ist da noch André Schürrle, er hat beim FC Chelsea schon Abschied genommen und ist sich mit den Wolfsburgern wohl einig, „aber es gibt da noch ein paar wirtschaftliche Probleme“, sagt Klaus Allofs. 32 Millionen Euro soll der Nationalspieler kosten, und diese Summe zieht auch der potente VfL Wolfsburg nicht ohne Weiteres aus dem benachbarten VW-Werk ab.

Und irgendwie muss ja auch dem Financial Fairplay Rechnung getragen werden, jenem Instrument, mit dem die Uefa das Wirtschaften der Klubs ein wenig vom Einfluss milliardenschwerer Financiers entkoppeln will. Das Financial Fairplay schreibt vor, dass die Einnahmen den Ausgaben entsprechen müssen. Da könnte es in Wolfsburg Erklärungsbedarf geben, nachdem der Stürmer Ivica Olic gerade für zwei Millionen an den Hamburger SV abgegeben wurden, was sich nicht ganz mit den Anschaffungskosten Schürrles deckt.

Sven Goldmann

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