Nach dem Tod von Junior Malanda: Der VfL Wolfsburg zwischen Alltag und Trauer
Der VfL Wolfsburg versucht nach dem Tod von Junior Malanda den Blick nach vorne zu richten. Dabei werden die Spieler auch psychologisch betreut. Derweil gibt es neue Erkenntnisse zum Unfallhergang.
Es war eine gespenstische Atmosphäre. Rund 2000 Menschen hatten sich am Sonntag bei düsterem Winterwetter versammelt, um ihr Mitgefühl für Junior Malanda zu zeigen. Schweigend und mit ernstem Blick bildeten sie einen Trauermarsch. Fans, Spielern und Vereinsvertreten des VfL Wolfsburg ist die große Betroffenheit nach dem Tod des belgischen Fußballprofis anzumerken. „Das sind schlimme Tage für uns. Aber wir müssen den Blick nach vorne richten“, sagt Geschäftsführer Klaus Allofs. Während rund um das Stadion in Wolfsburg weiter getrauert wird und sich immer mehr Fans in ein Kondolenzbuch eintragen, versucht die VfL-Mannschaft, in den Alltag zurückzukehren. Nur einen Tag nach dem Abflug nach Kapstadt stand am Kap der guten Hoffnung die erste Übungseinheit an. Die Aktiven mochten sich nicht zum Tod von Malanda äußern.
Spieler, Trainer und Vereinsführung haben gemeinsam beschlossen, dass es sinnvoll sei, möglichst schnell Distanz zu ihrer Heimat und zu dem tragischen Unglück vom Samstag aufzubauen. Nüchtern betrachtet heißt das: Die Vorbereitung auf die Rückrunde der Fußball-Bundesliga darf trotz des schmerzlichen Verlustes nicht vernachlässigt werden. Der 20 Jahre alte Malanda war in einem VW Touareg auf dem Weg nach Wolfsburg beziehungsweise nach Braunschweig, von wo aus die Wolfsburger Mannschaft nach Südafrika aufgebrochen ist, tödlich verunglückt.
Wie der Bielefelder Polizeisprecher Achim Ridder auf Anfrage bestätigte, hatte Malanda auf dem Rücksitz seines vom Verein zur Verfügung gestellten Wagens gesessen und war bei der Fahrt mit überhöhter Geschwindigkeit nicht angeschnallt. Bei Regen sind an der Unglücksstelle 80 km/h vorgeschrieben. Der Geländewagen war bei böigem Wind und nasser Fahrbahn von der Fahrbahn abgekommen und hatte sich mehrfach überschlagen – nach Ansicht der Ermittler wegen eines Tempos, das nicht der Witterung angemessen gewesen sei. Fahrer und Beifahrer waren zwei mit Malanda befreundete, belgische Fußballer. Sie konnten das Krankenhaus am Sonntag wieder verlassen. Medienberichte, denen zu Folge der Fahrer keinen Führerschein gehabt haben soll, dementierte die Polizei.
Die Aufarbeitung eines schlimmen Tages und der Vorfälle auf der Autobahn 2 in der Nähe von Porta Westfalica werden die Hauptdarsteller des VfL Wolfsburg noch eine ganze Weile begleiten. Während der Trainingstage in Südafrika soll den Spielern und dem Betreuerstab so schnell wie möglich eine psychologische Hilfestellung angeboten werden. Offenbar ist nach den Vorfällen rund um den Suizid von Robert Enke die Erkenntnis gereift, dass Berufssportler trotz enorm hoher Belastbarkeit mit tiefer Trauer nicht allein gelassen werden sollten. Als sich der frühere Torhüter von Hannover 96 vor fünf Jahren von Depressionen geplagt das Leben genommen hatte, war die völlig konsternierte Mannschaft der Niedersachsen sportlich aus der Spur geraten und verlor ein Bundesligaspiel nach dem anderen. Mehrere Profis des 96-Teams hatten danach von dem Angebot ihres Vereins Gebrauch gemacht, sich von erfahrenen Psychologen bei der Verarbeitung des Miterlebten helfen zu lassen.
Junior Malanda war bei seinem tödlichen Unfall nicht angeschnallt
In Wolfsburg und Bielefeld hat mittlerweile das aus Sicht der Behörden Unvermeidliche begonnen. Die zuständige Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen gegen den 20 Jahre alten Fahrer des verunglückten Wagens wegen fahrlässiger Tötung auf. Ob die Leiche von Malanda obduziert wird, steht noch nicht fest. Vorgänge wie diese stören die Trauer erheblich und sorgen vor allem in den sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook zum Teil für Verbitterung. Malanda war in Wolfsburg ein sehr beliebter Profi. „Ein Wolf für immer“ – so hat ein Fan des verunglückten Mittelfeldspielers ein Fotos des Profis beschriftet. JM und 19: Die Initialen und Rücknummer von Malanda spielen bei fast allen Beileidsbekundungen, die vor dem VIP-Eingang des Wolfsburger Stadions abgelegt werden, eine zentrale Rolle.
Die schnelle Rückkehr in den Alltag des bezahlten Sports sieht für die Spieler des VfL Wolfsburg vor, dass schon für Mittwoch in Kapstadt ein Testspiel angesetzt ist. Das Team von Trainer Dieter Hecking, zum Rückrundenstart der Bundesliga am 30. Januar Gastgeber für den FC Bayern München, tritt gegen den südafrikanischen Klub Ajax Cape Town an. Rund um das heimische Stadion Wolfsburg ist derweil das ganz normale Prozedere zu beobachten. Dazu gehört auch, dass in Sichtweite der VfL-Arena Geländewagen über eine Teststrecke gefahren werden, um deren Anfälligkeit für Wind und Regen zu erfahren. Noch während die Wolfsburger Fans am Sonntag um Malanda trauerten, kamen dort Touareg zum Einsatz. Dass die Teststrecke für geländetaugliche Wagen noch in Betrieb war, bildete einen herben Kontrast zum Geschehen vor dem Stadion. Dort endete der stille Trauermarsch in Erinnerung an den lebenslustigen Malanda mit einem lang anhaltendem Applaus.
Christian Otto