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Wo jubeln sie denn? Torjäger Timo Werner und seine Leipziger könnten wegen RB Salzburg eventuell nicht an europäischen Wettbewerben teilnehmen.
© Jan Woitas/dpa

Vor dem Spiel gegen Hertha: RB Leipzig und seine Chance auf Europa

Gegen Hertha kann sich RB Leipzig für die Champions League qualifizieren – doch noch ist unklar, ob der Klub dort antreten darf.

An diesem Samstag soll das Olympiastadion in Berlin zum Flughafen werden. Rasenballsport Leipzig spielt dort dann gegen Hertha BSC, und die Marketingfachleute des Retortenklubs haben ihre Anhänger zum „Check-In für Europa“ aufgerufen. Ein Verein hebt ab.

Ein Sieg fehlt dem Aufsteiger noch, um die Qualifikation für die Champions League perfekt zu machen. „Lasst uns das Wunder von Leipzig gemeinsam Wirklichkeit werden lassen“, schreibt der Klub auf seiner Internetseite. Wobei das mit dem Wunder so eine Sache ist, wenn man bedenkt, dass die Leipziger von allen 18 Bundesligisten das mit Abstand höchste Transfersaldo zu verzeichnen haben.

An Geld hat es nie gemangelt, seitdem der Getränkehersteller Red Bull 2009 den Verein Rasenballsport gegründet und mit der Lizenz des SSV Markranstädt in der Oberliga angefangen hat. Man denkt groß. Auch deshalb liegt der Fokus zunehmend auf dem deutschen Markt und der Bundesliga. Der Stammverein Red Bull Salzburg spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. Denn was die Leipziger jetzt wohl schaffen, ist den Salzburgern nie gelungen, seitdem der Klub vor zwölf Jahren von Red Bull übernommen wurde: die Qualifikation für die Champions League.

Kurioserweise sind die Salzburger die Einzigen, die Leipzigs Europapokalteilnahme noch verhindern können – zumindest indirekt. Die Statuten des europäischen Fußballverbands Uefa verbieten es, dass zwei Vereine desselben Besitzers in einem europäischen Klubwettbewerb starten. Die „Integrität des Wettbewerbs“ wird von der Uefa hoch gehalten. Nicht weil die Funktionäre so gute Menschen sind, sondern weil sie um die Vermarktbarkeit ihres Premiumproduktes fürchten, wenn es auch nur den geringsten Anschein von Manipulation gäbe.

Leipzig gibt sich gelassen

Seit ein paar Wochen wird daher darüber diskutiert, ob die Uefa wohl einem der Red-Bull-Vereine die Teilnahme am Europapokal verwehren wird. In diesem Fall wären das die Leipziger, weil Salzburg in Österreich wohl Meister wird und damit der besser platzierte der beiden Klubs ist. Eine Wahlmöglichkeit des Eigners sieht die Uefa nicht vor. Auch nicht den Fall, dass ein Klub in der Champions League startet und der andere in der Europa League.

In Leipzig kontern sie die Gerüchte um einen möglichen Ausschluss aus dem Europapokal seit Wochen mit betonter Gelassenheit: „Es gibt bei RB Leipzig keine Nervosität“, sagt Geschäftsführer Oliver Mintzlaff. Die Uefa äußert sich bisher gar nicht zu dem Fall. Man werde sich mit der Angelegenheit erst beschäftigen, wenn feststehe, wer sich für welchen Wettbewerb qualifiziert hat. Dass der Verband den Leipzigern die Startberechtigung verweigert, gilt inzwischen als unwahrscheinlich. Zumindest formal hat Red Bull sämtliche Vorkehrungen getroffen, um die Gefahr zu minimieren. Und das nicht erst in den vergangenen Wochen.

„Das sind natürlich keine dummen Jungs da, die aus Österreich die Politik machen“, sagt Andreas Rettig, Geschäftsführer des Zweitligisten FC St. Pauli. Er hat diese Erfahrung gemacht, als er noch bei der Deutschen Fußball-Liga tätig war und es um die erstmalige Lizenzerteilung für Rasenballsport Leipzig ging. Die Vertreter von Red Bull seien „juristisch und rechtlich ganz schwierig zu packen gewesen“, hat Rettig erzählt. Am Ende monatelanger Verhandlungen musste Rasenballsport ein paar kosmetische Veränderungen am Vereinswappen vornehmen, das dem Red-Bull-Logo verdächtig ähnlich sah und sieht. Mehr war nicht rauszuholen, ohne langwierige juristische Auseinandersetzungen zu riskieren.

Rangnick nur noch für Leipzig zuständig

Schon vor zwei Jahren – Leipzig spielte noch in der Zweiten Liga – haben die Salzburger per Pressemitteilung verkündet: „Red Bull Salzburg stellt Weichen für die Zukunft. Anpassung der Vereinsstatuten an UEFA-Regularien.“ Seitdem ist der Konzern nicht mehr Eigner des Vereins, der unter anderem das Recht besaß, den Vorstand zu bestellen. Red Bull ist nur noch Hauptsponsor. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, „dass sowohl der FC Red Bull Salzburg als auch RB Leipzig gleichzeitig in den Bewerben der UEFA (…) spielberechtigt sind“. Ein paar Wochen später beendete auch Ralf Rangnick seine Tätigkeit für die Salzburger, der als Sportdirektor für beide Klubs zuständig gewesen war. Ähnlich verhält es sich mit Oliver Mintzlaff. Seit Anfang 2014 wurde er bei Red Bull als „Head of Global Soccer“ geführt, der sich um alle Fußballstandorte von New York bis Leipzig gekümmert hat. Die Funktion gibt es nun nicht mehr. Und noch Mitte Februar waren sämtliche Red-Bull-Mannschaften über eine gemeinsame Internet-Domain (redbulls.com, siehe Screenshot) zu finden; inzwischen werden die Salzburger Fußballer dort nicht mehr aufgeführt.

Um den Uefa-Anforderungen gerecht zu werden, versuchen sie in Leipzig sämtliche Verquickungen personeller oder sonstiger Art mit Salzburg zu vermeiden. Nicht immer gelingt das. Als die Salzburger im vergangenen Sommer in der Champions-League-Qualifikation gegen Liepaja spielten, trug deren Defensivspieler Andreas Ulmer in der zweiten Halbzeit ein Trikot der Leipziger – es sieht dem der Salzburger zum Verwechseln ähnlich, unterscheidet sich nur beim Vereinswappen in Nuancen. Und nach dem Wechsel des Brasilianers Bernardo von Salzburg nach Leipzig antwortete Ralf Rangnick auf die Frage nach den Ablösemodalitäten: „Das wird sicherlich noch zu besprechen sein.“ So viel zur Unabhängigkeit der Salzburger, die in schöner Regelmäßigkeit ihre besten Spieler in die Filiale nach Sachsen entsenden müssen.

Wie viel Einfluss hat Red Bull als Hauptsponsor?

In Zukunft werden sie in Leipzig vermutlich ein bisschen mehr Sorgfalt bei ihren Äußerungen walten lassen, um die Uefa nicht aufzuscheuchen. Die Frage ist, ob der Verband sich mit der formellen Einhaltung der Regeln zufrieden gibt. Die Uefa hat die Anforderungen bewusst weit gefasst. So heißt es in ihren Bestimmungen: „Keine natürliche oder juristische Person darf Kontrolle über oder Einfluss auf mehr als einen an einem UEFA-Klubwettbewerb teilnehmenden Verein haben.“ Das betreffe jede Person, die „in der Lage ist, auf irgendeine Art und Weise einen entscheidenden Einfluss auf die Entscheidungsfindung des Vereins auszuüben“.

Die Frage ist also: Wie viel Einfluss kann Red Bull als Hauptsponsor auf den Salzburger Klub ausüben? Konzernchef Dietrich Mateschitz scheint sich erst noch an die gar nicht mehr so neue Konstellation, dass er nur noch Sponsor ist, gewöhnen zu müssen. Darauf lässt eine Aussage schließen, die er Mitte Januar in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ zur finanziellen Situation bei Red Bull Salzburg getätigt hat: „Wir erlösen pro Jahr rund 40 Millionen Euro durch Spielerverkäufe, da kann ich das Vereinsbudget sogar reduzieren.“

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