WM 2014 - Deutschland - Argentinien: Torwart Romero stellt Lionel Messi in den Schatten
Torwart Sergio Romero stand lange in der Kritik. Dann sichert er Argentinien den Finaleinzug – und trifft damit seinen Förderer Louis van Gaal. Ohne ihn hätte es den neuen WM-Helden wohl nicht gegeben.
Sergio Romero hielt auch das letzte Geschoss, das auf ihn zugesaust kam. Nachdem Maxi Rodriguez den letzten Elfmeter verwandelt hatte, wusste er, bei wem er sich bedanken musste. Auf Knien rutschte er zu seinem Torwart. Romero fing ihn sicher und hob Rodriguez hoch, bevor der Rest des argentinischen Kaders beide unter einer Jubeltraube begrub. Der Held dieses Elfmeterschießens war in diesem Gewirr trotzdem klar zu identifizieren.
Romero hatte zwei Schüsse der Niederländer Sneijder und Vlaar abgewehrt und Argentinien den Finaleinzug gerettet. „Ich hatte keinen Zettel. Das war Intuition“, sagte der 27-jährige, der seine Freude nach beiden Paraden mit geballten Fäusten herausschrie. Die argentinischen Zeitungen und Fans feierten ihren neuen Torwarthelden, den sie lange Zeit teils hart kritisiert hatten. „Ich danke meinen Mitspielern, ich bin doch der, der am wenigsten läuft und macht“, sagte Romero bescheiden. Einer feierte nicht mit. Das Ärgerliche sei, „dass ich selbst derjenige war, der ihm in Alkmaar beigebracht hat, wie man Elfmeter pariert“, sagte Louis van Gaal nach dem verlorenen Halbfinale.
Eine besondere Beziehung zu van Gaal
Hollands Trainer und Argentiniens Torwart verbindet eine besondere Beziehung. „Ich verdanke ihm viel“, hatte Romero Reportern vor dem Spiel verraten, „er war mein Retter.“ Ohne van Gaal, das lässt sich wohl sagen, hätte es den WM-Helden Romero nie gegeben. 2007 war AZ Alkmaar Romeros erste Europastation. „Ich kam damals mit 20 Jahren zum ersten Mal nach Europa in ein völlig anderes Land mit einer völlig anderen Sprache“, erinnerte er sich. „Ich habe am Anfang kein einziges Wort verstanden, aber Louis hat Spanisch mit mir gesprochen, das hat mir durch die erste Zeit geholfen.“
Romero wurde schließlich Stammtorwart, gemeinsam wurden sie 2009 Niederländischer Meister und wechselten zu größeren Klubs. „Ich habe ein gutes Verhältnis zu ihm“, sagte Romero. Zu den Fans in der Heimat war es bisher eher gespalten. „Wenn ich im Tor stehe, verteidige ich alle Argentinier“, sagte Romero zwar. Aber umgekehrt verteidigen längst nicht alle Argentinier ihn. Tatsächlich hielten viele Willy Caballero für den besseren Torwart, doch der fehlte im WM-Aufgebot. Romero wurde dagegen lange kritisch betrachtet.
Nur Neuer wies eine bessere Quote auf
Beim AS Monaco durfte er in der letzten Saison meist nur in Pokalspielen auflaufen und patze dort, ebenso wie in einigen WM-Qualifikationsspielen. Doch Alejandro Sabella vertraute trotz fehlender Spielpraxis auf Romero, ohnehin setzt der Nationaltrainer lieber auf pflegeleichte Charaktere. Nach dem Finaleinzug umarmte der Torwart den ganzen Trainerstab. „Sie haben mich in der schwersten Phase meiner Karriere unterstützt“, sagte er gerührt. „Ich habe zum ersten Mal bei einem Verein nur auf der Bank gesessen. Aber Alejandro hat immer zu mir gehalten.“ Bisher hatte Romero das Zutrauen nur auf den ersten Blick gerechtfertigt. 82,4 Prozent der Schüsse, die auf sein Tor kamen, wehrte er vor dem Halbfinale ab, nur Manuel Neuer (85,7 Prozent) wies eine bessere Quote auf. Doch die meisten waren auch zu hundert Prozent haltbar.
Zum Auftakt gegen Bosnien rutschte dagegen ein Schuss durch seine Beine ins Tor. Romero zeigte im Turnierverlauf einige gute Paraden, wirkte aber bisweilen zögerlich. Dass er dem Team auch Spiele gewinnen kann, musste er noch beweisen. Als ihn Diego Maradona bei der WM 2010 zum Stammtorhüter beförderte, blieb er das noch schuldig. Obwohl er 1,92 Meter misst, lautet sein Spitzname „Chiquito“, Kleiner. Das nur, weil seine beiden Brüder noch größer waren. Mit seinem Reflexen wirkt Romero auf der Linie wie ein Riese, sobald er einen Ball festhalten oder mit den Füßen abwehren sollte, wurde er zum Zwerg.
Entwickelt hatte sich mit den Jahren nur die Frisur, statt Haarreif, Pferdeschwanz oder Flechtzöpfchen trägt er das Haar nun kurz und den Bart zottelig. Vor dem Elfmeterschießen hatte Javier Mascherano noch einmal auf Romero eingeredet. „Ich habe ihm gesagt: Heute ist dein Tag. Heute kannst du in die Geschichte eingehen.“ So kam es. Wie Sergio Goycochea 1990 gegen Italien gewann er ein Finalausschießen mit zwei Paraden. Den Ruhm ließ ihm dann sogar van Gaal. „Ich habe ihm nicht speziell beigebracht, wie man am besten Elfmeter hält“, gab er am Ende zu. Wäre ja sonst auch echt ärgerlich.