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Prost. Thomas Bach (l.) und Wladimir Putin.
© dpa

Nach Kritik am IOC-Präsidenten: Thomas Bach gewinnt ersten großen Machtkampf

An einem Tag, an dem sogar die Rede von Wladimir Putin zur Nebensache verkommt, haben sich die Machtverhältnisse im internationalen Sport vorerst geklärt. Scharfe Attacken gegen Thomas Bach gehen ins Leere.

Zurück in seiner Wahlheimat Lausanne haben auf Thomas Bach weitaus angenehmere Termine gewartet. Ein Treffen mit dem ukrainischen Staatspräsidenten Petro Poroschenko versprach am Dienstag, dem Tag nach dem Eklat von Sotschi, eine deutlich harmonischere Atmosphäre. Und doch war der Abstecher in die Olympia-Stadt von 2014 für Bach trotz der heftigen Kritik eine äußerst erfolgreiche Dienstreise, schließlich hat der 61-Jährige
Franke seinen ersten großen Machtkampf als IOC-Chef recht deutlich gewonnen.

Das Echo nach den heftigen Attacken von Marius Vizer, dem Präsidenten der Vereinigung internationaler Sportverbände (SportAccord), war jedenfalls einhellig. Sowohl die internationalen Spitzensportverbände als auch die Nationalen Olympischen Komitees schlugen sich klar auf die Seite von Bach und richteten Kritik an Vizer.

Der gebürtige Rumäne hatte in einer Art Alleingang Bach und das IOC Einmischung in die Autonomie der Sportorganisationen, die Blockade von Multi-Sport-Events, Intransparenz bei der Agenda 2020 und Geldverschwendung beim olympischen TV-Kanal vorgeworfen. Ein Frontalangriff, der am Montag sogar die Rede des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin zur Nebensächlichkeit hatte verkommen lassen.

Vizers Meinung wurde von vielen Funktionären nicht geteilt. So ergriff Scheich Ahmad Al-Sabah als Vorsitzender der Vereinigung Nationaler Olympischer Komitees (ANOC) klar Partei für Bach und dessen Agenda 2020. „Als ANOC-Präsident und Vizepräsident eines internationalen Verbandes weiß ich, dass die Stimmen der NOKs als auch der Verbände von Präsident Bach und vom IOC gehört wurden. Unter Bachs Führung freuen wir uns auf eine einheitlichere und bessere Zukunft“, teilte Al-Sabah in einer ANOC-Stellungnahme mit.

Die klare Positionierung von Al-Sabah, der schon bei Bachs erfolgreicher Wahl zum IOC-Chef eine Schlüsselrolle eingenommen hatte, verwundert kaum. Umso mehr dürfte Bach aber wohl die starke Rückendeckung vonseiten der Spitzensportverbände gefreut haben. 15 internationale Verbände, darunter die Dachorganisationen von Fußball, Leichtathletik und Schwimmen, erklärten in einem Brief ihre Unterstützung für Bach.

Der Internationale Leichtathletik-Verband IAAF und der Schießsport-Weltverband ISSF traten sogar aus dem SportAccord aus. Vizer habe sich „wie ein Diktator“ verhalten und wolle den Sportverbänden vorschreiben, was zu tun sei, monierte IAAF-Chef Lamine Diack. Nicht einmal vonseiten der russischen Regierung gab es für Vizer, der enge Kontakte zu Putin pflegt, positive Signale. Für Bach war die breite Unterstützung jedenfalls ein positives Signal bei seinem Reformprojekt, das IOC und die Olympischen Spiele zu modernisieren. Zugleich muss er Konkurrenz zu seinem Premiumprodukt Olympia erst einmal nicht fürchten. Denn Hintergrund des Streits war unter anderem die ablehnende Haltung Bachs gegenüber dem Vorhaben Vizers, eine Art Weltspiele einzuführen.

Beobachter der olympischen Szene mussten am Montag lange zurückgehen, um einen ähnlichen Disput auf höchster sportpolitischer Ebene zu finden. Vor mehr als 30 Jahren war es einst zum Machtkampf zwischen Bachs Vor-Vorgänger Juan Antonio Samaranch und dem Schweizer Thomas Keller, dem damaligen Chef der olympischen Fachverbände, gekommen. Keller hatte am Ende das Nachsehen. Ähnlich könnte nun Vizers sportpolitische Karriere vor dem Ende stehen. (dpa)

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