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Anhänger von Borussia Dortmund
© dpa/Paul Zinken

Fußball-Bundesliga: So hätte die Tabelle ohne Videobeweis ausgesehen

Das Thema Videobeweis bestimmte die Bundesliga-Saison. Wir haben nachgerechnet und eine eigene Abschluss-Tabelle erstellt. Einige Klubs profitierten besonders.

Die erste Bundesliga-Saison mit Videobeweis, sie ist überstanden. Angetreten mit dem Ziel, den Fußball gerechter zu machen, führte der Videobeweis zu zahlreichen Diskussionen und einigen kuriosen Situationen.

Gleich am ersten Spieltag versagte die Technik, im Spiel Dortmund gegen Köln gab der Schiedsrichter ein Tor, obwohl vorher abgepfiffen worden war, und als Freiburg in Mainz antrat, holte der Unparteiische die Spieler wieder aus der Kabine, weil der Videoassistent einen Elfmeter erkannt hatte.

Ist das nun alles gerechter?

Das „International Football Association Board“ hat Daten aus mehr als 1000 Spielen in mehr als 20 verschiedenen Ländern gesammelt und kommt zu dem Schluss: Mit der Einführung des Videobeweises ist die Genauigkeit der Entscheidungen von 93 Prozent auf 98,8 Prozent gestiegen. Bei neun Prozent der Spiele hatte der Videobeweis entscheidenden Einfluss.

63 Korrekturen zu Toren und Elfmetern sind in diese Tabelle reingerechnet.
63 Korrekturen zu Toren und Elfmetern sind in diese Tabelle reingerechnet.
© Fabian Bartel

Und in der Bundesliga? Wie oft der Videoschiedsrichter eingegriffen hat, lässt sich als Zuschauer nicht immer einwandfrei erkennen. Deswegen bleibt einem nichts anderes übrig, als am Ende des Spieltags die Korrekturen zu zählen.

Sie lassen sich in den Livetickern nachlesen. Was daraus folgt, ist der Versuch, eine emotionale Debatte etwas zu ordnen. Oder sie vielleicht noch ein bisschen mehr anzufeuern.

Insgesamt 70 Mal in 306 Spielen korrigierte der Schiedsrichter mit Hilfe des Videobeweises seine Entscheidung in der abgelaufenen Bundesliga- Saison. Das ist nicht einmal eine Korrektur pro Spiel. Gezählt wurden dabei Platzverweise, zurückgezogene Rote Karten, Elfmeter- und Torentscheidungen.

So lief es mit dem Videobeweis in der Saison.
So lief es mit dem Videobeweis in der Saison.
© Fabian Bartel

Hier beginnt die Spielerei, die versucht, emotionalen Sport in knallharte Zahlen zu packen, wie wir es bereits nach der Hinrunde getan haben. In der Rückrunde wurden durch den Videobeweis besonders viele Tore aberkannt, 14 an der Zahl.

Insgesamt 23 Mal zogen Schiedsrichter einen Treffer zurück, einmal gab ein Referee nachträglich ein Tor. Insgesamt gab es durch den Einsatz des Videoassistent also 22 Tore weniger.

Interessant ist, dass sich die Entscheidungen sehr ungleich auf die 18 Mannschaften verteilen. Während Hoffenheim kein einziges Mal betroffen war, hat Leverkusen gleich drei Tore aberkannt bekommen.

In der Hinrunde gab es noch einige Unstimmigkeiten.
In der Hinrunde gab es noch einige Unstimmigkeiten.
© Fabian Bartel

Am meisten musste der Unparteiische sich mit Elfmeterfragen auseinandersetzen. 26 Mal zeigte der Schiedsrichter auf den Punkt, nachdem er Rücksprache mit dem Videoassistenten gehalten hatte. Drei Mal verschossen die Spieler. 13 Mal zog der Referee in 34 Spielen den Strafstoß zurück.

Hätte es also ohne Videobeweis zehn Tore mehr gegeben?

Durchschnittlich liegt die mathematische Trefferwahrscheinlichkeit bei einem Elfmeter bei rund 75 Prozent. Geht man davon aus, dass die zehn übrigen Elfmeter reingegangen wären, hätte es zehn Tore mehr gegeben. All diese Treffer können Spiele drehen und Tordifferenzen verändern. Statistisch korrekt sind diese Rechnungen nicht. Zumal jeder Spieler und Torwart über eigene Elfmeterquoten verfügt.

Und die entscheidende Frage unbeantwortet bleibt: War die Entscheidung korrekt? Trotzdem lässt sich so errechnen, wie die Tabelle ohne den Videobeweis ausgesehen hätte. Die sechs Roten Karten und der zurückgezogene Platzverweis bleiben außen vor. In unserem Experiment werden die 63 Entscheidungen zu Toren und Elfmetern einfach umgekehrt.

Was hat sich dabei verändert?

Der SC Freiburg, Borussia Mönchen Gladbach und Bayer Leverkusen sind die größten Verlierer, sie stünden ohne Korrekturen zwei Plätze besser da. Für Bayer hätte es für die Champions League gereicht. Im Gegenzug profitiert Borussia Dortmund. Ohne die Korrekturen stünde der BVB auf Platz fünf und damit außerhalb der Champions-League-Plätze. Gewonnen hat auch der VfB Stuttgart. Drei Plätze rutschen die Schwaben auf der virtuellen Tabelle nach unten.

in der Rückrunde entspannten sich die Diskussionen etwas.
in der Rückrunde entspannten sich die Diskussionen etwas.
© Fabian Bartel

Im Tabellenkeller hätte sich nichts geändert. Köln und der Hamburger SV wären trotzdem abgestiegen, Wolfsburg wäre auf dem Relegationsplatz gelandet. Für neun Mannschaften bleibt nach unserer Analyse alles beim alten.

Plattformen wie „wahretabelle.de“ rechnen anders, sie diskutieren jede Entscheidung der Schiedsrichter und rechnen dann. Dortmund landet hier auf Platz zwei. Und Freiburg wäre abgestiegen. Mögliche Rechnungen gibt es viele – und mit ihnen viele Tabellen. So kann sich jeder Fan seine passende Wunschplatzierung suchen.

Die Korrekturen sind unterschiedlich auf die Mannschaften verteilt.
Die Korrekturen sind unterschiedlich auf die Mannschaften verteilt.
© Fabian Bartel

Fehler bleiben mit den besten Aufnahmen nicht aus. Das zeigt auch die Entscheidung im Spiel Eintracht Frankfurt gegen den HSV am vorletzten Spieltag. Als Hamburg in Frankfurt traf, kassierte der Videoassistent den Treffer wieder ein. Der HSV verlor am Ende. Ob das Spiel mit einer Führung des HSV anders ausgegangen wäre? Ob die Hamburger doch nicht abgestiegen wären? Wer weiß das schon. Diskussionen um unklare Entscheidungen wird es weiter geben.

In Australien hat der Videobeweis die Meisterschaft entschieden. Dort hatte technisches Versagen zu einer gravierenden Fehlentscheidung geführt. Dass es Verbesserungspotenzial gibt, darin sind sich Gegner und Befürworter einig.

Brisant könnte es noch einmal bei der Fußball-Weltmeisterschaft werden. Dort soll der Videobeweis ebenfalls eingesetzt werden. Schiedsrichter und Teams, die bisher noch keine Erfahrung mit der Technik haben, werden gerade geschult. Ob das reicht für ein fehlerfreies Turnier, bleibt fraglich. Auf jeden Fall soll das Ganze fanfreundlicher werden: Im Stadion wird der Videobeweis erklärt.

Hohe Kosten, mehr Personal und das Spiel verzögert sich: Nicht allen gefällt der Videobeweis.
Hohe Kosten, mehr Personal und das Spiel verzögert sich: Nicht allen gefällt der Videobeweis.
© Fabian Bartel

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