zum Hauptinhalt
Gruß nach oben. Vierinha und seine Kollegen spielen gegen den FC Bayern München auch für Junior Malanda.
© dpa

Bundesliga: VfL Wolfsburg: „Junior will, dass wir kämpfen“

Zum Auftakt der Bundesliga-Rückrunde spielt der VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern München – und gegen die Trauer um Mitspieler Junior Malanda.

Die „Bremse“ unter ihnen muss sich einiges gefallen lassen. Mal versuchen die Profis des VfL Wolfsburg, ihren lebenslustigen Co-Trainer mit Bällen abzuschießen. Dann wieder lachen sie über den Mangel an Technik und Beweglichkeit, den der 49 Jahre alte Dirk Bremser mittlerweile offenbart. In den letzten Trainingseinheiten vor dem Rückrundenstart der Fußball-Bundesliga ist die Rollenverteilung in Wolfsburg klar. Bremser versucht, das Team mit Mätzchen im Training bei Laune zu halten. Dieter Hecking dagegen greift zu lauten und zuweilen harten Worten. „Nicht nachlässig sein, konzentriert bleiben!“, ruft der Wolfsburger Cheftrainer während einer der letzten Trainingseinheiten. Er brüllt ein Team an, über das eher die Meinung vorherrscht, man müsse es wohl vorerst besser in Watte packen.

Zum Auftakt der Bundesliga-Rückrunde trifft der VfL Wolfsburg auf den FC Bayern München (20.30 Uhr, live in der ARD und bei Sky). Beide Mannschaften werden Trauerflor tragen. Doch statt eine Minute lang zu schweigen, soll eine Minute geklatscht werden. Die Bestürzung über den Tod von Junior Malanda, den Anfang des Jahres bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommenen VfL-Profi, wird dieses ohnehin schon besondere Spiel ganz besonders machen. „Es war nicht einfach. Aber jetzt haben wir das gut überstanden. Ein paar besser, ein paar weniger gut“, sagt Ricardo Rodriguez, der Linksverteidiger der Niedersachsen. Der Schweizer versucht, sich so normal und gelassen wie immer zu geben. „Junior will das auch da oben, dass wir kämpfen.“ Rodriguez und seine Kollegen wollen nicht in Watte gepackt werden. Der Spitzenreiter aus München tritt bei seinem Verfolger in Wolfsburg an und soll dort möglichst stolpern. „Wir freuen uns drauf“, versichert Wolfsburgs Verteidiger Robin Knoche. Und die besonderen Umstände? „Das ist noch einmal eine emotionale Sache. Da kann keiner sagen, dass ihn das nicht mehr berührt.“

An zwei der vier Trainingstage dieser Woche hatten sich die Wolfsburger weggeschlossen. Doch die fanunfreundliche Variante des Übens war nur bedingt eine Flucht vor unangenehmen Fragen. Nach Rücksprache mit dem Sportpsychologen Andreas Marlovits geht die Mehrheit der Wolfsburger sehr offen mit jenem Schicksalsschlag um, der fast das gesamte Wintertrainingslager in Südafrika überlagert hatte. Ein gerade einmal 20 Jahre alter Kollege stirbt als Beifahrer seines eigenen Dienstwagens, der bei hoher Geschwindigkeit von der nassen Autobahn abkommt und sich mehrfach überschlägt – es hat in der Bundesliga schon Teams gegeben, die an einer Nachricht dieser Kategorie verzweifelt sind.

Den Profis von Hannover 96 war vor fünf Jahren, nachdem sich Torhüter Robert Enke von Depressionen geplagt das Leben genommen hatte, jegliche Selbstsicherheit abhanden gekommen. Sie standen wochenlang neben sich und verloren in Serie. Ihr Versuch, im Fußball selbst genügend Ablenkung vom Tod eines Kollegen zu finden, misslang gründlich und endete mit einem äußerst glücklichen und emotionalen Klassenerhalt.

Vielleicht zwingt gerade die besondere Konstellation des Rückrundenstarts den VfL Wolfsburg zu einer besonders guten Leistung. „Ich traue dem Klub zu, die Schale wieder nach Wolfsburg zu holen“, sagt Felix Magath, der den VfL im Sommer 2009 zum Titelgewinn geführt hatte. Seitdem ist der vom Volkswagen-Konzern großzügig geförderte Verein oft in Abstiegsgefahr geraten, hat sich sündhaft teure Spieler en masse geleistet und ist erst seit der Amtsübernahme von Klaus Allofs vor zwei Jahren wieder zur Ruhe gekommen.

Der Geschäftsführer päppelt die von Hecking bodenständig geführte Mannschaft Stück für Stück auf. Dass ein Ausnahmekönner wie Rodriguez, von zahlreichen europäischen Spitzenklubs umworben, dem Verein dank einer Vertragsverlängerung bis 2019 erhalten bleibt, versteht Allofs als wichtiges Signal. Dezent und zielsicher greift er auf Budgets zurück, über die derzeit nur wenige Erstligaklubs verfügen. „Ich will noch viel erreichen. Und mit diesem Klub können wir das auch“, glaubt Rodriguez. Das Stadion will er heute mit breiter Brust betreten. Eine bessere Taktik kann es nicht geben im ersten Pflichtspiel nach dem Tod von Junior Malanda.

Christian Otto

Zur Startseite