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Wofür steht RB Leipzig? Fußball ist nur eine der richtigen Antwortmöglichkeiten.
© dpa

Fußball-Bundesliga: Kritik an RB Leipzig muss erlaubt bleiben

Unser Autor will Rasenballsport Leipzig auch nach den Ereignissen von Dortmund noch kritisieren dürfen - und tut das auch. Ein Kommentar.

An diesem Samstag also wird die größte Stehplatztribüne des Universums unbesetzt bleiben. Aus der gelben Wand wird ein graues Loch. Richtig so. Die Südtribüne des Dortmunder Westfalenstadions gehört vor allem wegen der Dummheit ihrer Besucher gesperrt – weil die fünfhundert Schwachmaten mit ihren unsäglichen Transparenten gegen Rasenballsport Leipzig den verhassten Verein in eine Rolle gedrängt haben, in die er ganz sicher nicht gehört: in die des Opfers nämlich.

Nach den geschmacklosen Vorfällen vor zwei Wochen musste man sich ja ernsthaft die Frage stellen, ob man überhaupt noch Kritik am Konstrukt Rasenballsport üben dürfe. Denn wer in der Vergangenheit auf ein paar Ungereimtheiten bei der Entstehung dieses eingetragenen Vereins hingewiesen hatte, wer das Modell (Erst die Dose, dann der Klub) für irgendwie fragwürdig gehalten hatte, der galt plötzlich als geistiger Brandstifter, als Aufwiegler zu verbaler oder körperlicher Gewalt. Trotzdem: Die Antwort lautet nicht, dass man auch weiterhin Kritik an Rasenballsport üben darf. Sie lautet: dass man auch weiterhin Kritik üben muss – auch wenn es auf Dauer sinnlos sein wird.

Der Prozess der Gewöhnung (siehe Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg, TSG Hoffenheim) hat auch bei den Leipzigern längst eingesetzt. Spielen die denn keinen atemberaubend schönen Fußball? Machen Rangnick und Hasenhüttl mit dem vielen Geld nicht vieles richtig, was der HSV mit ebenfalls viel Geld falsch macht? Haben die Menschen im Osten nicht auch Bundesliga verdient? Gegenfrage: Ändert das irgendwas daran, dass es den Verein nach dem Geist der angeblich heiligen 50+1-Regel gar nicht geben dürfte?

Die Leipziger sind vor allem findige Geschäftsleute

Die Opferrolle passt einfach nicht zu den Leipzigern. Sie sind vor allem findige Geschäftsleute, die alles tun, „um eine Dose zu performen“ (Hans-Joachim Watzke). Man kann sie deshalb gerne für clever halten; man ist aber ganz sicher nicht gezwungen, sie auch sympathisch zu finden. Genauso wenig wie Ralf Rangnick, der gerne mal den Eindruck erweckt, dass nur RB kapiert hat, wie es läuft, während vor allem die sogenannten Traditionsvereine einfach zu blöd sind.

Ein paar Tage nach den Vorfällen in Dortmund haben die Leipziger angekündigt, dass sie ihre U 23 vom Spielbetrieb abmelden werden. Die Nachricht hat wenig Aufmerksamkeit erregt, auch nicht die nachgereichte Erklärung Rangnicks, dass der Klub seine Nachwuchsarbeit umstrukturieren werde. De facto heißt das: RB will noch mehr „ins Segment der Hochbegabten reingehen und versuchen, sie noch früher zu holen“, mit 15 oder 16 – statt wie bisher mit 19 oder 20.

Da freuen sich natürlich die blinden Traditionsvereine, in denen die Talente ausgebildet worden sind, bis RB sie mit 15 oder 16 abgeworben hat. Und wenn dann der erste Spieler, den Rasenballsport mit 15 Jahren von Eintracht Frankfurt (Hertha BSC, Werder Bremen, Borussia Mönchengladbach) geholt hat, für Leipzig in der Bundesliga spielt, wird man bestimmt wieder zu hören bekommen, wie nachhaltig, systematisch und zukunftsorientiert dieser Klub doch arbeitet.

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