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Reformen von oben. IOC-Präsident Thomas Bach stellte am Dienstag seine Vorschläge für Neuerungen bei Olympischen Spielen vor.
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Update

Olympia ohne Grenzen?: Thomas Bach stellt seine IOC-Reformen vor

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) setzt in seinem Reformpaket auf billigere, nachhaltigere und flexiblere Olympische Spiele. Präsident Thomas Bach stellte am Dienstag 40 Reformvorschläge vor.

Es sah aus wie ein gemütliche Plauderrunde, tatsächlich war es eine große Inszenierung: Am Dienstagmorgen traf sich Thomas Bach mit elf ehemaligen oder aktuellen Athleten, darunter die dreimalige deutsche Ski-Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch, vor Puppen in Trainingsanzügen im Olympischen Museum von Lausanne. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) stellte dabei seine 40 Punkte umfassende Reformagenda vor, anschließend posierten alle Beteiligten mit den Reformen in Papierform für die Fotografen. Eine Inszenierung, die symbolisieren sollte: Das Wichtigste für das IOC sind und bleiben die Athleten.

So ähnlich steht es dann auch in den 40 Reformpunkten, die am 8. und 9. Dezember in Monaco von der IOC-Vollversammlung zur Abstimmung vorgelegt werden. Darüber hinaus formuliert das IOC das Ziel nachhaltigerer, billigerer und flexiblerer Olympischer Spiele. Es reagiert damit auf die politisch höchst umstrittenen, 50,8 Milliarden Dollar teuren Winterspiele 2014 in Sotschi sowie den Rückzug aller demokratischen Bewerberstädte für die Winterspiele 2022 – nur noch Almaty (Kasachstan) und Peking (China) stellen sich zur Wahl. Den aktuellen Reformdruck wollte Thomas Bach allerdings nicht als solchen identifizieren. Stattdessen sagte der deutsche IOC-Präsident: „Wir wollen mit diesem Verfahren zeigen, dass sich das IOC öffnet, dass wir das Fenster öffnen und frischen Wind hereinlassen.“

Das IOC will mehr Transparenz walten lassen

Künftige Olympiabewerber sollen diesen Luftzug als Rückenwind wahrnehmen. Die Bewerbung soll eher den Charakter einer Einladung bekommen als den eines Forderungskatalogs, der strikt einzuhalten ist. Auch finanziell erhalten die Bewerber Unterstützung, die Kosten sollen abnehmen, das IOC legt fest, welchen Teil der Bewerbungskosten es selber übernimmt. So werden künftig auch Reisekosten der Bewerberstädte übernommen.

Aus Nachhaltigkeits- und Kostengründen können sich Bewerberstädte auch länderübergreifend bewerben. Damit sind allerdings keine binationalen Bewerbungen oder die Ausrichtung in zwei gleichberechtigten Städten gemeint, wie Bach ausführte. „Die Einheit von Zeit, Ort und Handlung darf sich, wie in einem griechischen Drama, nicht ändern“, sagte der neue IOC-Chef, „wir wollen keine Spiele, die über ein ganzes Land zerstreut sind und nur im Fernsehen als eine Veranstaltung zu sehen sind.“ Gewünscht wäre hingegen beispielsweise eine Bewerbung der österreichischen Stadt Salzburg gemeinsam mit der Rodelbahn im benachbarten Schönau am Königsee in Deutschland.

Auch will das IOC mehr Transparenz walten lassen. Die künftigen Verträge mit den Ausrichterstädten (Host City Contracts) sollen offen gelegt werden. Auf diese Weise kann überprüft werden, ob sie tatsächlich noch „Knebelverträge“ beinhalten, mit denen Olympia-Kritiker oftmals argumentieren.

IOC beschränkt die Events auf 310 im Sommer, 100 im Winter

Wichtiger wird für das IOC auch das Nutzen bereits vorhandener Infrastrukturen, die Bewerberstädte erhalten eine größere Flexibilität. Berlin könnte sich beispielsweise mit dem Bahnradstadion in Cottbus bewerben, einer Fußballarena in Hamburg oder einer Handballvorrundengruppe in Magdeburg.

Außerdem will das IOC zwar weiter die Maximalzahl der Athleten vorgeben (10 500 im Sommer, 2900 im Winter), nicht aber die Sportarten vorschreiben. Stattdessen wird nur die Zahl der Veranstaltungen beschränkt: Bei Sommerspielen sollen 310 Events stattfinden, in denen Goldmedaillen vergeben werden, im Winter 100. Die Bewerberstädte haben somit bessere Chancen, landesspezifische Sportarten ins Programm aufzunehmen. Tokio 2020 wünscht sich beispielsweise die Aufnahme der in Japan sehr populären Sportarten Baseball und Softball ins Olympische Programm.

Die Vollversammlung muss über die Reformen abstimmen

Hinzu kommen weitere Vorhaben wie die Einrichtung des von Thomas Bach vorangetriebenen olympischen Fernsehkanals, der die olympischen Sportarten auch außerhalb der Spiele in den Fokus der Öffentlichkeit rücken soll. Der IOC-Präsident strebt auch die gleiche Anzahl von Frauen und Männern bei Olympischen Spielen an, sowie mehr Mixed-Sportarten.  „Wir wollen die Spiele nicht größer machen, sondern vielfältiger“, sagte Bach. Auch soll ein Anti-Diskriminierungsparagraph bezüglich der sexuelle Orientierung in die olympische Charta aufgenommen werden. Olympia-Gastgeber Russland hatte in diesem Jahr mit seinem Gesetz gegen „homosexuelle Propaganda“ auch die Olympischen Spiele in Sotschi überschattet.

„Die Reformen sind ein großer, wichtiger und richtiger Schritt in die olympische Zukunft“, sagte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), „damit werden die Spiele wieder näher an die Menschen und die Natur gebracht.“ Der DOSB sieht die Ideen umgesetzt, die er aufgrund der am Bevölkerungsvotum gescheiterten Münchner Bewerbung dem IOC unterbreitet hatte. „Die IOC-Vorschläge ermutigen uns, unsere Bemühungen um eine deutsche Olympiabewerbung mit Berlin oder Hamburg für 2024 und gegebenenfalls 2028 konsequent weiter zu gehen“, sagte Hörmann.

Die erste Hürde für das Reformpaket wartet nun in der Vollversammlung. „Wir wollen versuchen, alle 40 Punkte durchzubringen“, sagte Thomas Bach, „die große Linie muss stimmen, die Vision zählt.“ Bleibt für das IOC zu hoffen, dass es nicht nur bei der Vision bleibt.

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