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Gut in Form. Valentino Lazaro (l.) und Vedad Ibisevic (r.) freuen sich über Ondrej Dudas drittes Tor in dieser Saison.
© Swen Pförtner/dpa

Fußball-Bundesliga: So viel Qualität hatte Hertha BSC schon lange nicht mehr

Der gute Saisonstart der Berliner hat vor allem mit der neuen Kreativität im Mittelfeld und den schnellen Außen zu tun.

Das temperamentvolle Spiel am Samstag in Wolfsburg hatte viele Wendungen genommen. Nach drei Toren in den Schlussminuten, zwei davon in der Nachspielzeit, hieß es zwischen Hertha BSC und dem VfL Wolfsburg 2:2. „Wir haben zweimal geführt, aber das Unentschieden ist gerecht“, sagte Pal Dardai nach dem Spiel. Doch da gab es eine kleine Sache, die Herthas Trainer noch loswerden wollte. „Also ich habe auch einen Schiedsrichterschein, einen ehrlichen. Für mich war das kein Foul und deswegen auch kein Strafstoß.“

Pal Dardai hat sich in seiner Amtszeit als Cheftrainer des Berliner Fußball-Bundesligisten noch nie über Schiedsrichterleistungen beschwert, aber die Szene, die letztlich zum Elfmeter und zum zwischenzeitlichen 1:1 führte, wurmte ihn. Auf Höhe der Strafraumlinie kam der Wolfsburger Maximilian Arnold nach einem Rempler von Arne Maier zu Fall. Arnold hatte sich clever in den hochspringenden Maier gedreht, der Schiedsrichter ließ sich blenden.

Trotzdem trat Herthas Mannschaft „gut gelaunt“ die Heimreise an. Sieben Punkte aus drei Spielen hat sie geholt, „damit sind wir zufrieden“, sagte Dardai. Vor allem freut sich der 42-Jährige über die Art und Weise, in der seine extrem junge Mannschaft bisher aufgetreten ist – mutig, vorwärtsorientiert und leidenschaftlich.

Grujic spielt einen Pass wie einst Marko Pantelic

Gerade die drei zentralen Mittelfeldspieler, Marko Grujic, 22, Arne Maier, 19, und Ondrej Duda, 23, haben sich gefunden und prägen das Spiel. Die Liverpool-Leihgabe Grujic besticht mit körperlicher Präsenz und Technik. Maier ist ballsicher und mit guter Übersicht ausgestattet. Und Duda, der zwei Jahre Anlauf genommen hat, glänzt jetzt mit raffinierten Torabschlüssen. Einem direkt verwandelten Freistoß gegen Schalke vor zwei Wochen in den Winkel ließ er nun einen frechen Freistoßschuss unter der hochspringenden Mauer folgen. „Sehr clever“, sagte Dardai.

Mitte der ersten Halbzeit spielte der 1,91 Meter große Serbe Grujic einen hübschen Pass mit dem rechten Außenrist. Das hat man bei Hertha seit den seligen Tagen mit Grujic’ Landsmann Marko Pantelic nicht mehr gesehen. Der Pass, der natürlich ankam, mutete wie ein Gruß an den ehemaligen Torjäger an, der just an diesem Tage seinen 40. Geburtstag beging.

Zu diesem Trio gesellen sich in Valentino Lazaro, 22, und Neuzugang Javairo Dilrosun, 20, zwei Außenspieler, die Tempo und Technik mitbringen. Den Niederländer Dilrosun, dem nach einer Stunde bei seinem Startelfdebüt das 1:0 gelang, hatte Hertha aus der zweiten Mannschaft von Manchester City geholt.

Diese fünf Spieler versprühen in allem, was sie tun, jede Menge Vorwärtsdrang. Niemand von ihnen versteckt sich, alle fordern den Ball und können oft genug etwas damit anstellen. So viel fußballerische Qualität und Kreativität steckte schon lange nicht mehr in einer Hertha-Mannschaft. Vorbei ist fürs Erste das träge und bisweilen bräsige Quergeschiebe im Mittelfeld der vergangenen Spielzeit.

Hertha tritt unerschrocken auf

Herthas junge Garde tritt erstaunlich unerschrocken auf, die Verläufe und Ergebnisse der jüngsten Spiele haben das Selbstvertrauen anschwellen lassen. Genau auf diesen Effekt hat Dardai gehofft. „Wir brauchen einen ordentlichen Start. Wir haben viele junge Spieler, Selbstvertrauen ist da sehr wichtig“, hatte Dardai dem Tagesspiegel zum Saisonstart gesagt. „Wenn es nicht läuft, werden viele unsicher. Das kann gefährlich werden. Wenn aber unsere jungen Spieler Selbstvertrauen aufbauen, kann das eine traumhafte Saison werden. Dieses Gefühl habe ich.“

Das modifizierte Spielsystem sowie das selbstbewusste Auftreten der jungen Spieler erhöht wiederum intern auch den Druck auf gestandene Spieler wie Per Skjelbred oder Alexander Esswein, die Mühe haben, überhaupt noch in den Spieltagskader zu kommen und in der laufenden Saison keine einzige Bundesligaminute gespielt haben. Doch Dardai moderiert den erhöhten Konkurrenzkampf gut, er spricht offen und viel mit den Spielern, die momentan etwas hinten dran sind, er verweist auf deren Wichtigkeit und Bedeutung für die Gruppe. „Unsere erfahrenen Spieler wie Per, Lusti oder Vedad führen die Jungs“, sagte Dardai, „ohne sie ginge das gar nicht.“

Das alles hat dazu geführt, dass sich die Trainingsqualität erhöht hat bei den Berlinern. „Ich merke das fast jeden Tag“, sagte Dardai. „Der Trainer schickt uns mit einem guten Plan auf das Feld“, sagte Valentino Lazaro, der als neuentdeckter Rechtsverteidiger einen verkappten Spielmacher gibt und den Abgang von Mitchell Weiser fast vergessen macht. „Momentan springt der Funke über, unsere Fans merken, dass da viele junge und hungrige Spieler dabei sind.“

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